Härtefallkommission: Oppositionsfraktion fühlt sich übergangen / CDU weist Vorwurf zurück
(MAZ, Igor Göldner) POTSDAM Die Härtefallkommission für abschiebebedrohte Asylbewerber, die zu
Jahresbeginn in Brandenburg eingesetzt werden soll, sorgt weiter für Streit.
Die oppositionelle PDS beschwerte sich gestern, in die parlamentarische
Behandlung nicht eingebunden und vom Innenministerium nicht ausreichend
informiert worden zu sein. SPD und CDU hätten das Thema einfach von der
Tagesordnung des Innenausschusses gestrichen, kritisierte der
PDS-Innenpolitiker Hans-Jürgen Scharfenberg, der selbst den Innenausschuss
leitet.
Ihre Beschwerde richtete die PDS an den Regierungschef. Fraktionschefin
Dagmar Enkelmann schrieb an Matthias Platzeck und teilte ihm zugleich die
inhaltlichen Forderungen der PDS an das neue Härtefall-Gremium mit.
Scharfenberg befürchtet, dass sich SPD und CDU auf einen “faulen Kompromiss”
einigen. Es müsse verhindert werden, dass die Kommission nur
“Alibicharakter” trage und “verlängerter Arm des Innenministeriums” sei, so
Scharfenberg.
Die Einwände der PDS beziehen sich auf Berufung und Zusammensetzung der
geplanten achtköpfige Kommission. Diese soll aus Sicht der PDS nicht durch
den Innenminister, sondern den Ministerpräsidenten berufen werden. Auch
sollen dem Gremium nicht zwei, sondern nur ein stimmberechtigtes Mitglied
aus dem Innenministerium angehören. Die Geschäftsstelle der
Härtefallkommission solle zudem nicht am Innen- sondern am Sozialministerium
angebunden sein. Außerdem sollte sich das Gremium auch bei einfacher
Mehrheit (und nicht nur bei einer Zweidrittel-Mehrheit) mit der Prüfung
eines Härtefalles befassen dürfen.
Für die CDU sind diese Forderungen nicht akzeptabel, wie der innenpolitische
Sprecher Sven Petke gestern erklärte. Es seien alle Betroffenen, von den
Kommunen über die Kreise, Ministerien, die Kirchen und Verbände voll
eingebunden. Petke warf der PDS “Linkspopulismus” vor.
Ob eine Einigung zwischen CDU und SPD noch zustande kommt, ist fraglich. Am
Donnerstag wird im zuständigen Innen-Arbeitskreis beider
Koalitionsfraktionen erneut ein Kompromiss gesucht. Die Zeit drängt: Damit
die Kommission wie vorgesehen zum 2. Januar 2005 eingesetzt werden kann,
muss das Kabinett der entsprechenden Verordnung, für die Innenminister Jörg
Schönbohm (CDU) zuständig ist, noch im Dezember zustimmen. Kürzlich hatte
Sozialministerin Dagmar Ziegler (SPD) ihr Veto eingelegt und eigene
Änderungswünsche zur Schönbohm-Verordnung formuliert (MAZ berichtete).
Danach soll das Innenministerium zwar den Vorsitz führen, jedoch ohne
Stimmrecht. Damit könnte der Vorwurf entkräftet werden, die
Härtefallkommission werde vom Innenministerium dominiert, hieß es aus dem
Sozialressort. Korrekturbedarf haben auch die SPD-Innenpolitiker.
Den gestrigen Beschwerdebrief an Platzeck will die PDS bewusst nicht
öffentlich machen und verbindet damit ein Kalkül. “Platzeck hat der PDS
einmal gesagt, er beantworte keine offenen Briefe”, meinte Scharfenberg.
PDS fordert liberalere Regeln für Härtefall-Kommission
Ministerpräsident Platzeck soll verhindern, dass das Gremium ein Instrument
der Ausländerpolitik von Innenminister Schönbohm wird
(Tagesspiegel) Potsdam — Der Streit um die geplante Härtefall-Kommission für Asylbewerber
verschärft sich: Die PDS richtete jetzt fünf Forderungen an
Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD), um zu verhindern, dass die
Kommission zum “faktisch verlängerten Arm” von Innenminister Jörg Schönbohm
(CDU) werde. Dieser wolle die Hürden für Empfehlungen zugunsten abgelehnter
Asylbewerber so hoch wie möglich legen, so der PDS-Innenexperte Hans-Jürgen
Scharfenberg. Man dürfe die Auseinandersetzung um die Kommission nicht
losgelöst von der Debatte über “deutsche Leitkultur” sehen, die Schönbohm
angestoßen habe, so der PDS-Politiker Wolfgang Gehrke. Die CDU wolle eine
schärfere Gangart gegenüber Ausländern.
