Bund für Gotterkenntnis (Ludendorff) e. V.
Der 1951 gegründete „Bund für Gotterkenntnis (Ludendorff) e. V“ hat circa 250 Mitglieder. Diese sind durchschnittlich über 80 Jahre alt. Nur einige wenige Mitglieder sind mittleren Alters, so waren beispielsweise am Workshopwochenende in Kirchmöser (s. u.) auch mindestens eine Familie mit Kind vor Ort. Inhaltlich geht es den Ludendorffern um die Vermeidung der Rassedurchmischung und den damit einhergehenden Tod des deutschen Volkes. Hierbei liegt ihnen besonders die Erziehung der Kinder in ihrem Sinne am Herzen, was ihnen wiederholt Einträge in den Verfassungsschutzbericht des Landes Brandenburg brachte. Ihre Weltanschauung wird in dem Vorwort zu ihrem Buch „Die Judenmacht, ihr Wesen und Ende“ deutlich:
„Seit im dritten Reiche der Abwehrkampf der Deutschen Rasse gegen das jüdische Volk in strengen Gesetzen seine Gewähr gefunden, sehen wir daher mit Schrecken, daß es Millionen Deutsche gibt, die sich auch heute noch der trügerischen Hoffnung hingeben, der Jude sei nun überhaupt nicht mehr eine Weltgefahr. Indessen wühlt der Schlaue noch heute durch seine geheimen Kampfscharen im Volke und wühlt erst recht in all den Völkern, in denen er noch herrscht, gegen unser kraftvoll wiederauferstandenes Deutsches Reich.“i.
Grundlage für die Ausrichtung des Bundes für Gotterkenntnis sind die Werke von Mathilde Ludendorff. Es handelt sich um insgesamt zwölf Bücher mit Titel wie „Selbstschöpfung“ oder „Der Mensch und das große Wagnis der Schöpfung“.
Zur internen Schulung und zum Austausch finden regelmäßig Treffen der Mitglieder statt. In ihrem Objekt in Kirchmöser gibt es jeweils eine Frühlings- und eine Herbsttagung sowie eine Weihnachtsfeier.
Der Hof Märkische Heide
Im Jahr 1999 erwarb der „Bund für Gotterkenntnis (Ludendorff) e. V“ in Kirchmöser einen sanierungsbedürftigen Hof. Ziel war es ein Feriendomizil für die Mitglieder zu schaffen. Die Arbeiten in der Gränertstraße 15 zogen sich bis 2002 hin, ab dann war das Haus für Tagungen geöffnet. Diese dienten jedoch nur zur internen Schulung der Mitglieder, öffentlichkeitswirksame Auftritte blieben aus. Die Renovierungsarbeiten gingen weiter, sodass mittlerweile alle Gebäudetrakte nutzbar sind. Es wurde ein großer Saal, eine Mensa und zahlreiche Gästezimmer geschaffen. Aufgrund des Mangels an einem Pendant zum Hof Märkische Heide, finden mittlerweile zahlreiche Feiern von Ortsansässigen (Hochzeiten, Geburtstage etc.) auf dem Gelände der Ludendorffer statt.
Wolfgang Peetz verwaltet mit der Seminar- und Ferienhof GmbH den Hof Märkische Heide für den „Bund für Gotterkenntnis (Ludendorff) e. V“. Er selbst ist, nach eigener Aussage, nicht Mitglied im Bund. Es ist jedoch davon auszugehen, dass er die durch den Bund verbreiteten Ansichten teilt oder zu mindestens toleriert. Durch einige Aussagen seinerseits, kann er wohl eher dem Spektrum der Reichsbürger zugeordnet werden, denn er sieht Deutschland noch als besetzt an. Des Weiteren scheint sein Weltbild durch rassistische und nationalistische Ansichten bestimmt zu sein. Peetz hat in Kirchmöser Dorf gute Kontakte und pflegt diese auch regelmäßig.
Tagungsprogramm
Für das Wochenende vom 14. bis 15. März luden die Ludendorffer mittels Flyer zu einem Workshopwochenende ein. Die Mobilisierung der eigenen Mitglieder erfolgte über interne Kanäle. Mit den Flyern, welche sowohl in Geschäften als auch in Briefkästen lagen, wurde das Ziel verfolgt, sich den Bewohner_innen aus Kirchmöser und Brandenburg an der Havel zu öffnen und sie zu den Veranstaltungen der Ludendorffern zu locken.
