NAUEN Das Osterfeuer in der Nauener Stadtrandsiedlung sollte ein friedliches Fest werden. Aber dafür hatten sich am Gründonnerstag dieses Jahres einfach die falschen Leute eingefunden. “Wenn wir auf die treffen, gibt es immer Streit”, sagte der 17-jährige Sören* am Mittwoch vor dem Nauener Jugendschöffengericht. “Wir”, das sind die Linken, die “Zecken” “die”, das sind die Rechtsextremen, die “Glatzen”.
Sieben bis zehn “Zecken” und ungefähr 15 “Glatzen” hatten sich unter den etwa 400 Gästen am Osterfeuer eingefunden. Wenig später mussten zwei Linke, Jonathan und Carsten (beide 19), ins Krankenhaus gebracht werden. Die “Glatzen” hatten sie zuvor zu Boden geworfen und malträtiert, mit Flaschen, durch Schläge und Springerstiefel-Tritte. Sören ist verbittert: “Das ist passiert, warum soll ich jetzt noch darüber nachdenken?”, fragt er den Richter. In die Justiz setzt er keine Hoffnungen mehr — Stress mit den Rechten gehört zum Alltag.
Dennoch saßen am Mittwoch vier junge Männer auf der Anklagebank. Kurzgeschoren, zwei kräftige, zwei schmale 19- und 20-jährige Jungs. Auf die Frage, ob sie sich selbst als “rechts” bezeichnen, möchten sie lieber nicht antworten.
Die vier jungen Rechten sollen am Osterfeuer auf die “Zecken” eingedroschen haben, hatten diese vor der Polizei ausgesagt. Vor Gericht stellt sich alles weit komplizierter dar: Die Linken hätten mit Flaschen in die Menge geworfen, eine Schlägerei habe es zwar gegeben, sie seien aber alle nicht beteiligt gewesen. Nur Gordon (19) gibt eine Auseinandersetzung zu. Jonathan sei herübergekommen, habe ihn provoziert, dann schlagen wollen. Er habe ihn weggeschubst, dabei sei Jonathan zu Boden gegangen. Das sei alles.
“Ich gehe doch nicht zu einer Gruppe Glatzen herüber und fange Streit an. Ich bin doch nicht lebensmüde”, konterte Jonathan. Gordon habe ihn zu Boden geworfen, dann sei auf ihn eingetreten worden. Ob die anderen drei beteiligt gewesen waren, könne er nicht genau sagen. “Die Glatzen sehen alle gleich aus.”
Sechs Monate Jugendstrafe auf Bewährung und 40 Stunden gemeinnützige Arbeit für Gordon, Freispruch für die anderen drei, lautet schließlich das Urteil. Wichtiger als diese Strafe war dem Vorsitzenden Richter die moralische Belehrung: “Auf einen am Boden Liegenden einzutreten, ist besonders feige und hinterhältig. Das passt zu den Rechten. Genau so passt zu ihnen, so feige zu sein, dass sie vor Gericht nicht zu ihrer Tat stehen.”
* alle Namen von der Redaktion geändert