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Potsdam: Bundeswehr raus aus der Uni!

(von Indy­media)
Dieses Semes­ter startet an der Uni Pots­dam der neue Mas­ter­stu­di­en­gang “Mil­i­tary Stud­ies” unter Beteili­gung des Mil­itärgeschichtlichen Forschungsamtes (MGFA) und des Sozial­wis­senschaftlichen Insi­tutes (SOWI) der Bun­deswehr. Diese Form der Koop­er­a­tion und der Stu­di­en­gang sind bish­er ein­ma­lig in Deutschland.

Die “feier­liche” Begrüßung der Studienanfänger_innen und Eröff­nung des Stu­di­en­ganges wurde gestern erfol­gre­ich gestört.

Der neue Stu­di­en­gang set­zt sich aus Mil­itärgeschichte und Mil­itär­sozi­olo­gie zusam­men, wobei das Insti­tut der Sozi­olo­gie der Uni Pots­dam mit dem SOWI und das Insti­tut für Geschichte mit dem MGFA zusammenarbeiten.
Bewor­ben wurde der Stu­di­en­gang mit den ein­lei­t­en­den Worten:

“Mit dem Zusam­men­bruch der bipo­laren Wel­tord­nung und ein­er sich erhe­blich beschle­u­ni­gen­den Glob­al­isierung haben sich die Par­a­dig­men inter­na­tionaler Poli­tik grund­sät­zlich verän­dert. Krieg und Bürg­erkrieg, Unruhen und eth­nisch-religiöse Kon­flik­te haben an Umfang und Aus­maß erhe­blich zugenom­men, der inter­na­tionale Ter­ror­is­mus mit den Anschlä­gen vom 11. Sep­tem­ber 2001 eine neue Dimen­sion erre­icht. Der­ar­tige Ereignisse und Entwick­lun­gen haben mit­tler­weile auch unmit­tel­bare Fol­gen für die Gesellschaften Europas. Sie führen nicht nur zu ein­er stark verän­derten Wahrnehmung bewaffneter Kon­flik­te und organ­isiert­er Gewalt in der deutschen Bevölkerung, son­dern auch zu einem glob­alen Engage­ment deutsch­er Streitkräfte.”

Schaut men­sch sich die Seite des Stu­di­en­gangs an (www.militarystudies.de) wird sicht­bar, dass die meis­ten Lehren­den aus den Bun­deswehrin­sti­tuten kom­men. Der neue Stu­di­en­gang ist zwar ein­ma­lig in Deutsch­land, darf aber nicht darüber hin­weg täuschen, das es an sehr vie­len Unis Lehrbeau­tragte aus Bun­deswehrin­si­tuten gibt, somit sollte men­sch genau schauen, wie die Sit­u­a­tion an der eige­nen Uni aussieht.

Die Koop­er­a­tion in Pots­dam mit dem MGFA und dem Insti­tut für Geschichte gibt es lei­der schon seit vie­len Jahren, ohne dass dies wirk­lich Kri­tik her­vorgerufen hat. Es hat sich gezeigt, dass neben den bun­deswehrtyp­is­chen Inhal­ten auch kri­tis­che Forschung möglich ist. So wird es wahrschein­lich auch mit Mil­itär­sozi­olo­gie und dem neuen Mas­ter­stu­di­en­gang wer­den. Natür­lich macht es das nicht bess­er und gehört zur Strate­gie, ein­er­seits sich dadurch weniger angreif­bar zu machen, und andr­er­seits Bundeswehrwissenschaftler_innen in der Uni zu ver­ankern, die sich als “haupt­säch­lich” Sozial- und
Geschichtswissenschaftler_innen aus­geben, entwed­er sehr neben­bei und ganz kurz erwäh­nen, für wen sie da im Auf­trag lehren, oder dies ein­fach gar nicht benen­nen, um dann weit­erz­u­fahren in ihren Analy­sen über Sicher­heit­spoli­tik, Soziologie/Geschichte des Krieges, Ter­ror­is­mus, sol­datis­che Moti­va­tion­ssteigerung, Meinungsforschung,…

Dieser weit­ere Zugang zu zivilen Bere­ichen ermöglicht ein­er­seits den Bun­deswehrin­sti­tuten einen besseren Ruf ihrer “Wahrheit­spro­duk­tion”, andr­er­seits bietet direk­ter Kon­takt bessere Chan­cen für Anwerbung.

