Seit Anfang der Woche müssen sich drei Neonazis vor dem Amtsgericht Oranienburg wegen „Störung der Totenruhe“ in der Gedenkstätte des ehemaligen KZ Sachsenhausen verantworten. Sie werden beschuldigt, NPD-Flyer ausgelegt und provoziert zu haben. Weil ZeugInnen fehlten, wurde der Prozess vertagt.
INFORIOT Von den drei Neonazis, die am 15.09. auf der Anklagebank saßen, sind zwei als neonazistische Gewalttäter einschlägig bekannt. Bei ihnen handelt es sich um Pierre Schumann aus Wittstock und Patrick Schulz aus Leegebruch. Sie sind den „Freien Kräften Ost“ (FKO) zuzurechnen. Dritte im Bunde der Angeklagten ist Anja D.
Hetze gegen NS-Opfer
Die drei Neonazis werden beschuldigt, am 5. Juni 2013 zur Gedenkstätte im ehemaligen KZ Sachsenhausen gefahren zu sein, um dort Nazi-Flyer auszulegen, die die Opfer des Nationalsozialismus verhöhnten. Auf den Flyern der NPD Mecklenburg-Vorpommern wird gegen Asylsuchende und Sinti und Roma gehetzt. Während der NS-Zeit wurden in Europa 500.000 Sinti und Roma ermordet, über 1.000 von ihnen im KZ Sachsenhausen.
Provokantes Auftreten
Laut Angaben einer Zeugin verhielten sich die drei Neonazis am fraglichen Tag in hohem Maße provokant. Wie eine Berliner Lehrerin im Zeugenstand beschrieb, fuhren die drei Angeklagten am Vormittag des 5. Juni 2013 in einem dunklen Auto an der Gedenkstätte vor. Dabei dröhnte Rechtsrock aus den Autoboxen. Zumindest bei Anja D. ist sich die Zeugin sicher, dass sie ein T‑Shirt mit der Aufschrift „Nationaler Widerstand“ trug. Daraufhin informierte die Lehrerin die MitarbeiterInnen der Gedenkstätte. Laut ihren Schilderungen war möglicherweise ein vierter Täter mit dabei.
Verhandlung wird fortgesetzt
Der Gerichtstermin stieß in der Öffentlichkeit auf wenig Interesse. Auf den Zuschauerbänken im Gericht saßen drei Neonazis zur Unterstützung ihrer KameradInnen. Weil viele der weiteren geladenen ZeugInnen nicht zum Gerichtstermin erschienen, wurde die Verhandlung verschoben. Der Folgetermin: 1. Oktober, ab 9.30 Uhr im Amtsgericht Oranienburg (Berliner Str. 38).
Bekannte Angeklagte
Der Angeklagte Patrick Schulz war Mitgründer des 2007 aufgelösten „Sturm Oranienburg“, und in der (inzwischen ebenfalls stillgelegten) Struktur „Kameradschaft Märkisch Oder Barnim“ aktiv. Wegen eines Brandanschlags auf das Oranienburger Büro der damaligen PDS im Jahr 2007 wanderte er für 20 Monate ins Gefängnis. Pierre Schumann war zusammen mit anderen Neonazis an einem Messerangriff auf alternative Jugendliche am 12. April 2012 in Neuruppin beteiligt. Auch er war bereits in Haft.