Am Morgen des 7. August wird vor dem Potsdamer Landgericht sicher großes Gedränge herrschen. Dann beginnt um 9 Uhr der Prozess gegen fünf Potsdamer Antifaschisten. Der Fall hatte im Sommer vorigen Jahres Schlagzeilen gemacht. Im Juni 2005 nahm die Polizei in der Potsdamer Innenstadt fünf Linke fest, nachdem ein stadtbekannter Neonazi bei einer Auseinandersetzung eine vier Zentimeter lange Platzwunde davon getragen hatte.
Gegen die fünf wurde wegen versuchten Mordes ermittelt. Eine Betroffene, Julia S., saß aufgrund dieses Tatvorwurfs fünf Monate in Untersuchungshaft. Der Mordvorwurf stützte sich nach Darstellung der Soligruppe für Julia S. auf die Einschätzung des ermittelnden Staatsanwaltes, die Täter seien Antifaschisten und würden als solche den Tod eines Nazis jederzeit beabsichtigen oder wenigstens billigend in Kauf nehmen. Diese Begründung wurde bis weit ins liberale Lager hinein abgelehnt.
Die Unterstützung für Julia S. wuchs. In einem offenen Brief im Herbst hatten sich Landtagsabgeordnete der Linkspartei und Politiker der nicht im Parlament vertretenen Grünen sowie Wissenschaftler und Künstler für die Freilassung der jungen Frau eingesetzt.
»Diese Solidarität hatte Erfolg. Im November 2005 wurde Julia S. überraschend auf freien Fuß gesetzt«, so die Einschätzung einer Aktivistin der Soligruppe, die zur Zeit für den anstehenden Prozess mobilisiert.
Mittlerweile wurde der Anklagepunkt des versuchten Mordes fallen gelassen. Ein unabhängiges Gutachten kam zu dem Schluss, dass keinerlei Beweise für einen solchen Tatvorwurf vorliegen. Jetzt sind die Antifaschisten nur noch wegen gefährlicher Körperverletzung angeklagt.
Trotzdem wird der Prozess von Anfang an besondere Aufmerksamkeit finden. An einer Beobachtergruppe sollen sich auch verschiedene Bundestagsabgeordnete, darunter Ulla Jelpke von der Linkspartei, beteiligen. Eine besondere Brisanz erhält das Verfahren, weil auch die Brandenburger Neonaziszene daran Interesse zeigen dürfte.
Der leicht verletzte Neonazi tritt als Nebenkläger auf und auch unter den Belastungszeugen finden sich bekannte Rechtsextremisten. Zudem fungiert als Anwalt der Nebenklage der bekannte rechte Szeneanwalt Wolfram Nahrath. Der ehemalige Vorsitzende der mittlerweile verbotenen Wikingjugend ist in der Vergangenheit immer wieder als Redner auf Kundgebungen von NPD und anderen rechten Organisationen aufgetreten.
Die Soligruppe will den Rechten auf den Zuschauerbänken beim Prozess nicht das Feld überlassen. »Da ist pünktliches Erscheinen nötig. Wer zuerst da ist, kommt in den Gerichtssaal«, so der Hinweis bei einer Informationsveranstaltung der Soligruppe am Donnerstagabend in Berlin.
Bisher sind zwölf Prozesstage vorgesehen. Die sollen immer montags ab 9 Uhr und mittwochs ab 13.15 Uhr geführt werden. Nach der bisherigen Planung wird am 13. September das Urteil verkündet. Doch eine Verschiebung ist bei der Fülle der Zeugen nicht ausgeschlossen.
Von Peter Nowak