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Ragow – Nazischläger, Nazikneipe und der Alltag eines „deutschen“ Dorfes

Ragow — Das kleine Dorf Ragow (Dame-Spree­wald) liegt wenige Kilo­me­ter südlich von Berlin und zählt ein paar Hun­dert Ein­wohn­er. Trotz des miefi­gen Prov­in­za­ll­t­ags, der ländlichen Ein­tönigkeit und eines kon­ser­v­a­tiv­en Bürg­er­meis­ters wäre über Ragow wohl nicht viel mehr zu bericht­en als über alle anderen Orte im Umland von Berlin. In diesem Fall ver­birgt sich hin­ter den dor­ti­gen klein­bürg­er­lichen Haus­fas­saden aber mehr Neg­a­tives als gedacht – faschis­tis­che Strukturen.

In diesem Zusam­men­hang wird Ragow unter anderem in einem Bericht des Bran­den­burg­er Ver­fas­sungss­chutzes genan­nt, wobei aus­ge­führt wird, dass in dor­ti­gen Räum­lichkeit­en 2001 der erste „Märkische Kul­turtag“ der mit­tler­weile ver­bote­nen „HDJ“ stattge­fun­den haben soll. Hier gemeint ist die Gast­stätte „Ragow­er Stuben“ (Ecke Dorf­s­trasse, Zum Stegep­fuhl) im Dor­fk­ern, welch­es die FaschistIn­nen der „HDJ“ für ihre völkische Folk­lore nutzen kon­nten. Als Einzelfall ist dies jedoch nicht abzu­tun. Der Besitzer dieser Räum­lichkeit­en ste­ht im poli­tis­chen Ein­klang mit den Faschis­ten. So gibt es Berichte aus dem Jahr 2007, dass min­destens zwei ähn­liche Feste im Ver­anstal­tungssaal der Ragow­er Stuben stattge­fun­den haben sollen, mit bekan­nten Bran­den­burg­er Neon­azis in Fes­t­bek­lei­dung — das alles unter Polizeibeobach­tung bzw. ‑schutz.

Eben­falls in der Dorf­s­trasse (46) Ragows wohn­haft ist der Neon­azi Mar­cel Ingo Bit­tner. Dieser machte am 12. Juli 2009 von sich reden, als er zusam­men mit drei „Kam­er­aden“, alle kom­men aus dem Berlin­er Umland, in Friedrichshain einen linksalter­na­tiv­en Studieren­den über­fiel und bru­tal zusam­men­schlug – diese men­schen­ver­ach­t­ende Tat endete auf der einen Seite mit einem lebens­ge­fährlich ver­let­zten Opfer und auf der anderen Seite mit Haft­be­fehlen für Bit­tner und seinen Nazis­chläger­fre­un­den. Hier­bei ist es sin­nvoll zu erwäh­nen, dass Bit­tner schon früher durch neon­azis­tis­che Aktiv­itäten aufge­fall­en sein soll. So habe er 2003 in Mit­ten­walde, einem Nach­barort von Ragow, Hak­enkreuze und “SKIN HASS” an eine Grund­schule geschmiert. Zudem habe er an sein­er eige­nen Schule (Bestensee) CDs der bekan­nten Neon­az­iband “Ziller­taler Türken­jäger” in Umlauf gebracht.

Das die genan­nten Beispiele nur die Spitze des „recht­en Eis­bergs“ in Ragow ist, lässt sich nicht nur erah­nen, son­dern bestätigt sich auch bei der örtlichen Fußball­mannschaft, welche sich durch ein aggres­sives männlich­es und teil­weise recht­es Auftreten kennze­ich­net, was bei prov­inziellen Bran­den­burg­er Fußball­clubs jedoch nicht als Einzell­fall einzuschätzen wäre, ohne dies ver­harm­losen zu wollen.

Ragow ist hier nicht, anders als das benach­barte Königs-Wuster­hausen, als „Brown­town“ einzuschätzen. Es gibt keine örtlich aktive Kam­er­ad­schaft, geschweige denn Parteistruk­turen der NPD oder DVU und im Straßen­bild sind auch keine „recht­en Schmier­ere­in“ zu sehen. Trotz dessen bietet dieses kleine Dorf ein erschreck­endes Beispiel dafür, dass im südlichen Umland von Berlin eine Art unaus­ge­sproch­en­er rechter Kon­sens unter weit­en Teilen der Anwohner_innen vorherrscht. Anson­sten müssten die oben aufge­führten Beispiele der faschis­tis­chen Umtriebe, zu mehr Empörung oder zumin­d­est diskur­siv­en Zünd­stoff in der näheren Umge­bung sor­gen. Dies ist aber nicht der Fall. Es scheint als gehöre die bekan­nte Nazikneipe im Dor­fk­ern oder der verurteilte Nazis­chläger „von neben an“, ein­fach zu einem „ordentlich deutschen“ Dorf dazu. Der prov­inzielle Nor­mal­lvol­lzug in Ragow geht weit­er als wäre Nichts gewesen.

 

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