INFORIOT Rund 250 Neonazis demonstierten am Mittwoch „für angemessene Asylpolitik“ in Oranienburg (Oberhavel). In sozialen Netzwerken und insbesondere auf der extrem rechten Facebook-Hetzseite „Nein zum Heim in Oranienburg“ wurde für die Demonstration, die durch einen Oranienburger angemeldet wurde, geworben. Als Vorbild für die Ausrichtung der Aktion dienten offenbar die “Pegida”-Großdemonstrationen, die zurzeit jeden Montag in der sächsischen Hauptstadt Dresden mit bis zu 15.000 Menschen gegen die vermeintliche „Islamisierung des Abendlandes“ stattfinden. Der Dresdener Aufruftext wurde für Oranienburg wortgetreu übernommen und auf der Demonstration vorgetragen. Derweil gründen sich auf Facebook erste Brandenburger Pegida-Ableger für das Land Brandenburg und für Potsdam.
Alles nur „besorgte Bürger“?
In sozialen Netzwerken liefen im Vorfeld der Oranienburger Demonstration hitzige Debatten, ob es sich bei der Demonstration um eine neonazistische Veranstaltung handeln würde. Sowohl der Veranstalter als auch SympathisantInnen echauffierten sich über das “Neonazi”-Etikett. Bei der Demowerbung hielten sich die NPD und andere Neonazigruppierungen tatsächlich eher im Hintergrund. Doch am Tag der Demonstration berichtete die PNN darüber, dass beim Anmeldegespräch in Oranienburg der JNler Martin U. den Anmelder begleitet hatte. Die Facebook-Seite zur Demonstration erstellte der stadtbekannte Tätowierer Olaf W., der Verbindungen zur NPD Oberhavel hat.

Bei der Demo selbst waren fast ausschließlich lokale NPD- und JN-Mitglieder für die Durchführung und Infrastruktur verantwortlich. Den Lautsprecherwagen bei der Abschlusskundgebung am Landratsamt und die Musikanlage wurden vom Kreisvorsitzenden der NPD-Oberhavel, Burkhard Sahner, bereitgestellt. Die Ordnerdienste übernahmen unter anderem der Neonazi Philip Badczong.

Die Abschlussrede hielt die NPD-Landesgeschäftsführerin Aileen Rokohl, die in Begleitung ihres Ehemanns Andreas Rokohl und dem gewaltbereiten Barnimer NPD-Kreistagsabgeordnete Marcel Zech vor Ort war. Personen um die neonazistische „Ein Licht für Deutschland gegen Überfremdung“-Kampagne und die Neonazis der “Freien Kräfte Neuruppin/ Osthavelland” trugen dazu mehrere Schilder mit dem Kampagnenslogan. Das hierzu gehörige Transparent hatten sie auf halber Strecke eingerollt.
Als Kontaktperson zur Polizei trat der Velterner NPD-Stadtverordnete Robert Wolinski auf, der am Rande der Demonstration die Gegendemonstrant_innen abfotografierte und auch versuchte, die Presse an ihrer Arbeit zu hindern. Die Polizei reagierte auf diese Aggressionen nicht. Stunden später tauchten seine Bilder auf der “Nein zum Heim in Oranienburg”-Facebookseite auf. Weitere Oberhaveler NPD-Mitglieder und –Verordnete, wie beispielsweise Detlef Appel, Lore Lierse, Uwe Goßlau, Björn Beuchel, Roy Zillgitt und weitere waren ebenfalls auf der Demonstration.
Im Gesamtbild war die Demonstration geprägt von vor allem männlichen, organisierten wie nichtorganisierten Neonazis, dem Hooliganspektrum zugehörende Personen und RassistInnen. Obwohl die VeranstalterInnen im Vorfeld dazu aufgerufen hatten, friedlich zu demonstrieren, waren die TeilnehmerInnen, gerade an der Demonstrationsspitze, offenbar teilweise alkoholisiert, in aggressiver Stimmung und ließen sich mehrfach auf Wortgefechte mit Gegendemonstrant_innen ein. An einer Stelle gab es gar einen Versuch, aus der Demonstration auszubrechen. Mehrfach wurde der Hitler-Gruß angedeutet. Als die Demonstration auf der Schlossbrücke ankam, versuchte ein Rassist einen Pressevertreter wegzuschubsen.

Proteste und Blockadeversuche
Die Auftaktkundgebung am Bahnhof Oranienburg wurde durch den Protest des Bündnis „Oranienburg Nazifrei“ akkustisch dominiert. Knapp 300 BürgerInnen und AntifaschistInnen hatten sich vor dem Runge-Gymnasium neben die Neonazi-Kundgebung versammelt. Der Bündnisaufruf wurde durch zahlreiche PolitikerInnen, Jugendverbände, zivilgesellschaftlich Vereine, GewerbetreiberInnen sowie dem Oranienburger Bürgermeister Hans-Joachim Laesicke und den Lehnitzer Ortsbeiräten unterstützt.

Nachdem die Neonazi-Demonstration sich von Bahnhof über die Bernauer Straße zum Schloss in Bewegung setzte, formierte sich auch die Gegenkundgebung zu einer Demonstration, und steuerte über den Luise-Henrietten-Steg zum Schloss. Dort hatte man ebenfalls eine Gegenkundgebung angemeldet. Als die Demonstration den Schlossplatz erreichte, sprangen eine kleine Gruppe von GegendemonstrantInnen auf die Straße und versuchten, die Schlossbrücke zu blockieren. Umstellt von der Polizei wurde die Neonazi-Demo an ihnen vorbeigeführt. Später versuchte eine größere Gruppe von AntifaschistInnen die Berliner Straße in Höhe des Lild-Martes zu blockieren. Dort wurden sie von der Polizei weggedrängt.
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