Die PDS fordert, dass die Kommissionsmitglieder nicht vom Innenminister,
sondern durch den Ministerpräsidenten berufen werden. Dem Gremium soll nach
Meinung der PDS auch nur ein stimmberechtigtes Mitglied aus dem
Innenministerium angehören statt, wie von Schönbohm geplant, zwei. Außerdem
will die PDS das Büro der Kommission beim Sozial- statt beim Innenminister
ansiedeln.
Die Kriterien, in welchen Fällen die Härtefallkommission nicht tätig werden
darf, will die PDS auf ein Minimum reduzieren: So sei es nicht akzeptabel,
dass Ausländer, deren Ausweisungstermin bereits feststeht, nicht für eine
Aufenthaltserlaubnis vorgeschlagen werden dürfen. Die Kommission müsse den
Innenminister mit einfacher Mehrheit um Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis
bitten können, nicht nur mit einer Zweidrittelmehrheit.
Die Bedenken der PDS sind zum Teil mit denen der SPD identisch, die den
Verordnungs-Entwurf des Innenministeriums ebenfalls als nicht liberal genug
ablehnt. Sozialministerin Dagmar Ziegler (SPD) hat vorgeschlagen, dass das
Innenministerium den Vorsitz der Kommission, aber kein Stimmrecht haben
solle. Ob die Verordnung über die Härtefallkommission zum 1. Januar in Kraft
treten kann, ist offen.
Koalition uneins über Härtefallkommission
PDS-Opposition richtet fünf Forderungen an Regierungschef Platzeck
(LR) Der Streit über die geplante Härtefallkommission für Asylbewerber dauert an:
Die PDS richtete jetzt fünf Forderungen an Ministerpräsident Matthias
Platzeck (SPD), um zu verhindern, dass die Kom-mission “faktisch
verlängerter Arm” von Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) wird. Diese Gefahr
bestehe, falls Schönbohm seine Vorstellungen durchsetzen könne, so der
PDS-Innenpolitiker Hans-Jürgen Scharfenberg.
Schönbohm wolle die Hürden für Empfehlungen zugunsten von Asylbewerbern so
hoch wie möglich setzen. Man dürfe das Gerangel um die Kommission “nicht
losgelöst von der Debatte über die deut-sche Leitkultur sehen”, die
Schönbohm angestoßen habe, warnte der PDS-Politiker Wolfgang Gehrke. Die CDU
wolle eine schärfere Gangart gegenüber Ausländern und Asylbewerbern.
Im einzelnen fordert die PDS, dass die Mitglieder der Kommission nicht durch
den Innenminister, sondern durch den Ministerpräsidenten berufen werden. Dem
Gremium sollen nicht zwei stimmberechtigte Mitglieder aus dem
Innenministerium angehören, sondern nur eins. Außerdem will die PDS das Büro
der Kommission nicht im Innenressort, sondern beim Sozialministerium
ansiedeln.
Die Gründe, in denen eine Empfehlung der Härtefallkommission ausgeschlossen
ist, sollen nach dem Willen der PDS auf ein Minimum reduziert werden: Zum
Beispiel sei nicht zu akzeptieren, warum Ausländer, für die ein
Rückführungstermin feststeht, von der Kommission nicht für eine
Aufenthaltserlaubnis vorgeschlagen werden dürfen, wie es das
Innenministerium plane. Statt einer Zweidrittelmehrheit für Ersuchen an den
Innenminister um eine Aufenthaltserlaubnis hält die PDS die einfache
Mehrheit für ausreichend.
Die Vorstellungen der PDS sind zum Teil mit denen der SPD identisch, die
einen ersten Regelungs-Entwurf des Innenministeriums ebenfalls ablehnt.
Sozialministerin Dagmar Ziegler (SPD) hat vorgeschlagen, dass das
Innenministerium zwar den Vorsitz der Kommission führen, aber kein
Stimmrecht haben soll, um dem Eindruck der Befangenheit zu vermeiden. Nach
bisherigen Plänen wollte die Landesregierung die Härtefallkommission noch in
diesem Jahr beschließen. Di
e Abstimmungsgespräche dauern jedoch an.