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Raus aus der Bahn, rein in die BGS-Dienststelle

Vorigen Sam­stag haben Bun­de­spolizis­ten einen Stu­den­ten aus Kamerun in einem Inter­re­gio von Frank­furt nach Berlin schw­er mis­shan­delt. Das bestäti­gen der Geschädigte und ein Zeuge, mit dem die taz sprach.

Ein Schaffn­er wies Jean-Paul K. darauf hin, dass auf dem Woch­enendtick­et sein Name einge­tra­gen wer­den müsse. K. sagte, er werde das nach­holen und steck­te das gültige Tick­et wieder in die Jack­en­tasche. “Eine halbe Stunde später kam der Schaffn­er mit zwei Polizis­ten wieder. Die sagten ein­fach: ‚Kom­men Sie mal mit´ “, erzählt K., der an der TU Lebens­mit­tel­tech­nik studiert. Als Grund hät­ten die Beamten angegeben, dass er keinen gülti­gen Fahrschein besitze. Als er ihn erneut vorzeigte, habe ein Beamter kurz auf den Schein geschaut, bevor der Schaffn­er ihn an sich genom­men habe. Die Polizis­ten hät­ten ihn dann mit Gewalt aus dem Zug gez­er­rt und mehrfach Reiz­gas ins Gesicht gesprüht, berichtet er weiter.

Ein Zeuge, der namentlich nicht genan­nt wer­den möchte, erzählt: “Fast eine halbe Stunde ver­dreht­en die BeamtIn­nen seine Hände, drück­ten ihn zwis­chen die Sitze. Dann legten sie ihm auf dem Rück­en die Hand­schellen an. Er schrie vor Schmerzen, kon­nte nicht mehr atmen.” Der Zeuge bestätigt, dass die Polizis­ten K. zum Ver­lassen des Zuges aufforderten.

Ins­ge­samt neun Beamte seien an dem Vor­fall beteiligt gewe­sen, sagt der Zeuge. Mitreisende, die gegen die Bru­tal­ität der Polizei protestierten, seien von der Polizei zum Ver­lassen des Wag­gons aufge­fordert wor­den, erzählt K. Auf der BGS-Dien­st­stelle am Ost­bahn­hof wur­den seine Per­son­alien über­prüft. Dann kon­nte er gehen.

Hel­ga Seyb von der Opfer­ber­atungsstelle Reach Out meint: “Die Bun­de­spolizei wurde aus einem nichti­gen Grund gerufen und hat völ­lig über­zo­gen reagiert.” Man könne fast annehmen, dass da ein Pro­gramm im Kopf abläuft: “Sobald ein schwarz­er Men­sch vor denen ste­ht, gibt es einen Gen­er­alver­dacht”, sagt sie. “Die Polizei wird gerufen, wenn ein Fahrgast sich weigert, seinen Namen auf dem Tick­et nachzu­tra­gen oder aggres­siv wird”, sagt ein Bahnsprecher.

Die Beamten seien wegen ein­er Straftat gerufen wor­den, sagt Jörg Kun­zen­dorf, Sprech­er der Bun­de­spolizei . Zudem habe K. “bei der Voll­streck­ung” Wider­stand geleis­tet. Von Ver­let­zun­gen, die K. zuge­fügt wur­den, wisse er nichts.

K. erzählt, dass er Gefühlsstörun­gen in den Hän­den habe, weil die Hand­schellen so eng gewe­sen seien, dass seine Hände taub wur­den. Hose und T‑Shirt seien zer­ris­sen und die Uhr zer­stört. Der Vere­in Opfer­per­spek­tive sucht Zeu­gen, die den Vor­fall beobachtet haben (info@opferperspektive.de).

Woch­enend-Tick­et zum Arzt (Neues Deutschland)

Polizei ver­prügelte Afrikan­er im Zug

Wie schnell manche Polizis­ten bere­it sind, Gewalt einzuset­zen, zeigt ein Fall vom ver­gan­genen Sonnabend. Für den Ein­satz von Hand­schellen und Pfef­fer­spray reicht­en zwei Dinge aus: ein nicht unter­schriebenes Woch­enend-Tick­et und die dun­kle Haut­farbe des Besitzers.

Jean-Paul K. wird an das ver­gan­gene Woch­enende noch lange zurück­denken. Der aus Kamerun stam­mende Stu­dent, der seit fünf Jahren in Deutsch­land ist, behielt von sein­er Reise von Frank­furt (Oder) nach Berlin Prel­lun­gen an Handge­lenken und Fin­gern, den Knien, im Gesicht und innere Schmerzen. Weil sein Schönes-Woch­enende-Tick­et nicht unter­schrieben war, ver­mutete der Schaffn­er Betrug und holte zwei Polizeibeamte, die den 29-Jähri­gen auf­forderten, auszusteigen. Als der sich weigerte, set­zten sie Gewalt ein. Die anderen Pas­sagiere schaut­en ungerührt zu, wie die Beamten dem jun­gen Mann Pfef­fer­spray ins Gesicht sprüht­en, seine Hände ver­dreht­en, ihn zwis­chen die Sitze drück­ten, hörten weg, als er schrie und weinte. »Kein­er hat mit der Wim­per gezuckt«, erin­nert sich Augen­zeuge Michal Stochu­ra. Bis zum Berlin­er Ost­bahn­hof, wo weit­ere sieben Beamte dazuka­men. »Sie haben mich aus dem Zug gez­er­rt wie …«, so der Afrikaner. 

Den Vor­wurf, der Über­griff habe etwas mit Jean-Pauls Haut­farbe zu tun, will das zuständi­ge Bun­de­spolizeiprä­sid­i­um Ost nicht kom­men­tieren. Es sei zu »polizeilichen Maß­nah­men« auf­grund von »Wider­stand­shand­lun­gen« gekom­men, bestätigte ein Sprech­er. Doch da man inzwis­chen wegen »Erschle­ichung von Leis­tun­gen und Wider­stand­shand­lun­gen« ermit­tle, könne er nichts sagen. 

Ras­sis­tisch motivierte Über­griffe durch Polizeibeamte sind in Deutsch­land keine Aus­nahme. 35 mal wur­den seit 2000 allein in Berlin nicht deutsch Ausse­hende von Polizis­ten mis­shan­delt, zählte die »Kam­pagne für Opfer ras­sis­tisch motiviert­er Polizeige­walt«. Auch Amnesty Inter­na­tion­al (AI) machte mehrfach darauf aufmerk­sam, dass solche Vor­fälle »keine isolierten Einzelvorkomm­nisse« seien – zulet­zt 2004. AI fordert, alle Mis­shand­lungsvor­würfe unverzüglich und unpartei­isch zu untersuchen.
Doch dazu kommt es in den sel­tensten Fällen, berichtet Hel­ga Seyb von der Berlin­er Ini­tia­tive Rea­chOut. 95 Prozent der Anzeigen wür­den eingestellt oder nicht ver­han­delt. Vor allem, wenn unab­hängige Zeug­in­nen fehlen, sei die Chance bei einem Prozess gle­ich Null. Auch Jean-Paul wird Anzeige erstat­ten. Er sucht noch Augen­zeu­gen, die zur Aus­sage bere­it sind. 

29.10. gegen 12 Uhr Berlin­er Ost­bahn­hof, RE38020 Frank­furt (Oder)/Magdeburg. Zeu­gen bitte melden unter: 

info@opferperspektive.de oder 0171/19 35 669 

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