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Potzlow-Prozess: Plötzlicher Zeuge ohne Gewicht

NEURUPPIN Ein über­raschend aufge­tauchter Zeuge, der vor­gab, brisante Details zum Pot­zlow-Prozess um den Mord an Mar­i­nus Sch. aus­sagen zu kön­nen, hat diesen zwar verzögert, aber inhaltlich nicht beeinflusst. 

Der 26-jährige, derzeit im Gefäng­nis Berlin-Tegel inhaftierte Enri­co H. behauptete gestern vor dem Neu­rup­pin­er Landgericht, dass der Angeklagte Mar­co Sch. bere­its im Som­mer 2000 an einem Bade­see bei Tem­plin davon gesprochen habe, Mar­i­nus Sch. umbrin­gen zu wollen. Die tat solle mit dem soge­nan­nten „Bor­d­stein­kick“ aus dem Film „Amer­i­can His­to­ry X“ ihr tödlich­es Ende find­en. Ange­blich anwe­sende Zeu­gen kon­nte H. nicht nennen. 

Rich­terin Ria Bech­er hat­te gestern den Mann bere­its vor dessen Aus­sage mehrfach außergewöhn­lich ein­drück­lich gewarnt: „Ihr Angaben müssen der Wahrheit entsprechen!“ Im Laufe sein­er Vernehmung ver­strick­te sich der Mann immer heftiger in Wider­sprüche. So sagte er, dass der Mar­co Sch. belas­tende Satz auch erst im Som­mer 2001 gefall­en sein könne. Die Vertei­di­gung kon­fron­tierte den Zeu­gen mit dem Fakt, dass Mar­co Sch. in bei­den Som­mern – 2000 und 2001 – inhaftiert gewe­sen sei. 

Die nochmals notwendi­gen Plä­doy­ers blieben bezüglich der Straf­maße unverändert. 


Das Geheim­nis mit ins Gefäng­nis genommen

Brisante Zeu­ge­naus­sage kaum glaubhaft

NEURUPPIN Warum diese Show vor Gericht? Warum diese offen­sichtlich erfun­de­nen Aus­sagen? Auch Staat­san­wältin Eva Hoffmeis­ter schien gestern rat­los, weshalb der Zeuge Enri­co H. der­art leicht Wider­leg­bares aus­sagte: „Ich weiß es nicht, fra­gen sie ihn selb­st.“ Das war nicht mehr möglich. Der aus­ge­sprochen selb­st­be­wusst wirk­ende Häftling war bere­its wieder auf dem Weg in Gefäng­nis Berlin-Tegel. Dahin nahm er sein Geheim­nis mit, was ihn dazu bewogen hat, mit seinen Aus­sagen den Prozess um den Mord an Mar­i­nus Sch. um einen Prozesstag zu verlängern. 

Dabei hätte die Aus­sage des 26-Jähri­gen dur­chaus brisant sein kön­nen. Immer­hin behauptete er, dass mit Mar­co Sch. ein­er der drei Angeklagten bere­its im Som­mer 2000 den Mord an Mar­i­nus Sch. nach Vor­bild des Bor­d­stein­kicks aus dem Film „Amer­i­can His­to­ry X“ angekündigt habe. Hätte diese Aus­sage den Nach­fra­gen der Prozess­beteiligten standge­hal­ten, wäre nahe zu leg­en gewe­sen: Der Mord war ein­schließlich grausamer details langfristig geplant. 

Doch der Angeklagte, der mit mil­itärisch-zack­igem Ja und Nein sowie ein­er fes­ten, laut­en Stimme antwortete, ver­strick­te sich immer stärk­er in Ungereimtheit­en. Mal sollen die belas­ten­den Worte im Som­mer 2000 gefall­en sein, mal 2001. Mal habe er Mar­co Sch. gese­hen, mal nur dessen ange­bliche Hak­enkreuz-Tätowierung auf dem Rück­en. Dann wieder sei ihm alles nur in Gesprächen zuge­tra­gen wor­den. Schließlich räumte er ein: „Es kann sein, dass in einem gewis­sen Maß eine Ver­wech­slung vorliegt.“ 

Weit­ere Aus­sagen blieben eben­so halt­los. So will er Mar­i­nus Sch. selb­st an ein­er „Frit­ten­bude in Tem­plin beim Mit­tagessen“ ken­nen gel­ernt haben. Dabei soll dieser bestätigt haben, dass ihm Mar­co Sch. aus dem Gefäng­nis her­aus wegen ein­er früheren Aus­sage vor Gericht bedro­he. Den Neu­rup­pin­er Prozess-Beteiligten ist hinge­gen nichts darüber bekan­nt, dass Mar­i­nus jemals gegen Mar­co Sch. aus­sagen musste. 

Die Vor­sitzende Rich­terin Ria Bech­er schien ihren Ärg­er über diese Art von Prozessverzögerung kaum zurück­hal­ten zu kön­nen. „Sie haben eine etwas merk­würdi­ge Vorstel­lung von dem, was hier läuft. Hier geht es um Tat­sachen, nicht um Ver­mu­tun­gen!“, gab sie dem zeu­gen in ungewöhn­lich schar­fem Ton zu ver­ste­hen. Der hat­te in der Tat – obwohl er bere­its als Täter mehrfach Gericht­ser­fahrung sam­meln kon­nte – eine sehr eigene Ansicht, wie ein Gerichtsver­fahren ver­läuft. „Ich denke, dass das hier keine Rolle spielt!“, wich er der Auf­forderung aus, erwäh­nte Zeu­gen namentlich zu nenne, die seine Aus­sagen bestäti­gen könnten. 

Die Vertei­di­gung lies es sich nicht nehmen, den Zeu­gen verei­di­gen zu lassen. Obwohl dieser nochmals Bedenkzeit bekam, blieb er bei seinen Aus­sagen: „Ich schwöre es!“ Soll­ten sich diese drei Worte als Meineid her­ausstellen, muss er mit einem Jahr Frei­heit­sentzug rechnen. 

Das für gestern geplante Urteil gegen die drei Angeklagten wird nun am 24. Okto­ber erwartet.

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