So hatte sich das Anmelder Christian Müller am Montagabend sicherlich nicht vorgestellt: Der erste “Abendspaziergang” in Potsdam fiel komplett ins Wasser. Der Potsdamer gehört zum aktiven Organisationsteam der wöchentlichen Bärgida-Aufmärsche in Berlin-Mitte und wollte zum einjährigen Bärgida-Geburtstag erstmals einen “Abendspaziergang gegen die Islamisierung” auch in Potsdam durchführen. Bereits vor einer Woche startete die Werbetour u.a. in Oranienburg, wo er auf dem lokalen “Abendspaziergang” seine Pläne für den heutigen Montag offenlegte und Unterstützung suchte. Auch Bärgida warb mit einer “Überraschungsroute” zum ersten Geburtstag und so war relativ schnell eindeutig, dass am Montagabend Teilnehmer_innen des Bärgida-Aufmarsches in Potsdam unterstützend tätig werden würden.
Bereits am Nachmittag begannen Ordnungskräfte sogenannte Hamburger-Gitter in den Seitenstraßen der Brandenburger Str. und entlang der Charlottenstr. aufzustellen. Diese sollten jedoch heute nicht mehr zum Einsatz kommen. Als gegen 19 Uhr am Berliner Hauptbahnhof rund 100 Neonazis von Bärgida die zwei bereitgestellten Reisebusse des Fahrdienstes Kortschlag aus Potsdam bestiegen, warteten bereits mehr als doppelt soviele Antirassist_innen am Bassinplatz. Fette Beats des HipHop-Jams verbreiteten gute Laune und halfen dabei, das schlechte Wetter zu vergessen. Auf dem Marktplatz sammelten sich derweil ein paar Dutzend Potsdamer_innen, um gegen die vermeintliche Islamisierung des Abendlandes zu demonstrieren. Immer wieder schafften es Gegendemonstrant_innen an sie heranzukommen, um ihnen die Meinung zu sagen. Als die zwei Busse aus Berlin versuchten den Auftaktort des “Abendspaziergangs” zu erreichen, wurden sie für längere Zeit erfolgreich blockiert. Dabei raste der Fahrer eines Busses fast in die Menge der Blockier_innen. Nur dank schneller Reaktion und umsichtigen Verhaltens seitens der Blockierenden kam es hier nicht zu schweren Verletzungen. Mittlerweile hatte sich die Zahl der Gegendemonstrant_innen auf über 1.500 erhöht. Nur durch massiven Pfefferspray- und Gewalteinsatz der Polizei konnten sich letztendlich die Busse ihren Weg bahnen.
Jetzt spitzte sich die Lage rund um den Bassinplatz zu - während die Rathausspitze um Jann Jakobs am Lustgarten für Pressefotos posierte, in sicherem Abstand zum geplanten Pogida-Aufmarsch. Antirassist_innen schafften es die Kreuzung Am Bassin/Gutenbergstr. zu blockieren. Damit war die angemeldete Route des “Abendspazierganges” dicht. Auch an den anderen Ecken des Bassinplatzes und rund um die eingezäunten “Asylkritiker_innen” versammelten sich hunderte Antirassist_innen, die jegliche Außenwirkung des rassistischen Pöbels im Keim erstickten. Augenscheinlich hatte die Polizei die Gegendemonstrant_innen am heutigen Abend unterschätzt und war trotz Gewaltanwendung nicht mehr in der Lage die vorgesehene Route abzusichern. Daher blieb es letztendlich bei einer stationären Kundgebung des Potsdamer PEGIDA-Ablegers. Doch selbst diese war nach kurzer Zeit auf Grund der ausgefallenen Soundanlage vorbei. Von da an hieß es für die Rassist_innen warten, warten, warten. Immer wieder waren auch kleinere und größere Neonazi-Hooligan-Gruppen in der Innenstadt unterwegs, die jedoch durch Antifaschistischen Selbstschutz in die Schranken gewiesen werden konnten.
Auch die Abreise gestaltete sich entsprechend schwierig, da Pogida nicht nur von Beamt_innen, sondern auch von Gegendemonstrant_innen eingekesselt war. So wurden die Teilnehmer_innen geschlossen von der Polizei zum Hauptbahnhof eskortiert. Auch hierbei traten die eingesetzten Hundertschaften der Polizei wieder sehr aggressiv auf und griffen wahllos Gegendemonstrant_innen an.
Wir schätzen den heutigen Abend als vollen Erfolg ein. Trotz überzogener Polizeigewalt ist es heute nicht gelungen eine rassistische Demonstration in Potsdam durchzuführen. Über 1.500 Menschen zeigten, dass Rassismus in Potsdam keinen Platz hat und überließen den Neonazis keinen Meter. Damit das auch in Zukunft so bleibt, werden wir alle uns zur Verfügung stehenden Mittel nutzen, rassistischer Hetze Einhalt zu gebieten. Wir wissen jedoch auch, dass es Gegenden in Brandenburg gibt, in denen sich kaum noch Menschen trauen gegen Rassist_innen zu demonstrieren. Unseren heutigen Erfolg widmen wir deshalb jenen, die regelmäßig einer Überzahl Rassist_innen gegenübersehen und dennoch den Neonazis nicht das Feld überlassen.
Solidarische Grüße möchten wir nach Strausberg, Berlin, München und in alle anderen Städte schicken, in denen sich Antirassist_innen PEGIDA und den jeweiligen Derivaten in den Weg gestellt haben, vor allem aber auch nach Leipzig — dort haben heute über 200 Neonazi-Hooligans in Connewitz randaliert.
Falls ihr Betroffene von Repression geworden seid meldet euch bei der Potsdamer Ortsgruppe der Roten Hilfe.
Kein Mensch ist illegal!
Antirassismus ist auch Handarbeit!
Eine Antwort auf „PEGIDA in Potsdam? Lief nicht! — POGIDA steht und die Polizei dreht frei“
Gratulation: ” No pasaran” wurde in Potsdam Realität!
Jene beklagten “Ausschreitungen” der Antifa, hätten verhindert werden können, — denn die Polizei schaffte dies eh nicht,- wenn aber POGIDA (“Po — GIDA”) auf ihre Hass-Demo verzichtet hätte und die Polizisten die notwendig gewordene Verhinderungsblockade nicht gewalttätig beendet hätte.….….…..
Wann wid man im Lande endlich lernfähig ?