„Ick hatte dit Glück dass meine Opfer immer wieder uffjestanden sind, und nicht liegen geblieben“- mit dieser Aussage Maik B.‘s beginnt die Dokumentation vom 29. Mai 2013 „Ein langer Weg“, in der drei Häftlinge porträtiert werden. Unter dem Pseudonym Maik B. tritt der bekannte Neonazi-Schläger Marcus S. auf. [1]
Schon mit seinem ersten Satz wird deutlich, dass es dem über 20-fach vorbestraften Marcus S. anscheinend nicht um die Abkehr von neonazistischer Ideologie geht, sondern die Furcht vor einem lebenslangen Gefängnisaufenthalt bzw. Sicherheitsverwahrung. Wegen der „Anwendung von übermäßiger Gewalt“ stand dies bei einem Prozess im Raum.
In emotionsgeladener Art und Weise werden in der Sendung Straftaten von Marcus S., die größtenteils neonazistisch und brutal motiviert waren, gleichrangig mit Straftaten wie Urkundenfälschung und Betrug behandelt.
S. wird, so scheint es, als Opfer seiner Verhältnisse, als Verlierer der Wende in seiner Jugendzeit dargestellt, der in die Neonazi-Szene „abgerutscht“ sei – damit findet eine Täter-Opfer-Umkehr statt. Es wird kaum darauf eingegangen, was die Betroffenen durch S.‘s Gewalttaten durchleben mussten.Bis zu seiner Verhaftung 2005 war Marcus S. als brutaler und gewalttätiger Neonazi-Schläger an Angriffen auf alternative Jugendliche beteiligt. Im Jahr 2006 wurde er schließlich im Zuge des „Tram-Prozesses“ zu fünf Jahren Haft verurteilt, da er im Juli 2005 u.a. mit den noch-aktiven Neonazis Oliver Oeltze, Oliver Kalies, Melanie Witassek, Danny Leszynski, Thomas Pecht und Benjamin Oestreich an einem Angriff auf zwei vermeintlich linke Studenten beteiligt war. Angeklagt war er dort u.a. wegen versuchten Mordes. [2]
In der Sendung versucht S. zu vermitteln, dass er nicht „glaube“, dass er in den nächsten Jahren nochmal straffällig werden würde. Ebenso gibt er an, der Szene den Rücken zugewendet zu haben und Fußballspiele zu besuchen.
Marcus S. steht jedoch weiterhin in Kontakt mit Neonazis. Ein Blick auf sein Facebook-Profil verrät, dass er immer noch mit dem altbekannten Neonazi-Schläger Matthias Rettke u.a. befreundet ist. Beide waren Bestandteil der Potsdamer Neonazi-Szene, an unzähligen Überfällen auf Migrant_innen bzw. Andersdenkende beteiligt. Rettke steht weiterhin im Kontakt zur organisierten Potsdamer Neonazi-Szene. Rettke und S. wurden 2003 zusammen verurteilt, da sie gemeinsam eine Person rassistisch beschimpft und mit Mord bedroht hatten. [3] Im Jahre 2005 traten sie zusammen beim s.g. „Chamäleon-Prozess“ auf und schüchterten zusammen mit Berliner Neonazis (Sebastian Schmidtke, René Bethage uvm.) Zeug_innen ein.
Es ist skandalös, dass mit der Produktion des „Filmbüro Potsdam“ der öffentlich-rechtliche TV-Sender „Rundfunk Berlin-Brandenburg“ jemandem eine Plattform gibt, um seine neonazistischen Taten im Nachhinein zu verharmlosen und ihn so zu rehabilitieren. Die Taten von Marcus S. werden durch die Gleichstellung mit Betrug und Raub extrem verharmlost.
[1] http://mediathek.rbb-online.de/rbb-fernsehen/der-lange-weg/der-lange-weg-zur-zweiten-chance?documentId=1496770 http://http-stream.rbb-online.de/rbb/derlangeweg/derlangeweg_20130529_lange_weg_2te_chance_m_16_9_512x288.mp4
[2] http://www.tagesspiegel.de/berlin/brandenburg/mehrjaehrige-haftstrafen-fuer-rechtsextreme-schlaeger/697556.html
[3] http://www.pnn.de/potsdam/147481/