Anlass hierfür war ein Aufmarsch von etwa 30 Neonazis im selben Bezirk am 9. November 2011. Seit geraumer Zeit gibt es in Waldstadt massive Probleme durch Einschüchterungsversuche und Übergriffe auf Linke und solche die dafür gehalten werden. Auf diese Situation machte bereits im Spätsommer letzten Jahres eine antifaschistische Demonstration unter dem Motto „wake up“ aufmerksam. Schon damals organisierten sich die Neonazis zunehmend besser, gingen verstärkt in die Öffentlichkeit und nutzten ihr neugewonnenes Selbstbewusstsein, um politischen Gegner_innen das Wohnen in Waldstadt faktisch unmöglich zu machen. Waldstadt entwickelt sich immer mehr zu einer sogenannten „No-Go-Area“, in welcher sich Menschen, die nicht in das neonazistische Weltbild passen, nicht sicher fühlen können.
Auch wenn das Engagement des Bündnisses PbF begrüßenswert ist, müssen wir feststellen, dass es damit nicht getan sein kann. Es ist nicht das erste Mal, dass bürgerliche „Zivilcourage“ zwar gut gemeint, jedoch viel zu spät und verkürzt ankommt. Es verwundert daher nicht, dass die Reaktion der Neonazis auf den Waldstadtspaziergang in einem „Outing“ von (vermeintlich) linken Jugendlichen mündet, denn diese werde als die eigentliche Bedrohung angesehen. Seit mindestens 2002 treten Neonazis hier in Potsdam auch öffentlich, durch Aufmärsche oder Kundgebungen, in Erscheinung. Schon damals war die Taktik der Bürger_innen-Initiativen grundlegend dieselbe wie heute. Es sollen Zeichen „gegen Rechts“ gesetzt werden, die weder effektiv noch zeitnah sind. Mal finden„Toleranzfeste“ weit ab vom Schuss statt oder wie im aktuellen Fall über ein Jahr nachdem das Problem öffentlich gemacht wurde. Erst wenn ein Gesichtsverlust droht und Antifaschist_innen sich des Naziproblems längst angenommen haben, treten die Initiativen in Aktion. Diese Strategie genügt nicht um die Potsdamer Neonazistrukturen zu schwächen oder sie an der Wurzel zu packen. Solange alltäglicher Rassismus und Nationalismus nicht offen kritisiert und gegen verfälschte Geschichtsbilder aus der sogenannten „Mitte“ der Gesellschaft vorgegangen wird, muss sich niemand wundern, wenn „plötzlich aus dem Nichts“ neonazistische Gewalttäter_innen marodierend durch die Städte ziehen.
Die Pressesprecherin des ak_antifa_potsdam sagt dazu: “Deftige Erbsensuppe aus der Gulaschkanone, Tee und Glühwein sind einfach keine probaten Mittel im Kampf gegen neonazistische Strukturen, weder in Potsdam, noch in Halbe oder Jena.“