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Antifaschismus

Rathenow: Zweifelhaftes „Bürgerbündnis“will gegen „Asylmissbrauch“ demonstrieren / Proteste angekündigt

2015.10.18 Rathenow Werbung fuer Demo gegen Asyl
Ein zweifel­haftes “Bürg­er­bünd­nis” will in Rathenow gegen “Asylmiss­brauch” demon­stri­eren. Die Rathenow­er Zivilge­sellschaft will dage­gen mit “Herz statt Het­ze” protestieren

Am kom­menden Dien­stag plant ein „Bürg­er­bünd­nis Havel­land gegen Asylmiss­brauch“ ab 18.30 Uhr eine Ver­samm­lung auf dem Märkischen Platz in Rathenow. Gemäß einem seit dem 15. Okto­ber 2015 in sozialen Net­zw­erken kur­sieren­den Fly­er will sich der Ver­anstal­ter, ana­log der PEGI­DA-Bewe­gung, gegen die ver­meintliche „Islamisierung des Abend­lan­des“ posi­tion­ieren sowie die „kon­se­quente Abschiebung abgelehn­ter Asyl­be­wer­ber“ und den Stopp „unkon­trol­liert­er Zuwan­derung“ ein­fordern. Der Ver­anstal­ter gilt jedoch auch als Sym­pa­thisant der NPD, deren lokale Funk­tionäre und Aktivist_innensowie Tarn­seit­en der Partei die geplante Ver­samm­lung eben­falls kräftig bewer­ben. Indes plant ein zivilge­sellschaftlich­es Bünd­nis eine Gegenveranstaltung.
Zweifel­haftes „Bürg­er­bünd­nis“
Das so genan­nte „Bürg­er­bünd­nis Havel­land gegen Asylmiss­brauch“ tritt, als ver­meintlich­er Ver­anstal­ter der am kom­menden Dien­stag geplanten Ver­samm­lung, erst­mals in Erschei­n­ung. Als mut­maßlich­er Ini­tia­tor der Vere­ini­gung gilt der Rathenow­er Chris­t­ian Kaiser. Er übern­immt zumin­d­est die Ver­ant­wor­tung für die Ver­bre­itung des Ver­anstal­tungsaufrufes im Sinne des Pressege­set­zes und bewirbt die Ver­anstal­tung mit einem offen­bar selb­st ange­fer­tigten Ban­ner an einem Gerüst vor sein­er Woh­nung im von Ein­fam­i­lien­häusern dominierten Stadt­teil Rathenow-West. Der 25 jährige Kaiser fris­tete in sein­er Heimat­stadt bish­er ein Schat­ten­da­sein, wed­er gesellschaftlich, noch kom­mu­nalpoli­tisch trat er bish­er in Erschei­n­ung. In der Schule galt er als eher schüchtern­er, zurück­hal­tender Junge. In einem sozialen Inter­net­net­zw­erk gefall­en ihm jedoch, öffentlich und für jeden sicht­bar, die NPD und deren Bran­den­burg­er Lan­desver­band. Weit­er­hin ist Kaiser dort mit min­destens zwei US-Amerikan­ern befre­un­det, deren Pro­fil­bilder mit Hak­enkreuzen und SS-Runen verziert sind. Er sel­ber nutzte zeitweise die kaiser­liche Reich­skriegs­flagge als Erken­nungs­bild. Das Zeigen dieser Fahne ist im Land Bran­den­burg, gemäß Erlass vom 19. April 2002 (erneuert am 10. Juni 2014),eine Ord­nungswidrigkeit, da die „Reich­skriegs­flagge“ nach wie vor als „Sym­bol nation­al­sozial­is­tis­ch­er Anschau­un­gen und/oder von Aus­län­der­feindlichkeit“ gilt. Inzwis­chen mobil­isieren auch NPD Funk­tionäre, wie der­we­gen Gewalt­de­lik­ten vorbe­strafte Rathenow­er Stadt- und Kreis­rat Michel Müller, für die Ver­anstal­tung. Er ruf­tim Zusam­men­hang mit der Ver­samm­lung dazu auf, Gesicht zu zeigen und den „Auf­s­tand der wirk­lichen Auf­s­tand der Anständi­gen zu wagen“ (Fehler im Orig­i­nal). Sein Beitrag in einem sozialen Inter­net­net­zw­erk wurde inzwis­chen 148-mal geteilt. Mehrere orts­bekan­nte Neon­azis haben Müller daraufhin ihr Kom­men zugesagt.
