Wittstock. Die Europäische Kommission nimmt das Bombodrom erneut unter die
Lupe. Anhand neuer Zahlen werde das Verfahren wieder aufgerollt, sagte ein
Mitarbeiter der EU-Kommission in Brüssel. Dessen ungeachtet hält die
Bundeswehr an ihrem Plan fest, das Bombodrom in der Kyritz-Ruppiner Heide am
18. August in Betrieb zu nehmen.
Das knapp 12000 Hektar große Areal soll unterdessen weiter von Altlasten
befreit werden. Allein in einem kleinen, vorab geräumten Bereich seien rund
6000 Tonnen teilweise noch scharfer Munition aus der Zeit gefunden worden,
in der die Rote Armee das Gebiet nutzte, sagte der zuständige Referatsleiter
im Bundesverteidigungsministerium, Oberst Hans-Georg Schmidt, in einem
Gespräch mit dem Tagesspiegel. Das unkontrollierte Betreten des Platzes sei
lebensgefährlich. Sieben bis zwölf Jahre sind für die Beräumung des gesamten
Geländes angesetzt. Bis zu 600 Arbeitskräfte sollen von Privatfirmen zur
Munitionsbergung eingesetzt werden. Sie wird von der Bundeswehr mit rund 200
Millionen Euro finanziert.
Die Notwendigkeit zur Wiederinbetriebnahme des Bombodroms begründete Schmidt
mit den neuen verteidigungspolitischen Richtlinien für die Bundeswehr unter
dem Dach von NATO und EU. Da die Luftwaffe künftig mit sehr kurzer
Vorwarnzeit zu Kriseneinsätzen herangezogen werden könne, reiche das
jährliche Training taktischer Szenarien in den USA nicht aus.
Künftig müssten die Verbände in der Lage sein, realistische Übungen auch im
Tagesbetrieb von ihren Heimatbasen aus zu fliegen. Dies sei in Deutschland
nur bei Wittstock möglich. Die beiden bisher genutzten
Luft-Boden-Schießplätze seien zu klein. So hat das Gelände in Nordhorn an
der holländischen Grenze nur ein Sechstel der Fläche, die unter US-Hoheit
stehende Anlage im bayerischen Siegenburg bringe es nur auf ein 44stel des
Bombodroms.
Außerdem sei es nur in Wittstock möglich, die erforderlichen Platzrunden
innerhalb des Sperrgebietes zu fliegen, erklärte der Oberst. Doch auch die
beiden anderen Luft-Boden-Schießplätze sollen zumindest für Standardübungen
weiter genutzt werden. Die Lärmbelastung solle künftig gerechter verteilt
werden. Schon deshalb sei die für Wittstock genannte Höchstzahl von 1700
Einsätzen, die sich auf 7500 jährliche Anflüge hochrechnet, eine planerische
Größe, die voraussichtlich in der Praxis nicht erreicht werde, betonte
Schmidt. Zum Einsatz kämen nur Übungsbomben, die keinen Sprengsatz, sondern
nur einen Rauchkörper enthalten.
Nach Angaben des Offiziers hat sich die Zahl der in Deutschland
stationierten Kampfflugzeuge seit 1990 um mehr als 75 Prozent verringert.
1990 flogen noch 2243 Maschinen, davon allein 851 der Roten Armee. Heute
sind es 477 Flugzeuge, darunter — als letzte ausländische NATO-Streitmacht -
66 US-Jets. So sank die Zahl der Tiefflüge unter 600 Metern von rund 42000
im Jahr 1990 auf etwa 10000 in 2002 Jahr. In den kommenden beiden Jahren
würden Marine und Luftwaffe weitere 90 bis 100 Tornados stilllegen.
Innerhalb des Standardtrainings werde der Flugplatz Trollenhagen bei
Neubrandenburg zur Routinebasis, auf der für je eine Woche im Schnitt vier
Jagdbomber Station machen, sagte Schmidt. Bei Wittstock wird ein
Ausbildungsbataillon mit 800 Soldaten und 150 Zivilbeschäftigten
stationiert. Gleichzeitig soll die Platzkommandantur auf bis zu 50 Militärs
und Zivilisten verstärkt werden.