Potsdam - In Potsdam eskaliert die Gewalt zwischen rechtsextremen und linken Gruppen. Wie erst gestern bekannt wurde, haben am Sonntag fünfzehn Rechtsextreme aus Potsdam und Berlin in der Friedrich-Ebert-Straße zwei offensichtlich Linke brutalst überfallen und mit Flaschen krankenhausreif geschlagen. Eines der 24- und 25-jährigen Opfer wird noch immer im Klinikum Ernst von Bergmann behandelt und war zunächst nicht vernehmungsfähig. Die Potsdamer Polizei hat – wie ebenfalls erst gestern bekannt wurde – vor zwei Wochen wegen der zunehmenden Eskalation der „politisch motivierten Straftaten“ eine Sonderermittlungsgruppe eingesetzt. In der SoKo „Potsdam“ arbeiten unter Federführung der Staatsschutzabteilung des Polizeipräsidiums elf Kriminalisten. Außerdem sind permanent bis zu 30 Beamte der Landeseinsatzeinheit LESE in der Stadt im Einsatz. Besonders an den Wochenenden und in so genannten Schwerpunktzeiten sind LESE-Beamte und andere zusätzliche Polizisten in Zivil bzw. Uniform unterwegs. Die Staatsschutzabteilung der Polizei und der Verfassungsschutz schließen nach PNN-Informationen nicht mehr aus, dass eine neue Spirale der Gewalt in der Landeshauptstadt in Gang gesetzt worden ist. Besonders die Rechten würden in Potsdam immer offener auftreten und seien eng mit der Berliner Szene verbunden. „Das hat eine neue Stufe erreicht“ sagte ein Ermittler gestern den PNN. Ralf Marschall, Schutzbereichsleiter der Polizei in Potsdam sagte den PNN: „Das zeugt von einem neuen Selbstbewusstsein der Rechten.“ Ein anderer Ermittler: „Es ist eine absolut neue Qualität in die Auseinandersetzungen gekommen.“ Bisher seien rechte und linke Gruppen meist am Rande von Veranstaltungen wie dem Schlaatz-Fest oder der Babelsberger Live-Nacht aneinander geraten. „Jetzt machen sie gezielt Jagd“, so der Ermittler gegenüber den PNN. Die Ermittler schließen nicht aus, dass es sich bei dem Überfall vom Sonntag um einen Racheakt der Rechten handelt – vor knapp zwei Wochen hatten nach bisherigem Ermittlungsstand vier bis fünf Linke einen rechtsextremen Jugendlichen vor dem Cafe Heider überfallen und mit einem Totschläger verletzt. Das Potsdamer Amtsgericht hatte daraufhin Haftbefehl gegen vier mutmaßliche Täter wegen versuchten Mordes erlassen. Dass gegen die fünf bislang festgenommen rechtsextremen Schläger vom Wochenende von der Staatsanwaltschaft lediglich wegen „gefährlicher Körperverletzung“ ermittelt wird, ärgert selbst erfahrene Ermittler. Im internen „Lagefilm“ der Polizei, in dem alle Straftaten registriert werden, war von „Verdacht des versuchten gemeinschaftlichen Mordes“, „besonders schweren Falls des Landfriedensbruchs“ und „gefährlicher Körperverletzung“ die Rede. Gestern war vom Mordversuch bei den rechten Tätern keine Rede mehr. Bei Staatsanwaltschaft und Polizei herrschte gestern auch absolutes Unverständnis darüber, dass der zuständige Richter am Amtsgericht Potsdam die Haftbefehle gegen die Beschuldigten außer Vollzug gesetzt hat. Die meisten seien bereits wegen rechter Straftaten bekannt. In Potsdams Innenstadt demonstrierten gestern spontan rund 100 Linke.
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