CDU-Innenpolitiker wollen in Brandenburg mehr Kameras anbringen.
Gewerkschafter und PDS bezweifeln den Nutzen
Potsdam — Um die von Innenminister Jörg Schönbohm und dem Innenpolitiker
Sven Petke (beide CDU) geforderte Ausweitung der Videoüberwachung in
Brandenburg ist ein heftiger Streit entbrannt. Beide wollen die Hürden für
die Videoüberwachung deutlich senken und künftig Orte wie den Flughafen
Schönefeld, Bahnhöfe und Verkehrswege überwachen lassen. Die
Polizeigewerkschaften und die PDS lehnen diese Pläne ab. Auch die SPD ist
skeptisch.
Petke will im August in Abstimmung mit dem Innenministerium einen
Gesetzentwurf vorlegen, der eine dauerhafte Videoüberwachung nicht nur von
“Kriminalitätsschwerpunkten” erlaubt. Bisher werden in Brandenburg im Rahmen
eines 2001 gestarteten und auf fünf Jahre befristeten Modellversuchs vier
Orte mit Videokameras überwacht: die Bahnhofsvorplätze in Potsdam, Bernau
und Erkner sowie eine Großdiskothek in Rathenow. Das Innenministerium soll
dem Landtag nach Abschluss der Probephase Ende 2006 einen Ergebnisbericht
vorlegen, damit “über den Fortbestand der Maßnahme” entschieden werden kann.
Die CDU sieht aber bereits jetzt Handlungsbedarf, “um das Leben der
Bevölkerung besser vor den Gefahren des internationalen Terrorismus zu
schützen”, so Petke. Die derzeitige Gesetzesregelung sei nicht ausreichend,
weil zum Beispiel nur aufgezeichnet werden dürfe, wenn die Beamten an den
Monitoren eine Straftat vermuten. Petke plädiert für ständige
Aufzeichnungen, die jeweils nach 48 Stunden gelöscht werden — sofern es
keine Anzeigen oder Vorkommnisse gibt.
Die Gewerkschaft der Polizei lehnt den Vorstoß als “puren Aktionismus” ab.
Der Bevölkerung werde Sicherheit vorgegaukelt, die es in der Realität nicht
gebe, sagte der Landesvorsitzende Andreas Schuster. Die Attentate in London
seien begangen worden, obwohl die Stadt eine besonders dichte
Videoüberwachung habe. Auch die PDS warf Schönbohm und Petke vor, “das Thema
aufzubauschen und mit der Angst der Menschen vor Terroranschlägen zu
spielen”. Die CDU wolle den Eindruck erwecken, dass sie alles tue, um
höchste Sicherheit zu gewährleisten, sagte Fraktionsgeschäftsführer Heinz
Vietze. Dies sei aber nicht der Fall, “den Menschen wird eine scheinbare
Sicherheit vorgespielt”. Auch der SPD-Sicherheitspolitiker Werner-Siegwart
Schippel warnt vor “übereilten Aktionen”: Man müsse erst Aufwand und Nutzen
der Videoüberwachung prüfen und Experten anhören.
Schuster ist nicht der Einzige, der Zweifel an der generellen Wirksamkeit
der Videoüberwachung anmeldet. Er beruft sich auf eine von der Stiftung für
deutsche Kriminalitätsprävention veröffentlichten Studie, wonach in
Stadtzentren und Wohngebieten kein signifikanter Effekt auf die Kriminalität
festzustellen ist. Schönbohm bestreitet das vehement: Nicht nur auf den vier
in Brandenburg überwachten Plätzen, sondern auch in ihrem Umfeld sei die
Kriminalität nachweisbar deutlich zurückgegangen.
“Die Straftäter kennen die Kameras und halten sich zurück”, kommentiert der
Landesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Frank Domanski. Auch er
hält die Videoüberwachung für problematisch: Der Aufwand sei enorm, weil man
für die Rundum-Beobachtung eines Ortes sechs Planstellen benötige. Außerdem
brauche man schnell verfügbare Einsatzkräfte. Beides sei schon jetzt in
Brandenburg nicht gewährleistet.