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Pressemitteilung des Flüchtlingsrates zur “Denkzettelverleihung”

21. März 1960: 69 Men­schen ster­ben bei ein­er friedlichen Demon­stra­tion in Sharpville,
Südafri­ka, durch die Maschi­nengewehrsal­ven der weißen Gewaltherrschaft. 1969 erk­lären die
vere­in­ten Natio­nen diesen Tag zum „Inter­na­tionalen Tag zur Über­win­dung von Ras­sis­mus“. Der
Flüchtlingsrat Bran­den­burg vergibt seit 1997 zu diesem Tage den DENKZETTEL für
sys­tem­inter­nen und struk­turellen Ras­sis­mus in Bran­den­burg­er Behör­den und Ämtern.
Der diesjährige DENKZETTEL für struk­turellen und sys­tem­inter­nen Ras­sis­mus geht an:
Frau Ilona Unger, Rich­terin am AG Frank­furt (Oder) und
Her­rn Bernd Frost, Richter am AG Eisenhüttenstadt
für ihre Entschei­dung, Mut­ter und Kinder durch Inhaftierung der Mut­ter zu trennen.
Die Mut­ter ist gemein­sam mit ihren Kinder Anfang des Jahres nach Deutsch­land ein­gereist und
dabei ver­haftet wor­den. Sie wurde von ihren Kindern getren­nt und in die Abschiebungshaft
Eisen­hüt­ten­stadt gebracht. Die Kinder kamen in eine Jugen­dein­rich­tung für unbegleitete
Min­der­jährig in Fürsten­walde. Völ­lig ver­stört weinen die Kinder, kön­nen nicht schlafen und nicht
essen, bericht­en die Sozialar­beit­er aus der Ein­rich­tung. Die bei­den Richter aber kom­men zu der
Überzeu­gung, dass das Inter­esse des deutschen Staate­san der Zurückschiebung nach Polen um
jeden Preis durchzuset­zen sei- auch wenn damit gegen das Grun­drecht­es auf Fam­i­lie (Art. 6 GG)
ver­stoßen wird. „Diese Grun­drechte müssen jedoch für alle gle­icher­maßen gel­ten! Es darf nicht
in Kauf genom­men wer­den, dass auf­grund eines bürokratis­chen Ver­fahrens das gesundheitliche
und psy­chis­che Wohl der Kinder durch eine Tren­nung gefährdet wird.“, so Judith Gleitze vom
Flüchtlingsrat Brandenburg. 

Auch das Landgericht Frank­furt (Oder) ist dieser Ansicht: „Die
Haf­tanord­nung des AG EH stellt einen Ein­griff in den Schutzbere­ich des Art. 6 GG dar“, die Haft
sei unverhältnismäßig.
Wieder ein­mal wird ver­sucht, Verord­nun­gen und Geset­ze, ohne Rück­sicht auf Men­schen- und
Bürg­er­rechte durchzuset­zen. Struk­tureller Ras­sis­mus führt immer wieder zu ein­er Ungleichheit
zwis­chen ein­er priv­i­legierten Mehrheit, die Zugang zu Recht­en hat, und ein­er Min­der­heit, der
Rechte und Chan­cen oft ver­weigert wer­den. Eine Rückschiebung nach der DUBLIN II –
Verord­nung kann nur Aus­län­derIn­nen tre­f­fen, die auf der Flucht schon ein anderes €päis­ches
Land vor Deutsch­land betreten haben. Die Verord­nung besagt, dass in dieses „Erst­land“
zurück­gekehrt wer­den muss. Die Mut­ter wusste nichts von dieser Verord­nung. Die Richter am
AG Frank­furt (Oder) und Eisen­hüt­ten­stadt haben dem ange­bliche Inter­esse des deutschen
Staates an der Zurückschiebung nach Polen ober­ste Pri­or­ität eingeräumt und haben der
Betrof­fe­nen damit zugle­ich den Zugang zu grundle­gen­den Recht­en ver­weigert: dem Recht auf
Familie.

Auf­grund dieser unmen­schlichen Fam­i­lien­tren­nung ver­lei­ht der Flüchtlingsrat Bran­den­burg den
diesjähri­gen DENKTZETTEL an Frau Unger und Her­rn Frost.

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