Nauener Vorstadt — Die Gedenkstätte Ehemaliges KGB-Gefängnis in der Potsdamer Leistikowstraße 1 scheint gerettet. Wie Kulturministerin Prof. Johanna Wanka gestern bei einer Ortsbesichtigung mitteilte, stellt das Land Brandenburg ab 2006 rund 800 000 Euro für die Sanierung des stark verfallenen einstigen Pfarrhauses und für einen Funktionsbau bereit, in den die Besucherbetreuung, Büro, Aufenthalts- und Sanitärräume des Museums eingeordnet werden. Gleichzeitig wurde Förderantrag gestellt, aus dem Bundesgedenkstättenprogramm weitere Mittel für das Zwei-Millionen-Projekt zu bewilligen. Die Arbeiten sollen im nächsten Jahr beginnen.
Johanna Wanka unterstrich, dass das ehemalige KGB-Gefängnis deutschlandweit als einziges weitgehend original erhalten ist – bis hin zu den Todeszellen und anderen Teilen der Inneneinrichtung. Es besitze deshalb nationale und internationale Bedeutung. Als „Lernort“ könne es den jüngeren Generationen die Zeit der stalinistischen Willkürherrschaft authentisch und emotional bewegend nahe bringen. So sehe dies auch die Zentrale Kommission, die gegenwärtig an einem Gedenkstättenkonzept für die Aufarbeitung des DDR-Unrechts arbeitet. Mit großer Erleichterung nahm der Hauseigentümer, der Evangelisch-Kirchliche Hilfsverein (EKH), die Ankündigung der Ministerin auf. Er hatte nach Rückübertragung des Hauses 1994 eine Sanierung finanziell nicht sichern können. Wegen des fortschreitendenen Verfalls musste sogar der wichtigste Teil der Gedenkstätte, die Todeszellen im Kellergeschoss, geschlossen werden. EKH-Vorsitzender Pfarrer Reinhart Lange betonte, nach der Sanierung könne das Haus „in der Debatte über Macht und Machtmissbrauch, Schuld, Vergebung und Versöhnung, Erinnern und Gedenken einen wichtigen und unverwechselbaren Beitrag“ leisten. Er wünsche sich viele Partner und fördernde Freunde, um „ein dauerhaftes, fachkundiges und besucherfreundliches Betreiben der Gedenkstätte“ zu ermöglichen. Auf PNN-Nachfrage bestätigte Ministerin Wanka, dass dazu der vom Direktor der Stasiopfer-Gedenkstätte in Berlin-Hohenschönhausen, Dr. Hubertus Knabe, geleitete Verein gehören soll, der das Haus bisher ehrenamtlich betrieben hat. Er war auf der gestrigen Veranstaltung überraschend nicht vertreten und hatte laut Auskunft des stellvertretenden Vorsitzenden Dr. Richard Buchner auch keine Einladung erhalten. Wie Wanka unterstrich, berät ein von Kulturministerium berufener Fachbeirat den EKH als Hauseigentümer „zu gedenkstättenpädagogischen, museologischen, baulichen, denkmalpflegerischen und finanziellen Aspekten“. Über Träger und Betreiber der Gedenkstätte sei noch nicht entschieden.
Landeskonservator Prof. Detlef Karg machte deutlich, bei der notwendigen Sanierung des Gebäudes dürfe der Charakter als „Ort des Schreckens“ nicht beeinträchtigt werden. Die Authentizität des ehemaligen KGB-Gefängnisses sei zu sichern. Der auf dem Gelände geplante Funktionsbau müsse so gestaltet und eingeordnet werden, dass die Wirkung des Haupthauses nicht beschädigt wird.
Verfall ab 2006 gestoppt
800 000 Euro vom Kulturministerium für Sicherung des KGB-Gefängnisses
(MAZ) NAUENER VORSTADT 2006 kann die Sicherung des vom Verfall bedrohten ehemaligen KGB-Gefängnisses in der Leistikowstraße beginnen. Dafür sagte Ministerin Johanna Wanka gestern 800 000 Euro aus dem Kulturinvestitionsprogramm des Landes zu. Die einzige authentische, weil weitgehend im Originalzustand erhaltene sowjetische Hafteinrichtung Deutschlands soll “zentrales Exponat” einer Gedenk- und Begegnungsstätte werden, die Macht, Machtmissbrauch, Schuld und Versöhnung thematisiert. Neben der denkmalgerechten Sanierung des Altbaus ist auf dem Grundstück ein “zurückhaltender” Neubau als Besucherzentrum geplant. Gesamtkosten: zirka zwei Millionen Euro. Laut Wanka gibt es demnächst ein Gespräch mit dem neuen Kulturstaatsminister der Bundesregierung, Bernd Neumann. Auch rechne sie mit stärkerer Unterstützung der Stadt Potsdam, die sich derzeit “außer Stande sieht, sich finanziell zu beteiligen”, so die Ministerin.
Der Weg zu einem “politischen Lernort” werde “nicht leicht und auch nicht kurz sein”, sagte Pfarrer Reinhart Lange vom Evangelisch-Kirchlichen Hilfsverein (EKH), der seit 1994 wieder Eigentümer des Areals ist. 1945 war das Pfarrhaus, das die Zentrale des 1888 gegründeten EKH beherbergte, von der Roten Armee konfisziert und zu Folterkammern umgebaut worden. Wie viele Häftlinge — es sollen mehr als 1000 sein — gequält und sogar getötet wurden, ist wissenschaftlich noch nicht aufgearbeitet. Auch Träger- und Betreiberkonzept seien unklar, so Lange. Dennoch habe der Verein einen Antrag auf ergänzende Förderung aus dem Gedenkstättenprogramm des Bundes gestellt.
Um die Aura des Schreckens zu bewahren, wie es das Konzept des 2004 berufenen Beratergremiums fordert, ist laut Landeskonservator Detlef Karg in diesem Fall lediglich “Konservieren angesagt”. Um Inschriften und andere Artefakte zu dokumentieren müsse es in der Bauphase eine “enge Kooperation zwischen Restauratoren und Historikern” geben, sagte Ines Reich von der Brandenburgischen Gedenkstättenstiftung.
Wanka dankte dem EKH und dem Förderverein für das Engagement seit Öffnung des KGB-Gefängnisses. Bisher kamen alljährlich etwa 6000 Besucher, man rechne künftig mit 25 000, so EKH-Geschäftsführer Peter Leinemann.