(Kampagne „Stop Thor Steinar“) Wie am 18.10.2004 im Forum der Internetseite vom BFC Dynamo bekannt gemacht wurde,
hat die Polizei in Cottbus einigen BFC-Fans “Thor Steinar”- Klamotten abgenommen.
Auf eine nachträgliche schriftliche Beschwerde hin wurde mitgeteilt, dass es im Land
Brandenburg einen Gerichtsbeschluss gibt, nachdem Thor Steinar Klamotten verboten
sind. Im BFC-Dynamo-Forum werden nicht nur die Namen der beteiligten Staatsanwälte
veröffentlicht, sondern auch finanzielle Unterstützung angeboten. Die BFC-
Gruppierung “79er” bietet an einen Anwalt zu vermitteln. Dies soll von dem Fond vom
“Problemfan-Shirt” geschehen, welche es weiterhin am Fanartikelstand zu kaufen geben
soll. Die Treffen der “79er” finden “traditionell” im Berliner Fußball Cafè statt,
welches bereits als rechter Treffpunkt durch die Medien ging. Die Aktion des
“Problemfanshirts” und die Treffen der “79er” werden u.a. von dem offiziellen
BFC-Fanbeauftragten Rainer Lüdtke mitorganisiert. Der Pressesprecher der Kampagne ”
Stop Thor Steinar”, Rico Baum, fordert die 79er, die BFC-Fans und den
Fanbeaufragten Rainer Lüdtke auf, die sinnvolle Unterstützung von Betroffenen
unrechtsmäßige Polizeirepression gegen Fussballfans nicht mit der Unterstützung
einer überteuerten Modemarke mit völkischer Symbolik mit NS-Bezug zu verwechseln.
Thors ganz dezenter Runenchic
Junge Rechte mögen Pullover der Brandenburger Firma Thor Steinar. Denn
deren Sachen sind mit Runen verziert, die auch SS und SA verwendet haben.
Laut Verfassungsschutz arbeiten Rechtsextreme sogar in der Firma mit, doch
die Justiz ist machtlos Billig sind die Sachen nicht. Mindestens 60 Euro
müssen Kunden für ein Sweatshirt der Marke “Thor Steinar” zahlen. Auch die
Bestellseite im Internet ist edel aufgemacht. “Thor Steinar” ist eine
Erfolgsgeschichte.
(TAZ, Jan Sternberg) Seit eineinhalb Jahren verkauft die Firma Mediatex aus Zeesen südöstlich
von Berlin die Klamotten — besonders unter Jugendlichen. Die bezahlen neben
dem Schnitt oft auch für die Gesinnung. Im “Thor Steinar”-Logo sind die
germanische Tyr-Rune und die Gibor-Rune oder “Wolfsangel” miteinander
verschlungen. Erste war in der NS-Zeit Abzeichen der SA-
Reichsführerschulen, letzte das Symbol für die SS-Division “Das Reich”. Die
auf dem globalen Weltmarkt zusammengenähten Sachen sind zur
“nationalen” Haute Couture geworden.
“Thor Steinar macht die Szene um eine Facette reicher”, sagt Matthias
Adrian vom Zentrum demokratische Kultur in Berlin. “Die Rechten, die sich immer
dagegen wehrten, Skins zu sein, können so ihre Gesinnung zeigen.”
Aber auch in normalen Boutiquen sind Steinar-Sachen zu haben. Runen-
Symbolik und nordische Mythologie passen zur schleichenden Eroberung der
ostdeutschen Jugendkultur durch Rechtsextreme. Man komme an die Kinder viel
besser heran, frohlockte ein Mann des “Märkischen Heimatschutzes” kürzlich
im Fernsehen. Der Kundenkreis könnte sich zudem bald erweitern: Seit die
britische Marke “Lonsdale” ihr Image mit antirassistischen Initiativen
aufbessert, haben Neonazis
deren Klamotten schon mal öffentlich verbrannt. “Thor Steinar” droht
solches nicht, meint Jonas Grutzpalk vom Brandenburger Verfassungsschutz: “Der Firma
gehören Rechtsextremisten an.”
Solche Vorwürfe kümmern Mediatex-Geschäftsführer Uwe Meusel wenig:
“Wir haben mit keiner Organisation auch nur ansatzweise etwas zu tun.” Der
eloquente 29-Jährige spielt auch die Symbole auf seinen Pullovern als
dezenten Runenchic herunter:
“Unser Logo? Das ist ein T und ein S, in Runenschrift. Unsere Kollektion basiert auf
dem nordischen Mythos.”
Mehr sei da nicht. Und überhaupt:
“Warum fragen Sie uns nicht, wie viele Arbeitsplätze wir hier in Brandenburg
geschaffen haben?”
Wenn man fragt, sagt Meusel jedoch:
“Das werde ich Ihnen jetzt nicht sagen.” Darüber, dass er auch Sweatshirts
mit Maschinengewehr-Aufdruck und Drohsprüchen wie “Hausbesuche” anbietet,
will er schon gar nicht reden.
“Thor Steinar verwendet keine verfassungsfeindlichen Symbole”, sagt
Mediatex-Anwalt Michael Roscher knapp,
“und wenn Leute, die mit der Verfassung Probleme haben, die Sachen tragen, ist das
nicht das Problem der Firma.”
Klaus Parker, Jurist und Rechtsextremismusexperte, sieht das anders: “Im Gegensatz
zu Lonsdale, die nichts dafür können, gehört Thor Steinar zu den Marken, die
eindeutig für die rechtsextreme Szene produziert werden.”
Die Justiz war bislang machtlos. Noch nie wurde ein verbundenes Signet als
Kennzeichen verfassungsfeindlicher Organisationen verboten. Doch nun hat
die Staatsanwaltschaft im brandenburgischen Neuruppin einen juristischen
Versuchsballon losgelassen. In zwei Fällen wurde Anklage gegen Träger von
“Thor Steinar”-Kleidung erhoben. Eine 23-Jährige aus der Nähe von Prenzlau
in der brandenburgischen Uckermark bekam kürzlich einen Strafbefehl: 30
Tagessätze à zehn Euro für das Tragen eines “Thor Steinar”-Pullovers. Das
Urteil ist inzwischen rechtskräftig. Das Amtsgericht Prenzlau sah es als
erwiesen an, dass das Steinar-Logo
“Zeichen nationalsozialistischer Organisationen zum Verwechseln ähnlich sieht”
und dies auch “für Unbeteiligte wahrnehmbar ist”.
Ein Verfahren gegen eine weitere Frau aus Prenzlau soll noch in diesem Jahr
abgeschlossen werden. Gerd Schnittcher, Leitender Oberstaatsanwalt in
Neuruppin, hofft auf eine Signalwirkung des Prenzlauer Urteils. Die
Generalstaatsanwaltschaft in Brandenburg/Havel ist weiterhin skeptisch. Man
könne nicht jede Rune verbieten, dann mache man sich lächerlich.
Wes Geistes Kind die Firmeninhaber vermutlich seien, spiele dabei keine
Rolle. Offiziell wird die Prenzlauer Verurteilung
“als eine Entscheidung eines einzelnen Amtsrichters” tief gehängt. Der
brauche diese “nicht einmal ausführlich zu begründen”, sagt der
stellvertretende Generalstaatsanwalt Ewald Bröhmer. Signalwirkung hätte
erst eine Verurteilung vor dem Oberlandesgericht. Doch dass die
Entscheidung des Amtsgerichts die rechte Szene verunsichern wird, räumt
Bröhmer ein. “Die
Sicherheit, dass Trägern dieser Kleidung nichts passieren kann, schwindet
jetzt.”