Die Initiative zur Stärkung der Grund- und Bürgerrechte gegenüber der Polizei wendet sich gegen Ankündigungen der Polizei, Gegendemonstrationen zum NPD-Aufmarsch am
Samstag den Schutz des Versammlungsrechtes zu verweigern. In der Lokalpresse hatte Polizeisprecher Rudi Sonntag erklärt, linke Gegendemonstranten, die sich in Potsdam
mit Spruchbändern versammeln, genössen nicht mehr den Schutz einer Spontandemonstration.
Die Äußerungen des Polizeisprechers nützen nicht nur politisch den Rechtsextremisten, sondern sind auch rechtlich unzutreffend. Die Tatsache, daß Spruchbänder mitgeführt werden, belegt keine langfristige Vorbereitung einer Demonstration. Vielmehr finden sich in jedem geordneten Potsdamer Haushalt universell einsetzbare Transparente mit antifaschistischen Losungen, die natürlich
schon aus Sparsamkeitsgründen trocken gelagert und mehrfach verwendet werden. Auch mit Spruchbändern durchgeführte Versammlungen können spontan geplant sein.
Spontandemonstrationen sind aber nicht anmeldepflichtig.
Aber selbst wenn eine Demonstration anmeldepflichtig ist, trifft diese Pflicht nur den Veranstalter. Wenn dieser die Anmeldung versäumt, kann er strafrechtlich zur
Verantwortung gezogen werden. Die Demonstration selbst darf aber dennoch nicht ohne weiteres aufgelöst werden. Dazu ist eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und eine auf dieser basierende Verbotsverfügung erforderlich. Eine pauschale Verweigerung des Versammlungsrechts-Schutzes durch die Polizei ist rechtswidrig.
Für die Spontandemonstration anläßlich des letzten NPD-Aufmarschversuchs in Potsdam ist die Polizei letztlich selbst verantwortlich. Entgegen den in den Kooperationsgesprächen getroffenen Absprachen stellte die Polizei den Anmeldern von Gegenversammlungen die Auflagen erst in der Nacht vor der Demonstration zu. Offenbar wollte die Polizei verhindern, daß die Veranstalter die Auflagen vom Verwaltungsgericht überprüfen lassen. Das VG ist von Freitag 15 Uhr bis Samstag 10 Uhr nicht besetzt. Da die Polizei die Gegendemonstrationen überwiegend um mehrere
Stunden und zudem in völlig andere Stadtteile verschob, konnten potentielle Demonstrationsteilnehmer/innen nicht mehr rechtzeitig informiert werden. Die logische und politisch richtige Konsequenz bestand darin, einige Veranstaltungen abzusagen und eine Spontandemonstration durchzuführen.
Die Initiative zur Stärkung der Grund- und Bürgerrechte gegenüber der Polizei fordert die Polizei auf, die geplante Route der NPD-Demonstration unverzüglich zu veröffentlichen. Nur dadurch wird eine baldige Anmeldung auch der Gegenveranstaltungen möglich gemacht. Die zur Zeit von der Polizei favorisierte lichtscheue Behandlung von Demonstrationen verkennt, daß das Grundrecht auf
Versammlungsfreiheit gerade die politische Auseinandersetzung in der Öffentlichkeit gewährleisten soll. Die Verschleppung und Verdunkelung der NPD-Demonstrationsroute behindert die öffentliche Auseinandersetzung mit rechtsextremistischen Inhalten.
Wir rechnen damit, daß die Polizei auch diesmal die Zustellung der Auflagen bis zum Dienstschluß des Verwaltungsgerichtes verzögern wird. Falls die Auflagen bis
Freitagmittag nicht zugestellt wurden, werden wir uns mit dem Verwaltungsgericht in Verbindung setzen, um den Rechtsschutz auch außerhalb der Dienstzeiten des Gerichtes
sicherzustellen.
Polizeikontrollstelle
Initiative zur Stärkung der Grund- und Bürgerrechte
gegenüber der Polizei
Lindenstraße 47
14467 Potsdam
(tel) 0331.280.50.83
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