Im Rah­men der Trans­for­ma­tion des Mil­itärs und der mil­itärischen Ein­sätze wird ein neues Pro­fil erar­beit­et, das großen Bedarf an Akademiker_innen hat, die sich in ihren Forschun­gen um gesellschaftliche Akzep­tanz der Bun­deswehr sor­gen, aber auch selb­st die Kom­pe­ten­zen haben, um z.B. mit NGO´s usw. zusam­me­nar­beit­en zu kön­nen. Let­ztlich also dem Bild der “human­itären” Ein­sätze bess­er entsprechen. So schreibt das SOWI:

„Große Bedeu­tung für den Erfolg des Stu­di­en­gangs in den näch­sten Jahren wird den stu­di­en­be­glei­t­en­den Prak­ti­ka am SWIn­st­Bw und in anderen Dien­st­stellen zukom­men.(…) Nicht zulet­zt mit Blick auf die anste­hende Über­prü­fung durch den Wis­senschaft­srat ist die Beteili­gung des SWIn­st­Bw an diesem bun­desweit ein­ma­li­gen und inno­v­a­tiv­en Stu­di­en­gang „Mil­i­tary Stud­ies“ von großer Bedeu­tung. Sie unter­stre­icht die hohe, anerkan­nte wis­senschaftliche Exper­tise des Insti­tuts und ist gle­icher­maßen Aus­druck der fach­wis­senschaftlichen Ver­net­zung des Insti­tuts in der Wissenschaftslandschaft.“
(SOWI-Jahres­bericht 2006, S.24)

Im sel­ben Text ste­ht auch die ein­deutige Stel­lung­nahme, was unter dieser Form von Wis­senschaft ver­standen wird:
„Das Sozial­wis­senschaftliche Insti­tut ist Teil ein­er Bun­deswehr in der Trans­for­ma­tion und im Ein­satz. (…) Haup­tauf­gaben des Sozialwis­senschaftlichen Insti­tuts sind die ange­wandte streitkräftebezoge­ne sozial­wis­senschaftliche For­schung und die dazu erforder­liche mil­itär­sozi­ol­o­gis­che Grundlagen­forschung.Die Forschung umfasst die Analy­seebe­nen „Inter­na­tionales Sys­tem“, „Nationales Sys­tem und Gesellschaft“, „mil­itärische
Organ­i­sa­tion“, „Sol­dat als Indi­vidu­um“. In diesem Rah­men ist die Forschungs­pla­nung des Insti­tuts nicht frei, son­dern ori­en­tiert sich über­wiegend am Erken­nt­nis- und Unter­stützungs­be­darf des Bun­desministeriums der Vertei­di­gung und der Bun­deswehr.“ (Jahresbe­richt des SOWI 2006, S.5 und 29)

Die Seite der Uni Pots­dam beruft sich auf die “mögliche kri­tis­che Forschung”, den Erhalt der “bedro­ht­en Sozi­olo­gie” und verkauft sich somit an die ressourcenre­ichen “Koop­er­a­tionspart­ner”. Trau­rig ist v.a., dass von stu­den­tis­chen Gremien, wie der Fach­schaft Sozi­olo­gie oder dem AStA bish­er keine Öffentlichkeit geschaf­fen wurde, und es so möglich war, alles ver­traglich abzu­sich­ern und erst einen Monat vor offiziellem Beginn des Stu­di­en­ganges die ersten Ankündi­gungsplakate zu ent­deck­en waren. Let­ztlich wird es an der Studieren­den­schaft hän­gen, ob der Lehrbe­trieb ein­fach so ablaufen kann- wie auch bish­er in Mil­itärgeschichte geschehn- oder ob Protest sicht­bar wird und bleibt.

Fre­itag fand die offizielle Ein­führung des Stu­di­en­ganges statt. Zahlre­iche Uni­formträger kamen ange­fahren- auch im Bun­deswehrauto- um die bish­er 15 Studienanfänger_innen zu begrüßen.Dies kon­nte erfol­gre­ich gestört wer­den, ein net­ter Bericht über die Störak­tion find­et sich bei https://inforiot.de?topic=news&article_id=13090
Am Mon­tag wird der Lehrbe­trieb dann los­gehn, das Vor­lesungsverze­ich­nis, Lehrende und alles weit­ere find­et sich auf www.militarystudies.de
Gön­nen wir ihnen keine Ruhe! Nicht in Pots­dam und nicht ander­swo! Bun­deswehr raus-überall! 

Kon­takt: nomilitarystudies@web.de

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