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Antifaschismus

Prozess in Eisenhüttenstadt: Staatsanwaltschaft kommt gewalttätigen Neonazis mit einem Deal entgegen

Am 3. August 2013 schlu­gen NPD-Funk­tionäre auf friedliche Gegen­demon­stran­tInnen ein und ver­let­zten mehrere von ihnen. Dieses Geschehen hätte am 19. Feb­ru­ar am Amts­gericht Eisen­hüt­ten­stadt juris­tisch aufgear­beit­et wer­den kön­nen und müssen. Das scheit­erte jedoch an der Staat­san­waltschaft, der dies zu viel der Mühe war. Sie bot den Anwäl­ten der Täter einen Deal an: Gegen ein for­males Schuldeingeständ­nis wurde der Angriff nur als gefährliche Kör­per­ver­let­zung im min­der­schw­eren Fall gew­ertet. Die Betrof­fe­nen des Angriffs wur­den nicht gehört. Die Täter,
sämtlich bekan­nte und ein­schlägig vorbe­strafte neon­azis­tis­che Gewalt­täter, gin­gen mit Geld­strafen und grin­send aus dem Gerichtssaal.
Das Vorge­hen der Staat­san­waltschaft ist noch unver­ständlich­er vor dem Hin­ter­grund, dass die Betrof­fe­nen als Neben­klägerIn­nen am Prozess beteiligt waren und solche Deals üblicher­weise mit den Neben­klagev­ertreterIn­nen im Vor­feld abge­sprochen wer­den. Nicht in diesem Fall. Die Staat­san­waltschaft ignori­erte die Betrof­fe­nen und ihre
Neben­klagev­ertre­tung vollständig.
Nicht nur die an dem Über­fall vom 3. August beteiligten Neon­azis wur­den im Gericht mit Samthand­schuhen ange­fasst. Begleit­et wur­den sie von etwa 20 Sym­pa­thisan­ten aus Bran­den­burg und Sach­sen, die an Klei­dung und Acces­soires ein­deutig als Neon­azis erkennbar waren. Vor und im Gericht schufen sie eine Atmo­sphäre der Bedro­hung: Betrof­fene des Angriffs, Zeug­In­nen und diese beglei­t­ende Fre­undIn­nen wur­den unter den Augen der Jus­tizwacht­meis­ter bedro­ht, belei­digt und angerem­pelt. Erst nach mehrfachem explizitem Hin­weis u.a. von ein­er der Anwältin­nen der Neben­klage sahen sich die Jus­tizwacht­meis­ter, von denen einige sich gegen­seit­ig schul­terk­lopfend fre­und­schaftlich mit den Neon­azis unter­hiel­ten, ver­an­lasst, diesen Bedro­hun­gen entgegenzutreten.
Ein­er der Betrof­fe­nen erk­lärte dazu: „Wir empfind­en diesen Prozess als Skan­dal. Die Täter sind hier bre­it grin­send aus dem Saal marschiert und haben mehr als deut­lich gemacht, dass sie sich wed­er von ihrer ras­sis­tis­chen Gesin­nung noch von ihrer Bere­itschaft, Gewalt gegen Ander­s­denk­ende einzuset­zen, dis­tanzieren. Die Bagatel­lisierung des Angriffs durch Gericht und Staat­san­waltschaft ermutigt die Täter nur zu weit­eren Gewalt­tat­en. Wir wer­den uns trotz­dem auch in Zukun­ft mit Flüchtlin­gen sol­i­darisieren und gegen Ras­sis­mus eintreten.“
Aus Sicht der Opfer­per­spek­tive ist das Prozessergeb­nis ver­häng­nisvoll. Bei der Tat han­delte es sich um einen mas­siv­en Angriff organ­isiert­er Neon­azis gegen Men­schen, die sich mit Flüchtlin­gen sol­i­darisieren. Zur
Arbeitsent­las­tung von Staat­san­waltschaft und Gericht auf die Aufk­lärung zu verzicht­en, kommt ein­er Ermu­ti­gung der Täter gle­ich und ist ins­beson­dere in Zeit­en zunehmender Angriffe auf Flüchtlinge und Asyl­be­wer­ber­heime ein völ­lig falsches Signal.

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