101 rechts motivierte Angriffe hat die Opferperspektive in Kooperation
mit lokalen Initiativen für das Jahr 2009 in Brandenburg gezählt. Damit
bewegt sich das Ausmaß rechter Gewalt in Brandenburg etwa auf dem Niveau
des Vorjahrs (2008:110 Fälle).
Die 2009 erfassten Straftaten richteten sich nach Kenntnis der
Beratungsstelle gegen mindestens 138 Personen. Weitere 58 Menschen waren
mittelbar als Begleitpersonen von Angriffen betroffen. Bei 49 Angriffen
war Rassismus das Tatmotiv, in 26 Fällen wurden die Opfer als politische
Gegner eingestuft, bei 18 Gewalttaten einem alternativen Milieu
zugeordnet. Bei 78 der 101 Straftaten handelte es sich um
Körperverletzungen. Hinzu kommen Delikte wie Brandstiftungen, massive
Bedrohungen oder größere Sachbeschädigungen.
Die erfassten Gewalttaten verteilen sich in Brandenburg unterschiedlich.
In den größeren Städten haben Potsdam und Cottbus mit zwölf bzw.
dreizehn Fällen die traurigen Spitzenwerte. Bei den Landkreisen sind das
Havelland mit zehn sowie Märkisch-Oderland, Spree-Neiße und
Teltow-Fläming mit jeweils acht Fällen hervorzuheben.
Der Brandanschlag auf das »Haus der Demokratie« in Zossen Ende Januar
2010 ist der vorläufige Höhepunkt eines verstärkten zielgerichteten
Vorgehens der rechten Szene gegen politische Gegner. Diese Entwicklung
musste der Verein im vergangenen Jahr auch an anderen Orten beobachten.
In Premnitz wurden 2009 bei sechs Angriffen Punks zum Teil schwer
verletzt. In der Kleinstadt im Havelland brandmarkt die örtliche
Neonaziszene offen Punks und Linksalternative als politische Feinde. Im
Internet sind Fotos und Namen mehrerer der im letzten Jahr Angegriffenen
veröffentlicht.
Seit 2008 deutet sich in Brandenburg dennoch erfreulicherweise ein
Rückgang der Zahl rechts motivierter Gewalttaten an. Zwischen 2003 und
2007 hat sich die Zahl der jährlich erfassten Gewalttaten zwischen 117
(2003) und 157 (2007) auf einem immens hohen Niveau bewegt. Ob der nun
seit zwei Jahren zu beobachtende Rückgang auf eine grundsätzliche
Entspannung der Situation schließen lässt, muss sich noch zeigen.
Die Opferperspektive will Opfern rechter Gewalt so schnell wie möglich
Hilfe zukommen lassen. Allerdings erfährt der Verein nicht von allen
Fällen zeitnah. Trotz zahlreicher Kooperationsangebote weigert sich das
Landeskriminalamt (LKA), seine Informationen direkt an die
Opferperspektive zu geben. In diesen Fällen ist die Beratungseinrichtung
deshalb auf die Antworten der Landesregierung auf Anfragen der Fraktion
der Linken angewiesen, in denen vom LKA gemeldete rechte Straftaten
aufgeführt sind. *Die Folge: Im vergangenen Jahr konnten die Opfer von
21 rechten Gewalttaten keine sinnvolle Hilfe mehr erhalten, weil die
Opferperspektive erst Wochen später durch den Landtag von den Taten
erfuhr.* Dieser von der Beratungsstelle schon in der Vergangenheit
beklagte Zustand ist nicht tragbar. Wer in Brandenburg Opfer einer
rechten Straftat wird, muss zeitnah ein professionelles Hilfsangebot
erhalten können.