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Oranienburg: “Abendspaziergang” driftet in die Verschwörungstheorien ab

INFORIOT Erneut marschierten Neon­azis und Rassist_innen durch Oranien­burg. Bei dem neun­ten sog. “Abendspazier­gang” nah­men am gestri­gen Fre­itag etwa 250–300 Demonstrant_innen teil. Ent­ge­gen der Behaup­tung von “Nein zum Heim in Oranien­burg” stieg die Zahl der Demon­stri­eren­den nicht exor­bi­tant an son­dern blieb nahezu kon­stant, obwohl der Ter­min auf einen Fre­itag ver­schoben wurde. Ein Dutzend Antifaschist_innen ver­sucht­en auf die Route zu gelan­gen, wur­den jedoch durch die Polizei daran gehindert.

Spitze der Demonstration. Bild: Sören Kohlhuber
Spitze der Demon­stra­tion. Bild: Sören Kohlhuber

NPD dominiert die Organisation
Bei der gestri­gen Demon­stra­tion zeigte sich wieder ein Mal deut­lich, dass die sog. “Abendspaziergänge” durch die örtliche NPD ges­teuert und aus­gerichtet wer­den. Bere­its zum Beginn der Demon­stra­tion verteilte der Vel­tener NPD-Stadtverord­nete Robert Wolin­s­ki Ban­ner und Schilder an die Teil­nehmenden. Auch das NPD-Ban­ner “Asyl­be­trug macht uns arm” war wieder auf der Demon­stra­tion vertreten. Auf der Auf­tak­tkundge­bung kündigte der Anmelder Car­lo-Eik Christopeit an, dass neben Tee auch “freie Lek­türe” ange­boten wird. Bei diesen “freie Lek­türe” han­delte es sich um die Zeitung “Deutsche Stimme”, die durch den NPD-Bun­desvor­stand her­aus­gegeben wird. Robert Wolin­s­ki verteilte die “Deutsche Stimme” auf der Auf­tak­tkundge­bung und drum herum. Das mut­maßliche JN-Mit­glied Mar­tin Ulbrecht sprach wieder auf der Demonstration.
Die Ord­nertätigkeit­en wur­den eben­falls weitest­ge­hend von NPD- und NPD-nah­nen Aktivis­ten über­nom­men, darunter Robert Weg­n­er und Maik Neu­ber. Neu­ber hat bere­its in Vel­ten die “Abendspaziergänge” am 6. Novem­ber 2015 und am 7. Jan­u­ar 2016 angemeldet. Bei der let­zten Demon­stra­tion in Vel­ten nah­men etwa 300 Rassist_innen und Neon­azis teil. Außer­dem ist Neu­ber Ober­feuer­wehrmann bei der “Frei­willige Feuer­wehr Mar­witz 1909 e.V.”. Seine Parteizuge­hörigkeit bzw. Gesin­nung soll der Feuer­wehr in Mar­witz schon länger bekan­nt sein.
Asylfeindliches Banner bei der Demonstration in Oranienburg. Foto: Sören Kohlhuber
Asylfeindlich­es Ban­ner bei der Demon­stra­tion in Oranien­burg. Foto: Sören Kohlhuber

Mit Ver­schwörungs­the­o­rien gegen Geflüchtete
Die Reden zeugten erneut von flüchtlings­feindlich­er Het­ze, antimus­lim­is­chem Ras­sis­mus, Anti­semitismus und krud­er Ver­schwörungs­the­o­rien. Der erste Red­ner, der sich unter den Namen “Sven” vorgestellt hat, sprach von ein­er “laufend­en Umvolkung” und ein­er “gelenk­ten Inva­sion” von sog. Flüchtlingsströ­men, der einen ange­blichen “Bevölkerungsaus­tausch” vorantreiben würde. Ange­blich wer­den Moscheen auch in den ländlichen Gebi­eten entste­hen und die “moslemis­che Kul­tur” (Fehler im Orig­i­nal) soll die Deutsche ver­drän­gen. Eine der­ar­tige Rhetorik gle­icht der Losung des sog. “Volk­stodes”, die viele neon­azis­tis­che Grup­pen propagieren. Nach Ansicht des Red­ners soll eine “schle­ichende Auflö­sung der deutschen Eth­nie dro­hen”, auch so soll die “ganze Flüchtlings­geschichte auf ein­er Lüge aufge­baut sein”. In einem Atemzug erk­lärte er Geflüchtete zu Tätern, “die bei uns die Chance wit­tern ihre krim­inellen Machen­schaften bess­er und erfol­gre­ich­er zu betreiben”.
Redner "Sven" bei der Auftaktkundgebung. Bild: Sören Kohlhuber.
Red­ner “Sven” bei der Auf­tak­tkundge­bung. Bild: Sören Kohlhuber.