NPDin den Startlöchern
Obwohl Michel Müller als ein­er der aktivsten NPD-Kad­er im Land Bran­den­burg gilt, gelang es ihm, der neben sein­er Abge­ord­ne­ten­tätigkeit übri­gens auch Lan­des­or­gan­i­sa­tion­sleit­er sein­er Partei ist,allerdings bish­er­nicht, eine öffentlich wahrnehm­bare­Ortsstruk­tur der Nation­aldemokrat­en aufzubauen. Die let­zte größere neon­azis­tis­che Demon­stra­tion fand im Jahr 2009 statt, drei kleinere Kundge­bun­gen ohne nen­nenswerte Beach­tung der Bevölkerung und mit vie­len Kadern von außer­halb in den Jahren 2013 bis 2014. Während in anderen Städten im Land Bran­den­burg, ins­beson­dere im benach­barten Land­kreis Ober­hav­el oder im osthavel­ländis­chen Nauen, die NPD längst kon­tinuier­lich Aufmärsche, so genan­nte „Abendspaziergänge“ oder „Mah­nwachen“ organ­isierte, pro­te­gierte oder auch dominierte blieb es in Rathenow lange Zeit ruhig. Die früher recht aktive und mit­glieder­starke neon­azis­tis­che Szene kon­nte die Welle ras­sis­tis­ch­er Pro­pa­gan­da in sozialen Inter­net­net­zw­erken, die von lokalen Mul­ti­p­lika­toren seit 2013 ver­stärkt ver­bre­it­et wurde, bish­er nur ger­ingfügigfür sich vere­in­nah­men. Der aktive Rathenow­er Kern, der sich zulet­zt an öffentlichen Ver­samm­lun­gen der NPD am 3. Okto­ber 2015 in Nauen sowie am 17. Okto­ber 2015 in Vel­ten (Land­kreis Ober­hav­el) beteiligte, beste­ht aus weniger als eine Hand­vol­lLeuten, die seit mehreren Jahren dem neon­azis­tis­chen Milieu zuge­hörig sind. Ungeachtet dessen­erre­ichen die mut­maßlich von der NPD ini­ti­ierten und betont „bürg­er­lich“ gestrick­ten, jedoch mit deut­lich­er ras­sis­tis­ch­er Ten­denz und per­fider Het­ze unter­legten lokalen „Nein zum Heim“-Seiten in sozialen Inter­net­net­zw­erken aber auch Teile der regionalen Bevölkerung, die anson­sten keine Berührungspunk­te mit organ­isierten Neon­azis haben. Zu diesen „Initiativen“zählen beispiel­sweise die „Bürg­erini­tia­tive Nein zum Heim in Prem­nitz und Rathenow“, die „Bürg­erini­tia­tive Nein zum Heim in Frie­sack“ sowie „Nein zum Heim in Nauen“, die eben­falls für die „Demo“ am 27. Okto­ber 2015 wer­ben. Auf ein­er Ver­anstal­tungs­seite des „Bürg­er­bünd­niss­es Havel­land“ haben so inzwis­chen 200 Men­schen öffentlich ihr Kom­men angekündigt, bei denen in der Mehrheit zuvor bish­er über­haupt keine oder nur eine ger­ingfügige poli­tis­che Wil­lens­bil­dung erkennbar war. Von den region­al bekan­nten Neon­azis haben dort bish­er ca. 20 Per­so­n­en aus Rathenow, Prem­nitz und Nauen der Ver­samm­lung zugesagt.
Gegen­ver­anstal­tung geplant
Die Ver­anstal­tung des „Bürg­er­bünd­niss­es Havel­land gegen Asylmiss­brauch“ soll allerd­ings auch nicht unkom­men­tiert bleiben. Das Aktions­bünd­nis „Rathenow zeigt Flagge“ ruft inzwis­chen unter dem Mot­to: „Mein Rathenow — Mit Herz statt Het­ze“ zu ein­er Alter­na­tivver­anstal­tung auf. Diese ist am sel­ben Tag ab 18.00 Uhr auf dem August-Bebel-Platz vor der Post­fil­iale, an der Berlin­er Straße Ecke Wil­helm Külzs­traße, geplant.

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