Die 2. Strafkammer des Potsdamer Landgerichtes hat am Montag vier Neonazis wegen eines brutalen Angriffs auf zwei Antifaschisten verurteilt. Dieser hatte sich bereits Anfang Juli des letzten Jahres in der brandenburgischen Landeshauptstadt ereignet. Insgesamt 15 Neonazis waren damals mit den Worten »Scheiß Zecken, wir machen euch alle« auf ihre Opfer zugestürmt, hatten sie brutal niedergeschlagen und auf sie eingetreten. Eine junge Neofaschistin zerschlug einem der beiden Antifaschisten eine Flasche auf dem Kopf. Ein nicht mehr zweifelsfrei zu identifizierender Täter versetzte dem zweiten Opfer mit einem abgebrochenen Flaschenhals einen Stoß in den Hals und fügte ihm mehrere Schnittverletzungen zu.
Während die junge Neofaschistin zu drei Jahren und drei Monaten Jugendstrafe wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilt wurde, erhielten drei weitere an der Tat beteiligte Rechte im Alter von 19 bis 21 Jahren eine zur Bewährung ausgesetzte Jugendstrafe von jeweils zwei Jahren. Zudem wurden Auflagen erteilt. Die Täter sollen an einem Antiagressionstraining sowie an einer Führung durch ein ehemaliges Konzentrationslager teilnehmen und sich schriftlich bei ihren Opfern entschuldigen.
Die zuständige Staatsanwaltschaft hatte die Neofaschisten zuvor wegen versuchten Mordes angeklagt. Das Potsdamer Landgericht verurteilte sie aber nur wegen gefährlicher Körperverletzung. Der Schlag mit einer abgebrochenen Flasche in das Gesicht eines der Opfer könne zwar als Mordversuch gewertet werden, so die Richter, eine konkrete Tötungsabsicht sei aber nicht nachzuweisen. Dies habe unter anderem daran gelegen, daß nicht mehr zweifelsfrei geklärt werden könne, welcher der Angreifer versucht habe, dem Antifaschisten die abgebrochene Flasche in den Hals zu rammen.
Die Initiative »Jugend engagiert in Potsdam« kritisierte den Urteilsspruch der Potsdamer Richter als »pädagogisch motiviert«. »Es ist für uns völlig unverständlich, warum die Richter noch immer davon ausgehen, erzieherisch auf die Neonazis einwirken zu können«, so eine Sprecherin der Gruppe gegenüber junge Welt. Schließlich handele es sich bei den Schlägern um einschlägig bekannte Neonazis, die zum Teil wegen anderer neofaschistischer Delikte vorbestraft seien. Mit einem Urteil gegen sechs weitere an der Tat beteiligte Neonazis wird in der kommenden Woche gerechnet.
Unterdessen ist in einem anderen Fall eine Anklage wegen versuchten Mordes gegen die Potsdamer Antifaschistin Julia S. und vier weitere Linke fallengelassen worden. Die Staatsanwaltschaft hatte S. vorgeworfen, einen Neonazi mit einem Teleskopschlagstock geschlagen zu haben (jW berichtete).
Informationen: www.jep-ev.de