Potsdam — In der Visa-Affäre um den früheren Brandenburger
Konversionsbeauftragten Helmut D. rechnen die Ermittler “noch vor Ostern”
mit einem ersten Zwischenergebnis. “Bis dahin wird die Prüfung der
Unterlagen abgeschlossen sein, die von der Staatskanzlei übergeben und bei
D. sichergestellt wurden”, sagte Oberstaatsanwalt Frank Winter am Mittwoch
dem Tagesspiegel. Winter leitet die neue Anti-Korruptionseinheit von
Staatsanwaltschaft und Landeskriminalamt, die den Fall untersucht.
Wie berichtet, wird dem inzwischen vom Dienst suspendierten Referatsleiter
der Staatskanzlei vorgeworfen, zwischen August 2002 und Januar 2005 im Namen
des Landes Brandenburg 58 fingierte Einladungen an Ukrainer ausgesprochen zu
haben. Diese erhielten daraufhin von der Deutschen Botschaft in Kiew
Einreise-Visa. Nach Auskunft von Winter gibt es in mindestens vier Fällen
deutliche Hinweise, dass die Eingereisten sich nach West€pa abgesetzt
haben. In sechs weiteren Fällen bestünden “Anhaltspunkte, dass keine
Rückkehr in die Ukraine erfolgt ist”.
Schwerpunkt der Ermittlungen sei der Verdacht eines Verstoßes gegen das
Ausländergesetz, so Winter. Der Verdacht der Bestechlichkeit habe sich
bislang nicht erhärtet. “Wir haben keine Hinweise, dass Geld geflossen ist.”
Der Oberstaatsanwalt bestätigte, dass gegen D. auch wegen möglicher Untreue
ermittelt wird. Der Grund: Der Einladende, in diesem Fall das Land, haftet
unter anderem für Krankenhausaufenthalte oder Abschiebekosten.
Nach Auskunft von Winter soll nach Sichtung der Unterlagen entschieden
werden, ob und welche Zeugen vernommen werden beziehungsweise ob weitere
Prüfungen notwendig sind. Das Motiv von D. gibt den Ermittlern nach wie vor
Rätsel auf. Winter bestätigte, dass der Referatsleiter trotz einer
schriftlichen Nachfrage der Deutschen Botschaft in Kiew seine
Einladungspraxis fortgesetzt hat. Das ist der Grund, weshalb die Ermittler
auch eine mögliche Erpressung in Erwägung ziehen. Winter: “Das ist eine
kriminalistische Hypothese, konkrete Anhaltspunkte haben wir nicht.” Auch
auf einen nachrichtendienstlichen Hintergrund gibt es keine Hinweise. Mit
organisierter Schleuserkriminalität sei der Fall des 62-jährigen D. “nicht
vergleichbar”, betonte der Oberstaatsanwalt.