Das Tagungsprogramm fällt teilweise schwer zu analysieren, denn, sofern man nicht in den kruden Theorien der Ludendorffer versiert ist, haben Titel wie „Der Marxismus – die konsequenteste Ideologie des mechanistischen Zeitalters“ und „Wahn – überall Wahn“ wenige Aussagekraft. Die Referentin für den zweitgenannten Vortrag war Gisa Pahl. Die studierte Rechtsanwältin vertrat unter anderem zahlreiche Neonazis und neonazistische Organisationen vor Gericht: beispielsweise Udo Voigtii, Ralf Wohllebeniii und den Nationalen Widerstand Dortmundiv. Der Inhalt ihres Vortrags ist nicht bekannt.
Anders verhält es sich mit „Guthmannshausen – Gedenkstätte zur Erinnerung an die zivilen Opfer des zweiten Weltkrieges“. Guthmannshausen liegt im Landkreis Sömmerda im Bundesland Thüringen. Der Freistaat verkaufte im Jahr 2011 das ehemalige Rittergut Guthmannshausen an den Verein Gedächtnisstätte e.V. Dieser ist ideologisch und personell mit dem 2008 verbotenen Organisation Collegium Humanum nahezu identisch und kann folglich als rechtsextrem eingestuft werden. Er wurde 1992 durch die Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck-Wetzel gegründetv. Inhaltlich geht es Gedächtnisstätte e. V. darum eine Gedänkstätte für die „vergessenen Opfer“ des Zweiten Weltkriegs zu schaffen. Zu diesen zählen ausschließlich Deutsche, die durch Bomben, Verschleppung, Vertreibung und Gefangenenlager umgekommen sindvi. Hier wird versucht aus Täter_innen Opfer zu machen und die deutschen Kriegsverbrechen dadurch zu relativieren. Dies geschieht ganz in der Tradition der Gründerin des Vereins, welche den Holocaus leugnet. In einem Einladungsschreiben vom aktuellen Vorsitzenden Klaus-Wolfram Schiedewitz, der im Übrigen auch an diesem Wochenende in Kirchmöser referierte, wird deutlich, welcher Ideologie sich die Vereinsmitglieder verschrieben haben:
„Dazu gehört die Aufarbeitung der geschichtlichen Wahrheit ebenso wie die Erneuerung und Wiederbelebung unserer ureigenen Wertvorstellungen, zu denen vieles in unserer heutigen materialisierten, egalisierenden Umwelt nicht passen will. Dies merken wir immer mehr, auch durch die unverantwortliche Überfremdung Europas. Unsere Väter und Großväter sind dafür nicht in den Kampf gezogen und haben ihr Leben hingegeben. Die großen Opfer der Generationen des 20. Jahrhunderts dürfen nicht umsonst gewesen sein. […] Der 8. Mai 1945 war ein Tag des Elends, der Qual, der Trauer und des Massenmordes. Deutschland hatte 6 Jahre lang im gewaltigsten Krieg aller Zeiten um die Existenz gekämpft. Die Tapferkeit und Opferbereitschaft der Soldaten, die Charakterstärke und Unerschütterlichkeit der Frauen und Männer im Bombenhagel des alliierten Lufterrors, die Tränen der Mütter, der Waisen, wer die Erinnerung daran zuschanden macht, lähmt unseren Willen zur Selbstbehauptung, daran sollten wir immer denken.“vii.
Ähnlich kritisch verhält es sich mit dem Vortrag am Sonntag, der Titel lautet „Agnes Miegel – mehr als die „Mutter Ostpreußens“. Agnes Miegel (1879–1964) ist ein deutsche Schriftstellerin, Journalistin und Balladendichterin. Sie gehörte zu denjenigen 88 Schriftsteller_innen die das sogenannte „Gelöbnis treuester Gefolgschaft“ für Adolf Hitler unterschrieben habenviii. Für ihr Engagement erhielt 1939 das Ehrenzeichen der Hitlerjugend und schlussendlich trat sie dann 1940 in die NSDAP einix. Die Ursache für ihren späten Eintritt begründet sie wie folgt:
“Der Nationalsozialismus trat erst in mein Leben, als er andere schon lange erfüllte. Das ist eine Schuld – und ich habe es gebüßt durch die vielen inneren, nicht nur inneren Kämpfe, durch die ich dann in gedrängter Zeit gehen musste: […] Durch ein Hinauszögern und ein Grauen dafür, mit mir Ungleichen als Gelegenheitsjäger zu scheinen, stehe ich ausserhalb der Partei, der ich nur durch den RDS [Reichsverband des deutschen Schrifttums] und die Volkswohlfahrt angehöre. Vielleicht ist dies, was ich als eine Art Busse für mein spätes Aufwachen ansehe, das Richtige für mich, vielleicht wirkt mein Einstehn dann überzeugender auch auf Andere. – Denn ich bin Nationalsozialist.“x.
