(TSP) Potsdam. Die PDS-Fraktion hat in ihrem Bemühen, in der Affäre um den V‑Mann
Toni S. mehr Aufklärung zu erreichen, eine Niederlage erlitten. Das
Brandenburger Verfassungsgericht wies gestern eine Organklage der
PDS-Abgeordneten gegen den Landtag ab. Die Fraktion wollte erreichen, dass
die Parlamentarische Kontrollkommission, das für den Verfassungsschutz
zuständige Gremium des Landtags, in der V‑Mann-Affäre Akteneinsicht im
Innenministerium nimmt. Ein entsprechender Antrag der PDS-Fraktion wurde
jedoch im vergangenen Jahr von SPD und CDU von der Tagesordnung gestrichen.
Dies hielt die PDS für verfassungswidrig und klagte vor dem
Verfassungsgericht.
Die Affäre um den rechtsextremen Spitzel Toni S. hatte Wirbel ausgelöst. Im
November 2002 verurteilte das Landgericht Berlin den V‑Mann, weil er
rechtsradikale Hass-CDs vertrieben hatte. Gegen den für Toni S. einst
zuständigen Beamten des Verfassungsschutzes ist noch ein Verfahren anhängig.
Gericht weist PDS-Klage ab
Verfassungsrichter gegen Akteneinsicht
LR)Das Brandenburger Verfassungsgericht hat eine PDS-Klage zur Akteneinsicht
durch Mitglieder der Parlamentarischen Kontrollkommission (PKK) des Landtags
abgewiesen.
Die PDS hielt einen Mehrheitsbeschluss des Landtags im Jahre 2002 für
verfassungswidrig, der Akteneinsicht in einer V‑Mann-Affäre versagte (die
RUNDSCHAU berichtete).
Die Verfassungsrichter betonten, dass PKK-Mitglieder einer
Geheimhaltungspflicht unterliegen und keine Einzelheiten, auch nicht zu
Verfahrensfragen, verlauten las sen dürfen.
Gericht erschwert Akteneinsicht
V‑Mann-Affäre Toni S.: Verfassungsgericht weist Klage der PDS ab
(MAZ) Die für die Überwachung des Verfassungsschutzes zuständige
Parlamentarische Kontrollkommission (PKK) des Potsdamer Landtags darf sich
weiterhin weigern, ihr gesetzlich verbrieftes Recht auf Akteneinsicht
wahrzunehmen.
Mit knapper Mehrheit hat das Landesverfassungsgericht gestern ein Urteil
verkündet, nach dem der Landtag die PKK zur Akteneinsicht nicht auffordern
darf. Unter Hinweis auf die Geheimhaltungs- und Verschwiegenheitspflichten
der PKK-Mitglieder verwarfen vier der sieben Richter eine entsprechende
Klage der PDS-Landtagsfraktion. Sachverhalte, mit denen sich die PKK geheim
befasst, dürften nicht öffentlich debattiert werden, so der Tenor des
Urteils.
Das Urteil des Landesverfassungsgerichts geht auf einen Antrag zurück, den
die PDS auf dem Höhepunkt der Affäre um den enttarnten V‑Mann Toni S. im
September 2002 im Landtag gestellt und von dem sie sich zusätzliche
Aufklärung in der Spitzel-Affäre erhofft hatte.
Die PDS wollte durchsetzen, dass die Landtagsmehrheit die PKK aufforderte,
Geheimdienstakten einzusehen — worauf die zwei SPD-Mitglieder und das eine
CDU-Mitglied in der PKK freiwillig verzichteten. Mit den Stimmen der Großen
Koalition von SPD und CDU wurde der PDS-Antrag jedoch auch von der
Tagesordnung der Landtagssitzung gestrichen. Eine Abstimmung war somit
unmöglich.
Die PDS sah daraufhin ihre Rechte als parlamentarische Minderheit verletzt.
Da die PDS zudem die Gefahr sah, “dass künftig auch andere, der
Regierungsmehrheit missliebige Themen von vornherein blockiert werden und so
ihre parlamentarische Oppositionsarbeit blockiert wird”, reichte sich eine
Organklage beim Landesverfassungsgericht ein. Die PDS verklagte den
Gesetzgeber Landtag als Organ des Staates.
Auch nach dem Urteil will die PDS um das Recht auf Akteneinsicht streiten.
Kerstin Kaiser-Nicht, die die PDS in der PKK vertritt, kündigte an, den
Antrag erneut zu stellen. Darüber hinaus werde sie ihr verfassungsmäßiges
Recht in Anspruch nehmen, als Einzelabgeordnete Einsicht in die Akten des
Verfassungsschutzes zu nehmen. “Ich bin sehr gespannt, welche Argumente die
Landesregierung findet, mir dieses Recht zu verwehren.”
Die PDS ist überzeugt, dass eine Kontrolle des Verfassungsschutzes in
Einzelfällen ohne Akteneinsicht unmöglich ist. Die Partei verweist dabei auf
das Urteil des Berliner Landgerichts, das den Spitzel Toni S. im November
2002 zu einer zweijährigen Haftstrafe auf Bewährung verurteilt hatte. In
seiner Urteilsbegründung hatte das Gericht auch die Rolle des
brandenburgischen Verfassungsschutzes als “unverantwortlich und nicht
nachvollziehbar” gerügt. Nach Auffassung des Berliner Richter hatte der
Spitzel seinen Handel mit Nazi-CDs “mit Wissen und Billigung” des märkischen
Geheimdienstes aufgebaut” und sei “hierfür auch noch belohnt worden”. Diese
Einschätzung basierte auf Aktenkenntnis und unterschied sich offenbar
deutlich von der Selbstdarstellung des Verfassungsschutzes in der
Kontrollkommission.
Das Potsdamer Innenministerium begrüßte die Entscheidung des
Verfassungsgerichts. Das Urteil diene der Rechtssicherheit, sagte ein
Sprecher. Der CDU-Vertreter in der PKK, Dierk Homeyer, sagte, er habe mit
dem Urteil gerechnet. Er sei erfreut, dass das Gericht die Rechtsauffassung
der rot-schwarzen Koalition bestätigt. SPD-Fraktionssprecher Ingo Decker
sagte, jetzt herrsche Rechtsklarheit. Die PDS sei “wie ein Tiger gestartet
und als Bettvorleger gelandet”. PKK-Chef Christoph Schulze (SPD) ermahnte
die PDS, das Urteil hinzunehmen.
Im Gegensatz dazu verschärfte die PDS gestern abend ihre Kritik. “Die
Mehrheit der PKK sieht ihre vornehmste Aufgabe nunmehr darin, zu verhindern,
dass die PKK ihre Kontrollrechte wahrnimmt”, hieß es bei der PDS. Der
Öffentlichkeit werde “vorgegaukelt, die PKK würde umfassend den
Verfassungsschutz kontrollieren. An einer solchen Täuschung der
Öffentlichkeit wird sich die PDS nicht beteiligen”.