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Pressemitteilung zur Gedenkkundgebung am 9. November 2006

Der 9. Novem­ber 1918, der Tag an dem die deutsche Repub­lik aus­gerufen wurde, ist der
Tag, der als his­torisches Datum für die Novem­ber­rev­o­lu­tion ste­ht. Diese Revolution
war das Auf­begehren gegen den preußisch deutschen Mil­i­taris­mus. Der Wun­sch nach Brot
und Frieden ließ die Arbeit­er und Sol­dat­en den ersten Weltkrieg auf eigene Faust
been­den. In jen­er Zeit standen sich zwei Seit­en gegenüber: die revoltierenden
Arbeit­er und die Mord­ban­den der Freiko­rps, Keimzellen der späteren
Nation­al­sozial­is­ten. Viele der Rev­o­lu­tionäre von 1919 fan­den sich ab 1933 in den KZ
wieder zum Teil bewacht, gefoltert ermordet von ehe­ma­li­gen Freikorpssöldnern.
Die am 9. Novem­ber 1918 errichtete Repub­lik scheit­erte. Sie scheiterte,weil Militär
und Jus­tiz, Beamte und Bürg­er­tum ihr vom ersten Tag an feindlich geson­nen waren und
im ger­ing­sten Fall keine Hand zu ihrer Vertei­di­gung rührten,doch meis­tens auf ihre
Abschaf­fung hinar­beit­eten. Wir gedenken jen­er Menschen,die ver­sucht­en eine Republik
zu erricht­en, die Demokratie und Frieden ermöglicht. Wir gedenken jen­er, die
deswe­gen von Freiko­rps und Nation­al­sozial­is­ten ermordet wur­den. Wir gedenken ihrer
an diesem Ort, der wie kein zweit­er in Pots­dam für die deutsche Allianz aus
Bürg­er­tum, Mil­itär und tra­di­tionellen Eliten ste­ht, der Allianz der Mörder. 

Der 9. Novem­ber 1938 ist der Tag, an dem der deutsche Anti­semitismus, nach Erlassen
der Nürn­berg­er Geset­ze von 1935, sich als Ver­nich­tungswille des deutschen Mobs
gegenüber allem was ihnen als jüdisch erschien äußerte. Als Vor­wand für die
Ent­ladung des Volk­szorn galt ein Atten­tat auf einen Nazi, mit dem auf die
Abschiebung von 17.000 Juden nach Polen aufmerk­sam gemacht wer­den sollte. In der
Nacht vom 9. auf den 10. Novem­ber zer­störte der Volksmob dann 2.676 Gottes- und
Gemein­de­häuser und 7.500 Geschäfte. In der Nacht selb­st kamen min­destens 400
Men­schen ums Leben, 30.000 Juden wur­den in die KZs Buchen­wald, Dachau und
Sach­sen­hausen verschleppt. 

Und trotz dieser Ereignisse, oder ver­mut­lich eher wegen dieser Ereignisse, wollen
Preußen­lieb­haber am 9. Novem­ber 2006 wieder selb­st­be­wußt und “zu Recht” die
Ver­söh­nung mit der eige­nen Geschichte und mit all jenen, die sie sich als Objekte
der Ver­söh­nung aus­ge­sucht haben, feiern. Massen­mord, Ver­nich­tung durch Arbeit,
Zwangsar­beit, Quälereien und Demü­ti­gun­gen entziehen sich jedoch dem
Ver­söh­nungs­be­griff. Es wäre ver­messen z.B. jüdis­che Men­schen, ehemalige
Zwangsar­bei­t­erIn­nen, Ver­fol­gte auf­grund ihrer sex­uellen Ori­en­tierung oder Sin­ti und
Roma mit diesem Ansin­nen zu kon­fron­tieren, da dies ein­er Rel­a­tivierung und Negierung
der deutschen Ver­brechen gle­ichkommt. Wir wollen nicht aktzep­tieren dass an einem
Ort “Ver­söh­nung” gefeiert wer­den soll, an dem am 21. März 1933 schon ein­mal das Wort
Ver­söh­nung unzwei­deutig fiel- “die Ver­söh­nung des preußis­chen Geistes mit der neuen
Bewe­gung”- zwis­chen Hitler und Bis­mar­ck, am soge­nan­nten Tag von Pots­dam. Wir wollen
deshalb am 9. Novem­ber all jenen gedenken, die nicht in das deutsche Konzept der
Aufar­beitung der Geschichte passen. 

Die Pots­damer Polizei nimmt dazu eine eher frag­würdi­ge Stel­lung ein. Im Rah­men einer
Gedenkver­anstal­tung an Max Dor­tu stellte diese, Mitte diesen Jahres fest, dass
Gedenkver­anstal­tun­gen nicht genehmigt wer­den müssten. Mit willkür­lichen Anrufen bei
Antifaschis­ten ver­sucht die Polizei nun uns davon abzuhal­ten, dass auch wir uns auf
dieses Recht berufen. Man wolle zwar der Ver­samm­lungsleitung am 9. Novem­ber nicht
vor­greifen, aber unser Gedenken könne sich als schwierig erweisen, so der gemeinsame
Nen­ner dieser Tele­fonate. Davon wer­den wir uns allerd­ings nicht abbrin­gen lassen. Am
9. Novem­ber wird um 16.30 an der Bre­it­en Straße, Ecke Dor­tus­traße unser Gedenken an
die Opfer des deutschen Größen­wahns stattfinden.

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