Nach dem Ende des Dritten Reiches schrieb Agnes Miegel zu ihrem Engagement im Nationalsozialismus: „Dies habe ich mit meinem Gott alleine abzumachen und mit niemand sonst.“xi. Eine Distanzierung oder gar Reue sieht anders aus.
Durch die kurze Analyse der beiden Vorträge konnte deutlich gemacht werden, dass sich an diesem Märzwochenende Menschen im Hof Märkische Heide getroffen haben, die ein deutschnationales, rassistisches und geschichtsrevisionistisches Weltbild haben.
Neben Agnes Miegel ging es am Sonntag noch um PEGIDA. Es handelte sich um eine Lesung, in der Karl-Heinz Requard Teile einer Textzusammenstellung von Dr. Gundolf Fuchs mit dem Titel „Die Pegida. Aufschwung, Hemmnisse und Gefahren sowie Weiterentwicklung“ vortrug. Requard war während der Umstellung auf die neue deutsche Rechtschreibung im Fokus der Presse, denn er engagierte sich massiv für den Erhalt der alten Sprachregelungenxii. Er wurde für Juni 2013 auch als Referent für die Gedächtnisstätte Guthmannshausen angekündigtxiii. Der Autor des Textes, Dr. Gundolf Fuchs, war zeitweise im Vorstand des Bundes für Gotterkenntnis. Er publizierte unter anderem in der Hauszeitschrift von Collegium Humanum (2008 verboten) und in der neonazistischen Zeitschrift „Recht und Wahrheit“xiv. Gemeinsam mit seiner Frau Elke schrieben sie auch Texte für die Zeitschrift der Ludenorffer „Mensch und Maß“, darin heißt es unter anderem, dass der „hitlerische Antisemitismus“ durch „jüdische Glaubensmächte“ finanziert worden sei um dadurch den „reinen Gedanken der Volkserhaltung“ zu beschädigenxv.
Zur internen Veranstaltungen kamen circa 10 bis 15 Mitglieder. Zur öffentlichen „Sonntagsrunde“ waren noch einige Ludendorffer anwesend. Hinzu kamen neun Damen älteren Alters aus dem Dorf. Ob sie lediglich Aufgrund des billigen Kaffees und Kuchens kamen oder ein wirkliches Interesse am Thema hatten, kann nicht sicher beurteilt werden. Insgesamt waren 19 Personen vor Ort.
Gegenprotest
Der Bürgerverein Pro Kirchmöser und die evangelische Kirche luden zu einem Flohmarkt mit anschließendem Fachvortrag zum Thema PEGIDA ein. Als Referenten gelang es den Organisator_innen Dirk Wilking vom Mobilen Beratungsteam zu gewinnen. Nach einem kurzen Inputvortrag zum Bund für Gotterkenntnis wandte er sich dem komplexen Themenbereich von PEGIDA zu. Anhand zahlreicher Bilder illustrierte er deutlich, dass der lokale Ableger von PEGIDA, die BraMM, Brandenburger für Meinungsfreiheit & Mitbestimmung, eine von Neonazis dominierte Veranstaltung ist. Zwar sind die Organisator_innen dieser nicht zwingend dem neonazistischen Spektrum zuzuordnen, aber die Teilnehmer_innen der Spaziergänge sind mehrheitlich Neonazis. Danach wandte sich Wilking PEGIDA in Dresden zu und analysierte kurz die dortigen Teilnehmer_innen. Im Anschluss diskutierten die rund 20 Zuhörer_innen gemeinsam mit Wilking intensiv über verschiedene Aspekte von PEGIDA. Nach circa zwei Stunden war die Veranstaltung dann beendet.
