POTSDAM Wer in Cottbus nach der “Serbska Droga” sucht, wird ohne Probleme in die “Wendenstraße” geschickt. Die Schilder der Stadt sind zweisprachig: oben deutsch, unten sorbisch. Wenn allerdings die sorbische Großtante aus Bautzen die Postleitzahl der “Serbska Droga” in Cottbus nachschlagen will, muss sie eine veraltete Ausgabe des Postleitzahlenbuchs benutzen. Aus der neuesten Ausgabe hat die Deutsche Post alle sorbischen Orts- und Straßenbezeichnungen gestrichen.
“Bei Überprüfungen im Briefzentrum Cottbus haben wir festgestellt, dass in den Anschriften auf den Briefen die sorbischen Namen selten verwendet werden”, sagt Rolf Schulz, Sprecher der Deutschen Post. Gemessen am tatsächlichen Bedarf sei der Aufwand, die sorbischen Orts- und Straßennamen in der Datenbank der Post zu erhalten, nicht zu rechtfertigen. Zudem gebe es auch für die anderen sprachlichen Minderheiten in Deutschland — die Dänen, Friesen, Sinti und Roma — keine Sonderregelung. Die sorbischen Bezeichnungen waren als einzige Ausgabe des Postleitzahlenbuchs von 1993 enthalten gewesen.
Der enorme Aufwand, Postleitzahlen auch mit sorbischen Namen zu versehen, würde laut Schulz vor allem durch den notwendigen zusätzlichen Datenabgleich entstehen. “Wir hatten in Brandenburg in den letzten 12 Jahren zahlreiche Straßenumbenennungen”, so der Sprecher. “Mit dem Datenbestand aus dem alten Postleitzahlenbuch können wir daher nicht mehr arbeiten.” Wie hoch der zusätzliche Aufwand genau wäre, konnte Schulz nicht beziffern. Außer im Postleitzahlenbuch werden die sorbischen Namen auch beim Internet-Auftritt und auf den CD-Roms der Post fehlen.
“Skandalös und diskriminierend”, findet Bernhard Ziesch, Geschäftsführer des Sorben-Dachverbands Domowina, diese Entscheidung. Die Domowina prüfe zurzeit rechtliche Schritte. Schließlich sei die Verantwortung des Staates für die sorbische Kultur im Einigungsvertrag festgeschrieben worden. “Die Post hat im Zuge ihrer Privatisierung eine staatliche Aufgabe weitergeführt”, sagt Ziesch. Deshalb solle sie auch die staatlichen Minderheitenrechte respektieren. “Die Post ist ein privates Unternehmen, das wirtschaftlich rechnen muss”, entgegnet Post-Sprecher Schulz. Es gehöre nicht zu den Aufgaben, Teile der Bevölkerung kulturell zu unterstützen.
Die Domowina will sich dennoch wehren und ermutigt die rund 60 000 Sorben in Deutschland auch weiterhin auf Briefen ihre Muttersprache zu verwenden. Zudem setzt der Sorben-Dachverband auf einen wirtschaftlichen Faktor: Die Herstellungskosten des Postleitzahlenbuchs müssen aufgefangen werden. Daher gibt die Deutsche Post das Buch — das seit dem 4. Oktober erhältlich ist — nur für knapp sieben Euro ab. “Ich glaube nicht, dass die Sorben das neue Postleitzahlenbuch kaufen werden”, sagt Domowina-Mann Ziesch.