Wir demonstrieren heute hier in der Landeshauptstadt, weil hier der Sitz der Landesregierung ist. Hier werden die Entscheidungen gefällt, wie die Aufnahme und Versorgung der Geflüchteten organisiert wird, die in Brandenburg leben. Auch hier in Potsdam müssen viele Geflüchtete noch in Sammelunterkünften wohnen, auch wenn sie schon ein Bleiberecht haben. Wir wollen Wohnungen für alle.
Der Kampf um die Abschaffung der Sammelunterkünfte ist hier fast so alt, wie die Unterkünfte selbst. Schon seit Jahrzehnten engagieren sich Menschen in Potsdam dafür, diese Einrichtungen aufzulösen. Denn auch schon vor Corona war klar, dass das Leben dort ein beengtes, bevormundetes, eingeschränktes und belastendes ist. Und auch wenn jetzt immerhin die Hälfte der Geflüchteten hier schon in Wohnungen und Wohnungsverbünden etwas selbstbestimmter wohnen kann, bleibt für die andere Hälfte das Lagerleben Realität.
Solange wir uns erinnern können, argumentiert die Politik in Potsdam, dass Wohnungen knapp sind – vor allem die preiswerten Wohnungen. Angeblich seien einfach nicht genug Wohnungen da. Und tatsächlich müssen sich um die wenigen mietpreisgebundenen Wohnungen für WBS-Inhaber_innen ALLE streiten, deren Einkommen mit den Mietentwicklungen in der Stadt nicht Schritt halten kann. Das betrifft Alleinerziehende, Rentner_innen, kinderreiche Familien, prekär Beschäftigte – und auch Geflüchtete. All diese Menschen müssen versuchen, eine der wenigen preiswerten Wohnungen zu bekommen.
Hier geraten alle ärmeren Bevölkerungsgruppen in Konkurrenz zueinander, während immer mehr Luxuswohnungen gebaut werden. Eine wachsende Menge von Menschen mit niedrigem Einkommen steht also einer schrumpfenden Menge bezahlbaren Wohnraums gegenüber. Da läuft doch was schief!
Wer schon einmal versucht hat, eine WBS-Wohnung zu bekommen, weiß: Das ist fast unmöglich. Dieser Zustand ist Ergebnis einer jahrelangen Politik hier in Potsdam:
Sie hat die gemeinnützige Wohnraumversorgung aufgegeben. Sie hat kommunale Wohnungen privatisiert. Sie hat Immobilieninvestoren angelockt. Und sie hat die Stadt immer weiter kommerzialisiert – während die Arbeitsverhältnisse immer prekärer geworden sind.
In den letzten Jahren wurden in Potsdam ganz viele Wohnungen neu gebaut. Aber leider kaum von der städtischen ProPotsdam. Deren Anteil am Wohnungsmarkt ist auf unter 20 Prozent gefallen. Stattdessen bauen hier die privaten Investoren, deren Anteil immer weiter steigt. Zwar baut auch die kommunale ProPotsdam – aber vor allem teure Wohnungen. Denn die sollen ja Gewinn abwerfen.
Deswegen glauben wir nicht, dass es angeblich in all den Jahren nicht möglich war, Alternativen zu den Sammelunterkünften zu schaffen. Das wird klar, wenn wir in andere Landkreise und kreisfreie Städte in Brandenburg schauen. Dort ist die Lage auf dem Wohnungsmarkt deutlich entspannter. Durch jahrelange Schrumpfung stehen sogar Wohnungen leer. Trotzdem gibt es dort weiterhin Sammelunterkünfte. Und Geflüchtete werden nicht dezentral in Wohnungen untergebracht – obwohl das Brandenburger Integrationskonzept das vorsieht.
Wir wollen eine Stadt für alle. Wir fordern eine sofortige Wende in der Wohnungspolitik:
Städte wie Potsdam dürfen nicht länger den Privatinvestoren den roten Teppich ausrollen und noch die letzten Flächen verkaufen. Stattdessen müssen städtische und gemeinnützige Wohnungsunternehmen Wohnraum schaffen – und zwar bezahlbare Wohnungen für alle: für Geflüchtete genauso wie für hier Aufgewachsene.
Für ein Recht auf Wohnen für alle,
und vor allem: People bevor Profits – alle Lager auflösen!