Im Land nur hier rituelle Begräbnisse
Jüdischer Friedhof: Anschlag ungeklärt
POTSDAM Der beißende Brandgeruch ist längst verflogen, der Ruß von den Wänden entfernt und feuerfeste Türen schützen den Raum: Ein Jahr nach dem Brandanschlag auf die Trauerhalle des jüdischen Friedhofes in Potsdam sind die äußerlichen Schandmale zwar beseitigt, doch die Erinnerung an diesen Januartag 2001, als vermutlich rechtsextreme Täter das Tor der Halle mit einem Brandsatz schwer beschädigten, ist bei vielen Gemeindemitgliedern noch präsent.
“Allerdings wird die Angst vor weiteren Anschlägen verdrängt durch aktuelle Probleme”, sagt der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde in Potsdam, Nikolai Epchteine.
Noch keine Synagoge
So habe die Gemeinde mit mehr als 350 Mitgliedern noch immer keine Synagoge und es gebe weiter keinen Staatsvertrag zwischen der Jüdischen Gemeinde Brandenburg und der Landesregierung. “Nur mit einem solchen Staatsvertrag könnten wir finanzielle Sicherheit für unsere Arbeit bekommen”, betont Epchteine. Vor lauter Geldmangel weiß die Potsdamer Gemeinde nach seinen Worten beispielsweise nicht, wie sie die Miete für ihr Kulturzentrum zahlen soll und wie den Mitgliedern durch mehr Sozialarbeiter stärkere Hilfe bei der Integration geboten werden kann. “Die Stadt weiß um diese Probleme und will uns helfen, aber die Verhandlungen laufen langsam.
Friedhof gehört nicht der Potsdamer Gemeinde
Und dann ist da noch das Problem mit eben dem Friedhof, der vor einem Jahr auf so erschreckende Weise geschändet wurde. Denn der gehört laut Epchteine nicht der Potsdamer Gemeinde, sondern dem Landesverband. “Dabei ist ein Friedhof das wichtigste Zeichen dafür, dass eine Gemeinde existiert, noch vor der Synagoge.
Wie eine Übertragung an die Gemeinde möglich ist, könne er allerdings nicht sagen. “Sie wäre aber sehr wichtig für uns.
Der Friedhof ist den Angaben nach der einzige unter den rund 60 jüdischen Friedhöfen im Land, auf dem rituelle Beerdigungen möglich sind. Deshalb sei diese feige und heimtückische Tat besonders perfide, sagte damals die beim Anblick der beschädigten Holztür erschütterte Kulturministerin Johanna Wanka (CDU). Es war für sie daher selbstverständlich, unbürokratisch zu helfen.
Gemeinsam mit der Stadt hatte das Land die Kosten von 13 293 Euro (26 000 Mark) für die Reinigung der Halle und eine neue Brandschutztür übernommen.
“Die Jüdische Gemeinde hat weiterhin die volle Unterstützung durch das Land”, versicherte Wanka. Nach Meinung von Epchteine erhält die Gemeinde im Kampf gegen antisemitische Übergriffe alle notwendige Hilfe von Land und Stadt. “Wir fühlen uns relativ sicher, aber alle gesellschaftlichen Kräfte müssen sich dafür engagieren, dass keine rassistischen Anschläge auf Personen oder Objekte geschehen.” Die Suche nach den Tätern vom 8. Januar 2001 dauert unterdessen an. “Es gibt aber noch keine neuen Erkenntnisse”, sagte der Sprecher der Bundesanwaltschaft, Hartmut Schneider.
Begräbnisstätte mit langer Tradition
Der jüdische Friedhof am Potsdamer Pfingstberg, der im 18. und 19. Jahrhundert noch Judenberg hieß, hat eine lange Tradition: Bereits 1743 fand dort die erste Beerdigung statt. In der Pogromnacht von 1938 plünderten Nazis die 1910/1911 errichtete Trauerhalle und versuchten, das benachbarte Wärterhaus anzuzünden.
Zu DDR-Zeiten verfiel die Friedhofsanlage nach und nach — die Trauerhalle diente zeitweise als Sarglager. In den 90er Jahren wurden Gebäude und Gelände in Stand gesetzt.