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Potsdam: Polizei räumt besetzte Skaterhalle

Hen­ri Kramer

Rüdes Ende ein­er spon­ta­nen Haus­be­set­zer­par­ty: Am Son­ntag­mor­gen hat die Polizei eine nicht genehmigte Diskothek in der ehe­ma­li­gen Skater­halle am Palais Licht­e­nau aufgelöst und dabei drei junge Pots­damer vor­läu­fig festgenom­men. Der gestern zuständi­ge Leit­er der Wache-Mitte bestätigte den Ein­satz, der wegen „ruh­estören­den Lärms“ aus­gelöst wor­den sei.

Die Tanz-Par­ty mit zwis­chen­zeitlich rund 250 Gästen fand nach ein­er der größten Demon­stra­tio­nen von Pots­dams links-alter­na­tiv­er Szene der ver­gan­genen Jahre statt. Am Sam­sta­gnach­mit­tag waren knapp 1500 junge Pots­damer friedlich durch die Innen­stadt gezo­gen, um für mehr kul­turelle Freiräume zu demon­stri­eren. Das Gelände der Skater­halle an der Kur­fürsten­straße hat­te die Stadt jüngst an die adlige Eigen­tümerin des angren­zen­den Palais Licht­e­nau verkauft. Nach­dem Abriss soll dort ein Park entste­hen. Bis diesen Herb­st hat­ten die Wild­wuchs-Street­work­er die Halle genutzt.

Nach dem Ein­satz gibt es nun heftige Kri­tik am Ver­hal­ten der Polizei, die mit knapp 100 Beamten der 24. Ein­satzhun­dertschaft aus Berlin vor Ort gewe­sen sein soll. Viele Pots­damer Polizis­ten waren am Woch­enende beim Cas­tor-Trans­port einge­set­zt, weswe­gen zuvor schon ein Heim­spiel des SV Babels­berg 03 aus Sicher­heits­grün­den ver­legt wurde.

Ein detail­liertes Gedächt­nis­pro­tokoll stammt von Lutz Boede von der Wäh­lerge­mein­schaft Die Andere, der fünf Uhr mor­gens informiert wurde und zur Halle lief. „Ich ver­suchte zwis­chen Polizei und den Gästen der Feier zu ver­mit­teln. Die Musik wurde sofort abgestellt, die Anlage bin­nen 10 Minuten abge­baut“, sagte Boede. So hätte es nicht ein­mal mehr eine Ord­nungswidrigkeit gegeben, die hätte unter­bun­den wer­den kön­nen. Zudem hät­ten Polizis­ten einzelne Anwe­sende als „Schwuch­tel“ beschimpft und ihre Dien­stausweise nicht vorgezeigt. Während die let­zten 50 Par­ty-Teil­nehmer das Gelände ver­ließen, seien die Polizis­ten plöt­zlich auf das Grund­stück gestürmt und hät­ten geschla­gen und geschub­st. „Mit der Her­stel­lung der Nachtruhe hat­te das nichts zu tun – hier tobten Hooli­gans in Uni­form per­sön­liche Defizite aus“, so Boede. Mehrere Men­schen seien ver­let­zt wor­den, ein Kranken­wa­gen war im Einsatz.

Ähn­liche Schilderun­gen macht­en weit­ere Zeu­gen des Vor­falls. „Wir verurteilen das über­zo­gene Vorge­hen“, sagte Tamás Ble­nessy, Sprech­er des All­ge­meinen Studieren­de­nauss­chuss­es der Uni­ver­sität Pots­dam. Von dem Stu­den­ten-Gremi­um waren fünf Mit­glieder vor Ort. „Die Polizis­ten hat­ten sichtlich schlechte Laune, weil sie mit­ten in der Nacht aus Berlin anrück­en mussten“, sagte ein ander­er Zeuge. Die Polizei hätte zudem selb­st gestellte Vor­warnzeit­en mis­sachtet. Die Berlin­er Polizei will sich heute zu dem Vor­fall äußern, sagte ein Sprech­er der Behörde.

Aufgerufen zu der Par­ty in der Skater­halle hat­te unter anderem der Spar­ta­cus e.V., der seit Monat­en einen Innen­stadt-Ersatz für das geschlossene Spar­ta­cus-Jugend­haus ver­langt. Diese Forderung war auch ein The­ma der Sam­stags- Demon­stra­tion unter dem Mot­to „Freiräume statt Schlossträume“. Seit Monat­en steckt Pots­dams alter­na­tive Soziokul­tur in der Krise. So dro­ht dem Archiv-Zen­trum in der Leipziger Straße die Schließung. Angesichts dessen forderten die Demon­stran­ten neue Beset­zun­gen und mehr Druck auf die Stadtpolitik.

Eine gute Nachricht für die Szene gab es allerd­ings aus der Babels­berg­er Uhland­straße 24: Zwölf Bewohn­er haben den Kaufver­trag für das Haus unter­schrieben, der Preis soll bei 230 000 Euro liegen. „Wir haben die bit­tere Kröte geschluckt“, sagte Sprech­er Eric Blume. 1994 hat­te die Stadt das Haus als Ersatz für geräumte Häuser zur Ver­fü­gung gestellt, 1999 wurde es an eine Erbenge­mein­schaft zurück über­tra­gen, die gegen die Bewohn­er gerichtlich vorg­ing. „Die Hil­fe der Stadt für uns war spär­lich“, kri­tisierte Blume.

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