Im Prozeß gegen die mutmaßlichen Täter im Fall Ermyas Mulugeta gibt es bisher kaum brauchbare Zeugenaussagen
Eine lückenlose Aufklärung des rassistischen Überfalls auf den Deutsch-Äthiopier Ermyas Mulugeta wird immer unwahrscheinlicher. Alle Augenzeugen haben mittlerweile im Prozeß um den Fall vor dem Landgericht Potsdam ausgesagt, doch keiner konnte die Täter genau beschreiben. Auch ein am Freitag vernommener 23jähriger hat zwar die Attacke in der Osternacht 2006 in Potsdam gesehen, die Schläger aber nur undeutlich wahrgenommen. Mulugeta selbst kann sich wegen seiner damals erlittenen lebensgefährlichen Kopfverletzungen nicht erinnern.
Die Polizei hat darüber hinaus mit schlampiger Spurensicherung dafür gesorgt, daß eine am Tatort gefundene Blutspur mittels DNA-Analyse möglicherweise nicht brauchbar ist. Die Scherben mit dem Blut hatte ein Streifenpolizist eingesammelt. Spezialisten der Kriminalpolizei kamen dagegen erst mehr als drei Stunden nach der Attacke an den Tatort.
Für die Verteidigung jedenfalls waren die ersten vier Prozeßtage eine Genugtuung. Ihre Mandanten, der wegen gefährlicher Körperverletzung angeklagte Björn L. und der wegen unterlassener Hilfeleistung angeklagte Thomas M., bestreiten, in der fraglichen Nacht überhaupt am Tatort gewesen zu sein. Der Lebensgefährte der Mutter des Hauptangeklagten versicherte am Freitag, Björn L. habe noch gegen Mitternacht im nahen Michendorf zu Hause im Bett gelegen. Mulugeta war gegen 4.00 Uhr morgens niedergeschlagen worden.
Ein ehemaliger Mitgefangener des mutmaßlichen Haupttäters weigerte sich, vor Gericht auszusagen. Die Richter verhängten einen Monat Beugehaft gegen den 28jährigen. Dieser hatte im Sommer einem Amtsrichter erklärt, Björn L. habe im Gefängnis von der Tat erzählt.
Als wichtiges Indiz ist der Staatsanwaltschaft noch der Mitschnitt einer Handy-Mailbox geblieben. Darauf ist zu hören, wie Mulugeta kurz vor der Tat als »Oller Nigger« und »Scheißnigger« beschimpft wird. Die Ermittler ordnen die hohe Stimme dem Hauptangeklagten Björn L. zu, der von Bekannten auch »Pieps« genannt wird. Auch dazu soll noch eine Gutachterin befragt werden.
Nur vage in die Richtung der Anklage ging die Aussage eines Taxifahrers, der während des Angriffes und kurz danach mit seinem Wagen den Tatort passiert hatte. Er gab vor Gericht zu Protokoll, die beiden Täter von hinten gesehen zu haben. Bei der Polizei hatte er während einer Video-Gegenüberstellung Björn L. unter sieben Männern anhand von Statur und Gang wiedererkannt.