Potsdam — Wenn sich heute die rechtsextreme NPD mit ihren Anhängern zu einer Demonstration versammelt, dann wollen die Potsdamer nicht abseits stehen.
Tausende Bürger wollen heute gegen den geplanten NPD-Umzug in der Landeshauptstadt demonstrieren und Gesicht zeigen gegen nationalistische Hetzparolen und fremdenfeindliche Hasstiraden. «Potsdam bekennt Farbe! Gemeinsam für Toleranz, Gewaltfreiheit und ein friedliches Miteinander» heißt das Motto der Demonstration, zu der die Stadtverwaltung aufgerufen hat. Das Echo ist groß. Mehr als 100 Verbände, Parteien, Institutionen und Einzelpersonen des öffentlichen und politischen Lebens haben den Aufruf inzwischen unterzeichnet.
Am gestrigen Abend lehnte der 4. Senat des Brandenburger Oberverwaltungsgerichts in Frankfurt/O. die Beschwerde des Polizeipräsidiums gegen die NPD-Versammlung ab. Sie darf heute stattfinden. Das Motto der Kundgebung «Schluss mit der Masseneinwanderung russischer Juden, Deutschland uns Deutschen» begründe nicht die Gefahr der «Begehung von Straftaten». Weiter erklärten die Richter in ihrem Beschluss: Von einer Strafbarkeit des mehrdeutigen Mottos könne vor dem Hintergrund des verfassungsmäßigen Schutzes der freien Meinungsäußerung nicht ausgegangen werden.
Damit erteilte das Gericht der Rechtsauffassung des Potsdamer Polizeipräsidenten Bruno Küpper eine Abfuhr. Küpper hatte seine Verbotsanordnung vor allem auf das seiner Ansicht nach fremdenfeindliche Demonstrationsmotto gestützt. Die Richter aber haben das grundgesetzlich verbürgte Demonstrationsrecht und das Recht auf freie Meinungsäußerung des Berlin-Brandenburger NPD-Landesverbandes höher gewertet als die Möglichkeit, dass durch das Motto der Straftatbestand der Volksverhetzung erfüllt sein könnte.
Das Polizeipräsidium rechnet mit einer Teilnehmerzahl von bis zu 10 000 Menschen auf der Gegenveranstaltung.
«Wir müssen Zivilcourage zeigen», findet zum Beispiel Kurt Schönrock, Rentner aus Potsdam, der sich der Demo anschließen will. Als «Skandal», bezeichnete gestern Egbert Jäckel, 46-jähriger Angestellter aus Potsdam die Genehmigung. «Nicht genug, dass wir den braunen Aufmarsch hier dulden müssen und dann noch dieser offene Antisemitismus.» Er werde sich der friedlichen Gegenprotestbewegung «selbstverständlich» anschließen. Ins gleiche Horn stieß auch Hannelore Schwinzer, Mitarbeiterin der Potsdamer Stadtverwaltung, die es als «unerträglich bezeichnete, dass Richter die braunen Truppen in Potsdam marschieren lassen». Aber deshalb untätig bleiben, sich wegducken? «Nein», sagte sie entschlossen, «ich werde dabei sein bei der Gegendemo». Genauso wie Hendryke Hüneke, Studentin aus Potsdam. «Die Toleranz hat ihre Grenze dort, wo die Intoleranz der anderen beginnt», sagte sie.
Im Präsidium der Potsdamer Polizei haben sich Führungsstab und Beamte auf einen Großeinsatz vorbereitet. Sprecher Sonntag wollte zwar keine Zahlen zu den eingesetzten Beamten nennen, betonte aber, dass die erwarteten 500 NPD-Sympathisanten mit massiven Kontrollen schon bei der Anreise zu rechnen hätten.