Zu einer Razzia gegen die rechtsextremistische Szene sind gestern morgen Beamte des polizeilichen Staatsschutzes des Landeskriminalamtes ausgerückt. Im Visier war die Kameradschaft (KS) Tor. Zehn Objekte in den Berliner Bezirken Lichtenberg, Mitte und Hellersdorf sowie im brandenburgischen Schwedt wurden durchsucht. Die Polizei hat umfangreiches Beweismaterial sichergestellt, das sie nun auswertet.
Das Vorgehen ist Teil eines laufenden Ermittlungsverfahren, wie der Sprecher der Berliner Staatsanwaltschaft, Michael Grunwald, erläutert. Sieben Mitglieder der Kameradschaft stehen im Verdacht der Volksverhetzung.
Ausgangspunkt war ein Vorfall vom 25. September 2004. An dem Tag hatte die Polizei Anhänger der Kameradschaft gestellt, die vier Transparente mit sich führten. “Diese wollten sie auf einer später verbotenen NPD-Demonstration zeigen”, sagte Grunwald. Die Texte der Banner forderten, daß die “Reichshauptstadt Berlin deutsch” bleiben und “Fremdkulturen entgegengetreten” werden müsse. Neben dem letztgenannten Spruch war ein Mann aufgemalt, der einen Fußtritt gegen den Davidstern, das islamische Symbol Halbmond und Stern sowie das US-Dollarzeichen ausführt.
Die KS Tor besteht seit Sommer 2000. Sie soll enge Kontakte zur Kameradschaftsszene in Berlin und Brandenburg haben und widmet sich dem “Nationalen Widerstand” in Form des Kampfes auf der Straße. tal
Razzia gegen Neonazis
Berlin/Schwedt – Die Berliner Polizei hat gestern in Berlin und Brandenburg eine Razzia gegen Neonazis durchgeführt. Zeitgleich durchsuchten gestern früh Beamte der Staatsschutzabteilung des Landeskriminalamtes Berlin Wohnungen von acht Aktivisten der rechtsextremistischen “Kameradschaft Tor” in Berlin und in Schwedt. Die Berliner Generalstaatsanwaltschaft ermittelt seit Monaten gegen die vier Frauen und vier Männer wegen Volksverhetzung. Sie waren am 25. September letzten Jahres festgenommen worden, als sie zur NPD-Demonstration in Wedding anreisen wollten. Die Demonstration war in letzter Minute verboten worden.
Polizisten waren auf die vier Transparente der Neonazis aufmerksam geworden und hatte diese kontrolliert, da die Demonstration durch einen Stadtbezirk führen sollte, der vor allem von Moslems bewohnt wird. Unter der Parole “Fremdkulturen entgegentreten” war eine Figur aufgezeichnet, die gegen einen Davidstern, einen Halbmond und ein US-Dollar-Zeichen tritt. Auf einem weiteren Transparent stand “Die letzte Schlacht gewinnen wir” – eine Assoziation zu einem Führerbefehl Hitlers. Ein anderes Plakat verkündete “Reichshauptstadt Berlin bleibt deutsch”. Die Transparente waren im September beschlagnahmt worden, jetzt kam es zur Durchsuchung, “um einmal richtig in die Struktur der Szene hineinzugucken”, wie es bei der Polizei hieß. “Das ist gelungen”, sagte ein Staatsanwalt. Erst durch die Polizeiaktion wurden bei zwei der Beschuldigten die aktuellen Adressen ermittelt, deshalb konnten insgesamt zehn Wohnungen in Lichtenberg, Mitte und Hellersdorf sowie im brandenburgischen Schwedt durchsucht werden. Darunter die der bekannten Rechtsextremisten Björn W. und Jörg H. In Schwedt durchsuchten die Beamten das Elternhaus einer der Frauen, so der Sprecher der Berliner Staatsanwaltschaft, Michael Grunwald gegenüber den PNN. Diese wohne nicht mehr bei den Eltern, doch ihr Computer und andere Dinge seien noch dort gewesen. Sichergestellt worden seien auch Aufkleber. An der Aktion in Schwedt waren auch zwei Beamte des LKA-Brandenburg beteiligt.
Beschlagnahmt wurden Farben und Zeichenvorlagen, mit denen die Transparente gefertigt wurden. “Wir haben gefunden, wonach wir gesucht haben”, sagte ein Staatsanwalt. Zudem wurden Computer sichergestellt. Zügig solle jetzt der Prozess gegen die acht jungen Rechtsextremisten wegen Volksverhetzung beginnen. Die Kameradschaft Tor ist in Berlin neben der “Baso” (Berliner Alternative Südost) eine der aktivsten Neonazigruppen. Die Lichtenberger Gruppe hatte sich im Sommer 2000 nach dem Frankfurter Tor benannt. Als ein Schwerpunkt der Organisation gilt der “Nationale Widerstand”. Hierbei stehen im “Kampf auf der Straße” die Teilnahme an Demonstrationen und das Ausspionieren der Gegenseite im Vordergrund. Seit Sommer 2004 ist eine “Mädelgruppe Tor” als zweiter Organisationszweig aktenkundig.