FRIESACK Zerschlissene Kleidung, eine wilde Frisur und das berühmte Anarchiezeichen tragend — Alfred Gösche ist unumstritten ein Punker, und Punks stehen für Rebellion gegen das gesittete, bürgerliche Leben. Haben diese Menschen überhaupt etwas in einer Kirche verloren? “Warum denn nicht”, fragt Anette Wiesner prompt.
Ein gutes Jahr ist vergangen seit die 39-Jährige die junge Gemeinde der evangelischen Kirche Friesack ins Leben rief. “Die Stadt ist dabei eher zweitrangig, denn häufig folgen sogar Jugendliche aus etwas weiter entfernten Dörfern und Städten den Einladungen zu unseren Treffen”, erzählt die Gemeindepädagogin erfreut.
Was in den geselligen Runden geschieht, entscheiden Anette Wiesner und ihre Schützlinge meist spontan. “Oft kochen wir gemeinsam und genießen das Essen anschließend bei netten Plaudereien”, berichtet sie.
Manchmal würden Tonfall und Gesprächsthemen aber auch ernst, so Anette Wiesner. Dann unterhalten sich die jungen Leute mit der Gemeindepädagogin über Probleme in der Welt oder vertrauen ihr Geschichten aus ihrem eigenen Leben an. “Auf diese Weise lernen die Mädchen und Jungen mich als Christen kennen und entdecken so vielleicht einen Weg für sich, mit Problemen umzugehen und ich erfahre, was die Jugend von heute bewegt”, resümiert die Mutter zweier Kinder. Manchmal hält Anette Wiesner sogar die eine oder andere Besonderheit für ihre junge Gemeinde bereit. Jüngst war eine so genannte Teen-Sing-Gruppe aus Premnitz im Friesacker Gotteshaus zu Gast, die sich beim Einstudieren von selbst geschriebenen Liedern mit christlichem Inhalt von der jungen Gemeinde zusehen ließ. Da der 16-jährige Alfred zum ersten Mal auf die junge Gemeinde stieß, war all das für ihn vollkommen neu. Neu, aber nicht abschreckend. “Eigentlich bin ich nur meiner Freundin zuliebe hier, aber ich könnte mir durchaus vorstellen, wiederzukommen”, sagte der junge Mann.