Im weit­eren Ver­lauf sein­er Rede driftete er ab in krude Ver­schwörungs­the­o­rien. So soll die “Massen­e­m­i­gra­tion eine der Auswirkun­gen der Schaf­fung der soge­nan­nten Neuen Wel­tord­nung (NWO)” sein, so “Sven”. Die NWO wird in ver­schiede­nen Ver­schwörungs­the­o­rien beschrieben als ein geheimes Bestreben der Eliten, bzw. der USA, um eine autoritäre, supra­na­tionale Wel­tregierung zu schaf­fen. Im ras­sis­tis­chen Duk­tus kon­stru­ierte der Red­ner “Sven”, dass die NWO mit den ange­blichen Zus­trom von Geflüchteten die Sou­veränität der Staat­en negieren, Nation­al­staat­en auflösen und die Regierun­gen abschaf­fen wür­den und eine Auflö­sung “der Völk­er als homo­gene Eth­nien” forcieren. Die “homo­ge­nen Eth­nien” sollen den ange­blichen Plä­nen der NWO im Weg ste­hen, die “deutschen Nation­alvölk­er” sollen sich daher gegen die Bestre­bun­gen wehren. Zum Schluss rief er zu einem “zivilen Unge­hor­sam” und einem “Gen­er­al­streik nach Artikel 20 Absatz 4”, die gle­ichen Forderun­gen, die auf den recht­en Mon­tagsaufmärschen in Berlin, bei Bärgi­da, geäußert werden.
Verzweifelt um “friedlich­es” Bild bemüht
Zu Beginn der Demon­stra­tion wies Robert Wolin­s­ki die Teil­nehmenden an in Auf­stel­lung zu gehen, wobei er expliz­it Frauen vorschick­te, um ein eher “harm­loseres” Bild der Demon­stra­tionsspitze zu zeich­nen. Nicht nur er war bemüht um ein friedlicheres Bild der Demon­stra­tion. Auch der Anmelder Car­lo-Eik Christopeit wies die Demonstrant_innen an sich ruhig zu ver­hal­ten und sich nicht provozieren zu lassen, nach­dem es bei der let­zten Demon­stra­tion mehrere Über­griffe von sog. “Abendspaziergän­gerIn­nen” auf Gegendemonstrant_innen gab. Den­noch pöbelte ein Teil der Demon­stra­tion in Höhe der Fis­ch­er­straße gegen die Gegenkundge­bung der Linksju­gend [’sol­id] Ober­hav­el, die sich auf dem Park­platz vor Ross­mann ver­sam­melt hatten.
Näch­ste Demon­stra­tion mit promi­nen­tem Islamhasser
Zu Beginn der Demon­stra­tion verkün­dete der Anmelder Car­lo-Eik Christopeit den Ter­min der näch­ste Demon­stra­tion an. Am 26. Feb­ru­ar soll der zehnte “Abendspazier­gang” vor dem Schloss in Oranien­burg stat­tfind­en. Als Red­ner kündigte er den Islamhas­s­er Michael Mannheimer an. Hin­ter dem Pseu­do­nym “Michael Mannheimer” ste­ht der rechte Blog­ger Karl-Michael Merkle, der als Autor und Ref­er­ent für den recht­spop­ulis­tis­chen Blog “Polit­i­cal­ly Incor­rect” (PI) tätig ist und als Red­ner bei diversen PEGI­DA-Ablegern im süd­deutschen Raum geladen war. Merkle soll die virtuelle Pranger­seite “Nürn­berg 2.0” betreiben. “Nürn­berg 2.0” ver­ste­ht sich laut Eige­nangabe als “Erfas­sungsstelle zur Doku­men­ta­tion der sys­tem­a­tis­chen und rechtswidri­gen Islamisierung Deutsch­lands” und der “grundge­set­zfeindlichen Ent­demokratisierung, der Entrech­tung des Bürg­ers und der Straftat­en link­er Faschis­ten zur Unter­drück­ung des Volkes”. Auf der Seite wer­den Namen von Journalist_innen, Politiker_innen und Künstler_innen veröf­fentlicht, die durch ein “Tri­bunal” bestraft wer­den sollen. Unter seinem Pseu­do­nym hat Merkle dort und auf seinen Blog zu “bewaffneten Wider­stand” gegen die ange­bliche “Islamisierung Deutsch­lands” aufgerufen.
Zudem ergriff Chris­t­ian Müller aus Saar­mund das Mikrophon am Ende der Ver­anstal­tung und warb für den Auf­marsch am 11. Jan­u­ar in Pots­dam. Er stellte sich als Anmelder der Demon­stra­tion in Pots­dam vor und gab an, dass der Berlin­er PEGI­DA-Ableger, Bärgi­da, sich eben­falls den Auf­marsch, der gegen 20 Uhr auf dem Bass­in­platz begin­nen soll, anschließen würde. Das Bünd­nis “Pots­dam beken­nt Farbe” meldete eine Gegen­ver­ansaltung am Alten Markt an. Weit­ere Proteste sollen folgen.
Mehr Bilder: hier.

Eine Antwort auf „Oranienburg: “Abendspaziergang” driftet in die Verschwörungstheorien ab“

Mein Gott: Wenn die Polizei immer wieder Gegen­proteste entwed­er durch Geheimhal­tung der Nazirouten oder direkt vor Ort behin­dert, was ver­ste­ht denn dann das Land Bran­den­burg unter “Tol­er­antes Brandenburg” ?
Etwa “Toleriertes Nazi-Brandenburg”?
Dies muss man sich ja nun wirk­lich langsam fragen.……

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