(MAZ, 25.03.) Sind die Freien Wähler wie einst die Nazi-Partei NSDAP ein “Totengräber” der Demokratie? Der Vergleich des Vizechefs der Kreis-SPD, Manfred Zoellner,
sorgte für Aufsehen und Empörung. MAZ-Redakteur Frank Pawlowksi sprach mit ihm.
Stephan Schötz von der Unabhängigen Bürgergemeinschaft Köris hat im MAZ-Interview angekündigt, Sie wegen der Aussage verklagen zu wollen. Haben Sie schon Post vom Anwalt bekommen?
Zoellner: Nein, noch nicht. Ich glaube auch nicht, dass da was kommen wird.
Wie kommen Sie darauf, unabhängige Wählergruppen mit den Nazis im Dritten Reich zu vergleichen?
Zoellner: Das ist Ihre Interpretation, gemeint habe ich etwas anderes. Ich
wollte in meinem Leserbrief zum Ausdruck bringen, dass es sehr gefährlich
ist, wenn Leute sich ohne Programm zur Wahl stellen und auch gewählt werden.
Protest ist gut und achtbar, aber damit allein macht man noch keine Politik.
Damit meine ich die Wähler-Allianzen, die zur Landtagswahl antreten wollen,
nicht die Wählergruppen, die bei den Kommunalwahlen angetreten sind.
Sie haben in Bezug auf die Landesliste der Freien Wähler geschrieben: “Wie
viele Wähler wissen eigentlich noch, wie es zum Untergang der Weimarer
Republik kam? Ist wirklich allen bekannt, dass die Nazis nicht die Macht
ergriffen haben, sondern demokratisch gewählt wurden?” Wie interpretieren
Sie selbst diese Aussage?
Zoellner: Ich sagte ja, dass es mir vor allem darum geht, auf die Inhalte zu
schauen. Und die vermisse ich bei den beiden unabhängigen Allianzen noch.
Wenn sie in der Landespolitik mitwirken wollen, müssen sie schon mal sagen,
was sie eigentlich wollen. Das muss ich als SPD-Mann doch auch machen. Es
ist ja durchaus vorstellbar, dass sie eine Fraktion zusammenbekommen und
dann im Landtag auch Verantwortung tragen. Die Formulierungen, die ich im
Leserbrief gebraucht habe, waren sicher provokant. Nicht was den Inhalt
betrifft, sondern die Möglichkeit, dass man sie — wenn man will — in dem
Sinne missverstehen kann, wie Sie es gesagt haben. Es sollte keine
Diffamierung sein. Im Übrigen habe ich den Brief als Bürger geschrieben,
nicht als stellvertretender Vorsitzender der Kreis-SPD.
Macht das einen Unterschied?
Zoellner: Für mich schon.
Bei der Kreistagswahl haben Unabhängige Wählergruppen auf Anhieb sechs Mandate geholt, die SPD hat sieben Sitze verloren. Sind Sie ein schlechter Verlierer?
Zoellner: Nein und ich finde unser Abschneiden auch nicht tragisch, auch
wenn wir uns mehr erhofft haben. Immerhin sind wir noch die stärkste
Fraktion und haben mit der Zählgemeinschaft die Mehrheit im Kreistag. Die
Freien Wähler haben ein achtbares Ergebnis erreicht, das ich auch anerkenne.
Es ist ein Hinweis darauf, dass die etablierten Parteien etwas nicht richtig
gemacht haben und dass wir uns gefälligst um das kümmern, was die Leute
bewegt. Aber im Kreis und in den Gemeinden kommt es eben weniger auf ein
Programm an, sondern vor allem auf Personen, die in der Region bekannt sind.
In der Landespolitik geht das so nicht mehr. Da sollte schon ein Programm da
sein, mit dem man sich auseinander setzen kann. Das ist ja auch für die
Wähler wichtig, die zwischen den Politikangeboten auswählen sollen. Das ist
meine Erwartung an die Freien Wähler auf Landesebene.