Pfiffe und Gelächter in Forst für die Schill-Partei
Linke Jugendliche stören Info-Treffen zur Parteiausdehnung
Seit dem überraschenden Einzug der Schill-Partei in die Hamburger Bürgerschaft wird viel über eine dauerhafte, bundesweite Ausbreitung dieser rechts von der politischen Mitte angesiedelten neuen Partei spekuliert. Jetzt versuchen die Anhänger des Hamburger Amtsrichters Ronald Schill, mit einer Reihe von Treffen in Brandenburg Fuß zu fassen. Die erste Veranstaltung in Forst, Spree-Neiße-Kreis, ging gründlich daneben
Simone Wendler
Eigentlich hätte sich Dirk Weßlau freuen können, dass so viele Leute in den kleinen Saal über einer Gaststätte in Forst gekommen waren. Weßlau ist Ex-CDU-Mitglied und einer der Vorkämpfer für die Ausdehnung der Schill-Partei in Brandenburg. Doch auf den Stühlen und zwischen den Tischen drängten sich andere Besucher, als Weßlau erwartet hatte. 70 bis 80 linke Jugendliche und Punker machten es sich im Raum bequem.
Gut ein Dutzend Forster, die an der neuen Partei offensichtlich Interesse haben, duckten sich etwas ängstlich zwischen den bunten Schöpfen und hochgehaltenen Tüchern mit der Aufschrift „Schill out“. Einige machten gleich kehrt, als sie den Pulk Jugendlicher sehen, die bis auf die Treppe hinaus stehen.
Pfeifen und Gejohle
Doch Dirk Weßlau, Zahnarzt aus Bernau, ist keiner, der sich so schnell einschüchtern lässt. Flucht nach vorn, so tun, als sie alles in Ordnung, damit versuchte der die Situation in Forst zu retten – vergeblich. Jeder Versuch, auch nur einen halben Satz über die Schill-Partei los zu werden geht in Pfeifen und Gejohle unter. „Haut ab“ und „Halt die Schnauze“ schalt es Weßlau entgegen, der immer noch versucht, freundlich zu bleiben.
Nach zehn Minuten gibt die kleine Schill-Truppe auf, versuchte sich in die parterre gelegene Gaststätte zurückzuziehen. Ohne Erfolg,. Die Jugendlichen ziehen mit, der Gastwirt fordert sie nur halbherzig auf, doch lieber zu gehen. Für die Polizei, die inzwischen mit einem Streifenwagen vor dem Haus steht, kein Grund zum Eingreifen. Weßlau gibt sich auch dann noch optimistisch. Er habe mit sowas durchaus gerechnet, versichert er, und dass da unter den jungen Leuten bestimmt welche seien, mit denen man ganz vernünftig reden könne. Nach einer Stunde setzt sich Weßlau ins Auto und fährt unter „Auf Wiedersehen“-Gesängen der Jugendlichen davon.
Drittes Parteibuch
Mit neu gegründeten Parteien hat Weßlau Erfahrung. Die Hamburger Schill-Truppe ist bereits die dritte Partei, in die er eintrat. Nach 1989 gehörte er zu den Gründern der Deutschen Sozialunion (DSU), einem ostdeutschen Gegenstück der bayrischen CSU, die jedoch keine dauerhafte politische Bedeutung erlangte. Bald wechselte Weßlau zur märkischen CDU. Vor vier Wochen legte er jedoch bei den Christdemokraten das Mitgliedsbuch auf den Tisch und ging zur Schill-Partei. Im Oktober wollte Weßlau noch für die CDU bei der Bundestagswahl antreten. In einer umstrittenen Abstimmung unterlag er jedoch Rainer Eppelmann. Weßlau legte daraufhin sein Amt als CDU-Fraktionschef im Kreistag Barnim nieder und gab auch sein Mandat in der Bernauer Stadtverordnetenversammlung zurück.
Acht neue Mitglieds-Anträge
Die Schill-Anhänger in Forst treffen sich an diesem Abend etwas später doch noch in einem anderen Gasthaus, ohne die jungen Leute, die sie in der Neißestadt nicht sehen wollen. Acht neue Mitgliedsanträge werden geschrieben. Elf Parteimitglieder hat die Schill-Partei damit in Forst, für eine Ortsgruppe werden drei mal so viele gebraucht. Wie es nun weitergehen soll mit den Info-Treffen der Schill-Partei in Brandenburg, will Dirk Weßlau sich nun erst mal in Ruhe überlegen. Vielleicht, so sagt er, müsse man sich doch erst mal nur mit geladenen Gästen verabreden. Nach dem Spree-Neiße-Kreis sollen bis Mitte Mai Informations-Treffen zur Mitgliederwerbung noch in sieben anderen Landkreisen Brandenburgs stattfinden. Wie die ablaufen sollen, da ist sich Weßlau noch nicht ganz sicher. „Erst mal abwarten, was am Wochenende bei der Wahl in Sachsen-Anhalt herauskommt“, sagt der Bernauer Zahnarzt.