06.11.02
Stadt verbietet Nazi-Aufmarsch zum Jahrestag der Pogromnacht
OB stellt sich an die Spitze der Gegenbewegung
Hoyerswerda.
Die Stadt Hoyerswerda hat einen geplanten Aufmarsch rechter Demonstranten am 9. November untersagt. “Die Verbotsverfügung ist raus ” , erklärte Rathaussprecher Sandro Fiebig gestern. Zwar könne das Verbot durch den Antragsteller Enrico Kehring, laut Verfassungsschutz ein einschlägig bekannter Kopf der rechten Szene in Sachsen, theoretisch aufgehoben werden. “Aber wir gehen davon aus, dass das Verbot Bestand hat ” , so Fiebig. Gleichzeitig stellen sich die Stadtoberhäupter an die Seite der Nazi-Gegner, die für den 9.November eine Gegendemonstration angemeldet hatten (die RUNDSCHAU berichtete). “Wenn wider Erwarten die Gerichte das Verbot aufheben, dann wird sich die politische Führung auf Seiten derer engagieren, die für Akzeptanz und gegen Gewalt sind ” , erklärte Fiebig. Zu den Unterstützern der Gegendemo gehört laut Mitteilung des “antifaschistischen rechercheteams ostsachsen ” auch die PDS-Landtagsabgeordnete Ingrid Mattern. Inzwischen macht die rechte Szene möglicherweise für eine weitere Aktion in Hoyerswerda mobil. Im Internet-Portal der so genannten Mitteldeutschen Jugendzeitung wird am 17. November (Volkstrauertag) ein Fackelmarsch durch Hoyerswerda angekündigt. Veranstalter soll die “Bewegung Deutsche Volksgemeinschaft ” sein. Hierbei handelt es sich laut Verfassungsschutz um eine Abspaltung der rechtsextremen “Jungen Nationalen ” aus der NPD. Allerdings hat der Verfassungsschutz noch keine Hinweise, dass die Aktion tatsächlich in Hoyerswerda stattfindet. Auch bei der Stadtverwaltung ist ein solches Treffen nicht angemeldet.
05.11.02
“Das macht uns Sorgen ”
Pogromnacht-Jahrestag: Verbot der rechten Demo noch nicht vollzogen/Polizei wartet auf genaue Angaben
Hoyerswerda.
Die von Mitgliedern der rechtsextremen Szene angemeldete Demonstration für den kommenden Samstag, dem Jahrestag der Pogromnacht, und die geplante Gegendemo in Hoyerswerda bereiten der Polizei Kopfzerbrechen: “Das macht uns Sorgen ” , bestätigte gestern Peter Bergmann, Sprecher der Polizeidirektion. Der Grund: “Wir wissen nichts Genaues. ” Bergmann hofft, dass spätestens Donnerstag “Klarheit herrscht ” . Auf jeden Fall seien “zusätzliche Kräfte geplant ” . Sollten beide Veranstaltungen stattfinden, müsse mit einer Hundertschaft der Bereitschaftspolizei gerechnet werden. Wie Stefan Skora (CDU), der auch für Ordnung und Sicherheit zuständige Bürgermeister von Hoyerswerda, am Montag erklärte, sei die von Oberbürgermeister Horst-Dieter Brähmig (PDS) im jüngsten Stadtrat angekündigte Verbotsverfügung der rechten Demonstration noch nicht auf seinem Tisch. Sie werde den Nieskyer Anmelder der Veranstaltung aber “rechtzeitig ” , spätestens Mittwoch, zugestellt, so Skora. Das Verbot soll ausgesprochen werden, weil “wir berechtigte Zweifel haben, dass Ordnung und Sicherheit gewährleistet werden können ” . Die von jenem Nieskyer als Kopf einer angeblichen “Lausitzer Arbeitsloseninitiative ” unter dem Motto “Gegen Arbeitslosigkeit für soziale Gerechtigkeit ” angekündigte Veranstaltung werde wohl mehr als die in der Anmeldung avisierten 30 Teilnehmer haben, so die Befürchtung der Stadt. “Wir rechnen mit mehr ” , bestätigte Stefan Skora. Hinter jener Initiative stecken zweifelsfrei Neonazi-Gruppierungen. Auf einschlägigen Internet-Seiten wird auf die Veranstaltung am 9. November aufmerksam gemacht, Start soll angeblich um 13 Uhr am Neustädter Bahnhof sein. Die daraufhin von Hoyerswerdaern angemeldete Gegendemonstration “Gemeinsam gegen rechte Gewalt und für mehr Akzeptanz ” könnte zwischen 100 und 300 Teilnehmer zählen, bestätigte Bürgermeister Skora die Angaben der Veranstalter. Sollte es zu beiden Demonstrationen kommen etwa weil per Gerichtsentscheid ein ausgesprochenes Verbot aufgehoben wird dann würde die Stadt als Ordnungsbehörde dafür sorgen, “dass beide Veranstaltung zeitlich und räumlich voneinander getrennt stattfinden ” , so Stefan Skora. Genaue Wegstrecken seien jedoch noch nicht festgelegt. Eines stehe aber bereits fest: “Es wird keine Abschluss-Kundgebung der Gegendemonstranten auf dem Markt in der Altstadt geben ” , widersprach der Bürgermeister in der Stadt kursierenden Gerüchten. Ob sich die politische Spitze der Stadt an der Gegendemo beteiligen wird, um nach Leipziger Vorbild ein Zeichen gegen Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit zu setzen, das werde sicher auf der heutigen Dienstberatung diskutiert, sagte gestern Stefan Skora.