Richtigstellung
Ursprünglich hatten wir geschrieben, dass Wolfgang Peetz in der Veranstaltung am Samstag vor Ort war und durch Zwischenrufe auffiel. Hierbei handelte es sich jedoch um eine Verwechselung. Peetz schaute nur kurz in die Kirche hinein und ging dann ohne Kommentar. Für diesen Fehler möchten wir uns in aller Form entschuldigen.
Bund für Gotterkenntnis – Ein Teil von Kirchmöser/Brandenburg an der Havel?
Wie durch zahlreiche Gespräche und Statements am Samstag deutlich wurde, wird der Hof regelmäßig für Familie- und Firmenfeiern von Kirchmöseraner_innen gebucht. Ursache hierfür sei der Mangel an Alternativen.
Des Weiteren wird der Hof Märkische Heide auf der Internetpräsenz der Stadtmarketing- und Tourismusgesellschaft Brandenburg an der Havel mindestens seit dem Jahr 2011 beworbenxvi. Dies ist besonders kritisch zu sehen, da der „Bund für Gotterkenntnis (Ludendorff) e. V“ regelmäßig im Brandenburger Verfassungsschutzbericht auftaucht und dort eindeutig als rassistisch und antisemitisch charakterisiert wirdxvii. Des Weiteren gab es erst im Jahr 2011 einen Skandal wegen der Unterbringung von Kanut_innen aus Griechenland, Tunesien, Argentinien und der Schweiz im Hofxviii. Auch auf anderen Internetpräsenzen wird der Hof als Übernachtungsmöglichkeit beworbenxix. Kurios ist jedoch, dass Laut einem Artikel der MAZ vom 11. August 2011 die Bewerbung des Hofes von der Stadtmarketing- und Tourismusseite gelöscht wurdexx.
Die Bürgerschaft in Kirchmöser sollte in der Zukunft intensiv diskutieren, ob es weiterhin sinnvoll ist durch Familienfeiern den „Bund für Gotterkenntnis (Ludendorff) e. V“ beziehungsweise die GmbH mit dem Verwalter Wolfgang Peetz finanziell zu unterstützen oder ob es nicht möglich ist einen alternativen Veranstaltungsraum zu schaffen.
ii http://www.netz-gegen-nazis.de/artikel/pahl-gisa
iii Robert Bongen, Nils Casjens, Sebastian Heidelberger: „Neue Hinweise auf NSU-Kontakte nach Hamburg“. Panorama 3 Nr. 34 vom 3. September 2013
iv Verfassungsschutzbericht Hamburg 2012, 179ff.; Verfassungsschutzbericht 2010, 182ff.
v https://thueringenrechtsaussen.wordpress.com/2014/08/01/geschichtsrevisionischtes-denkmal-in-guthmannshausen/
vi http://www.verein-gedaechtnisstaette.de/fileadmin/user_upload/Gedaechtnisstaette.pdf, Seite 8.
vii Einladungsschreiben zum ersten Vortragswochenende (17.–18.09.2011) von Gedächtnisstätte e. V. an seine Spender_innen, Mitglieder und Freund_innen; laut Datum verfasst am 24.08.2011.
viii Ernst Klee, Das Kulturlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1995, 2007, 409.
ix Ernst Klee, Das Kulturlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1995, 2007, 409.
x http://www.muenster.de/stadt/strassennamen/agnes-miegel-strasse.html
xi Junge Welt, 19. März 2009, 3.
xii http://deutschesprachwelt.de/sprachwahrer/lobreden.shtml#Requard
xiii Blick nach Rechts, 25.02.2013.
xiv Blick nach Rechts, 25.02.2013.
xv Taz, 05.04.2010.
xvi http://www.tagesspiegel.de/berlin/paddeln-im-braunen-sumpf/4477502.html;http://stg-brandenburg.de/Suche_nach_Ausstattung/show/1464.html
xvii http://www.verfassungsschutz.brandenburg.de/cms/detail.php/lbm1.c.342274.de
xviii http://www.tagesspiegel.de/berlin/paddeln-im-braunen-sumpf/4477502.html
xix http://www.musik-foto-service.de/seite13.html;http://www.zur-reise.de/index.php?option=com_content&view=article&id=644&Itemid=840
xx http://www.genios.de/presse-archiv/artikel/MAER/20110811/ludendorffer-geloescht-rechtsextrem/201108113008847.html