Die Visa-Affäre um den früheren Konversionsbeauftragten der Landesregierung
Helmut D. stellt die Ermittler “vor Rätsel”: Der Russland-Experte soll als
für die GUS-Staaten zuständiger Referatsleiter im Justizministerium und
später in der Staatskanzlei zwischen August 2002 und Januar 2005 58
fingierte Einladungen an Ukrainer ausgesprochen haben.
Diese erhielten daraufhin von der deutschen Botschaft in Kiew Einreisevisa.
Mindestens vier kehrten jedoch nicht in ihre Heimat zurück, sondern wurden
in EU-Ländern als Schwarzarbeiter aufgegriffen. Gegen D. wird wegen
Verdachts der Bestechlichkeit, Untreue und Menschenschleusung ermittelt.
Doch das Motiv für die exzessive Einladungspraxis im Namen des Landes
Brandenburg ist bislang weiter unklar. Es gebe “keine nachvollziehbare
Erklärung”, so die Staatsanwaltschaft Neuruppin. Bisher gebe es keine
Hinweise darauf, dass D. Geld bekommen hat, hieß es in Ermittlerkreisen. Der
62-Jährige soll ausgesagt haben, dass seine Einladungen der “politischen
Kontaktpflege und Weiterbildung” gedient hätten. Für die Reisegruppen gab es
jedoch kein offizielles Programm. Allerdings will D. jeweils eine Stunde mit
den Eingeladenen gesprochen haben. Nach seinen Angaben soll es sich bei
ihnen überwiegend um Mitglieder einer sozialdemokratischen Splitterpartei
der Ukraine gehandelt haben. Bei Befragungen durch die deutsche Botschaft in
Kiew konnte dies nicht bestätigt werden.
Andererseits sind die Ermittler skeptisch, dass es um professionelle
Schleusung geht. Dafür sei die Personenzahl zu gering, heißt es. Dagegen
spreche auch, dass nach derzeitigem Kennt nisstand eine Anzahl der
Eingeladenen wieder zurückgekehrt ist. Rätselhaft erscheint schließlich,
dass die deutsche Botschaft in Kiew mehrmals bei D. nachgefragt hat, dieser
jedoch seine Einladungspraxis fortsetzte.
Dass D. “nur helfen” wollte, wie in seinem Umkreis vermutet wird, leuchtet
den Ermittlern aber ebenfalls nicht ein: “Dazu war es wiederum zu
organisiert.” Ein geheimdienstlicher Hintergrund und selbst Erpressung
werden deshalb nicht völlig ausgeschlossen. D., der fließend Russisch
spricht, unterhält aus seiner Zeit als Konversionsbeauftragter enge Kontakte
zu Russland und Staaten der früheren Sowjetunion.
Der vom Dienst suspendierte D. wollte sich wegen der laufenden Ermittlungen
nicht äußern: “Ich suche mir jetzt einen Anwalt”, sagte er der RUNDSCHAU.
Allerdings sei ihm sehr an einer “Versachlichung” gelegen.