Rasterfahnder kämpfen mit der Datenflut: Noch 26 000 Akten in der Überprüfung
Brandenburg hält an Fahndungsform fest
Datenschützer zweifeln am Sinn der Methode
Potsdam/Wiesbaden — Die derzeit in Brandenburg laufende Rasterfahndung ist nach Ansicht des brandenburgischen Datenschutzbeauftragten Alexander Dix hinsichtlich ihrer Kriterien nicht erfolgreich und geeignet in der Bekämpfung einer terroristischen, gegenwärtigen Gefahr. Deutschlandweit sind Beamte der Landeskriminalämter mit dem Abarbeiten der angehäuften Datenberge beschäftigt.
In Brandenburg sei erst für Ende Mai ein Abschluss der computergestützten Suche nach potenziellen «Schläfern» im Lande abzusehen, so Dix. Etwa 26 000 Personen würden derzeit überprüft, erklärt auch der Sprecher des Innenministeriums, Heiko Homburg. Für Dix sind das bei weitem zu viele Daten unbescholtener Bürger, die in den Computer eingespeist wurden.
Der Datenschützer hält die Rasterfahndung vor allem wegen der «unflexiblen und unaktuellen Suchkriterien» für unbrauchbar. «Gerade vor dem Hintergrund des mutmaßlichen Attentats auf Djerba könnten neue Erkenntnisse eine Rolle spielen.» Stattdessen werde weiterhin nach vagen Kriterien abgesucht, und die Polizei stehe vor einer unlösbaren Aufgabe. Dass Frauen als mögliche Terroristinnen auftreten könnten, spielt im Rasterschema bislang keine Rolle. Dabei sei denkbar, dass künftig auch nach «weiblichen Attentätern» gesucht werden müsse, so Dix. Bislang galten für die Ermittler «junge, männliche, reisefreudige Ausländer und vor allem Studenten aus islamischen Ländern» — die Profile der Flugzeugentführer vom 11. September — als relevant.
Änderungen und Ergänzungen des Rasterprofils aber sind inmitten der laufenden Datenauswertung nicht möglich. Neue Suchkriterien bedürften, so Dix, einer neuerlichen richterlichen Erlaubnis. Im Prinzip müsse man von vorn anfangen, wollte man etwa nach Frauen suchen, bestätigt der Sprecher des Bundeskriminalamtes, Gerhard Schlemmer, und fügt hinzu: «Es ist aber sehr unwahrscheinlich, dass die Rasterfahndung erweitert wird.»
Eine Forderung der Brandenburger PDS nach der Beendigung der Rasterfahndung wurde gestern im Landtag abgelehnt. Dies sei bislang das einzige Mittel, so genannte Schläfer zu erkennen, sagte Innenminister Jörg Schönbohm (CDU), der weiterhin nicht auschließen wollte, dass auch in Brandenburg mutmaßliche Terroristen lebten.
Die PDS hatte das Ende der Fahndung wegen «fehlender rechtlicher Voraussetzungen» gefordert, weil «gegenwärtige Gefahr» nicht abzusehen sei. Angesichts des «strengen Brandenburger Polizeigesetzes» sollten die Fahndung eingestellt und die Datensätze, die nicht für konkrete Ermittlungen gebraucht würden, gelöscht werden, forderte PDS-Fraktionsvize Heinz Vietze. Trotz der groß angelegten Rasterfahndung gebe es keinen Erfolg, sagte die innenpolitische Sprecherin Kerstin Kaiser-Nicht.
Berlin und Hessen hatten im Januar dagegen die Rastermethode nach erfolgreichen Klagen von ausländischen Studenten vor dem Landgericht und Oberlandesgericht eingestellt. In Brandenburg hat es nach Erkenntnissen des Datenschutzes keine privaten Klagen gegeben. Auch die Hochschulen haben Daten von Studenten an das Landeskriminalamt weitergegeben, ohne dass es zu Einzelklagen kam.
Für den Pressemann vom Brandenburger Innenministerium, Heiko Homburg, ist das bestehende Suchprofil der Rasterfahndung sinnvoll: Frauen als Attentäterinnen seien bislang nur aus dem palästinensischen Lager bekannt und gehörten nicht ins Suchprofil. Das Raster in Brandenburg sei im Bund-Länder-Verbund abgesprochen und entspreche dem Täterprofil vom 11. September vergangenen Jahres, erklärt der Sprecher, und «das waren alles Männer.»
Ob die Länderliste der gesuchten Personen nach dem mutmaßlichen Attentat von Djerba auch auf Tunesien ausgedehnt wurde, wollte das Bundeskriminalamt jedoch nicht bestätigen. Schließlich stehen die Ermittler vor einem Problem: Die Bundesländer verfolgen seit Beginn der Fahndung unterschiedliche Raster. Allein bei der Zahl der Herkunftsländer gibt es Unterschiede: Brandenburg ließ nach Personen aus mehr als 34 Nationen suchen. In Hessen fahndete man nach mutmaßlichen Terroristen aus nur 22 vor allem islamischen Ländern.