Studierendenvertretung der Uni Potsdam löst Arbeitsgemeinschaft
Antifaschismus auf, sperrt Räume von Initiativen und entlässt Psychologen,
welcher Opfer rechtsextremer Gewalt betreut hatte
Der seit 23. September amtierende sechste Allgemeine Studierendenausschuss
(AStA) der Universität Potsdam hat mit Wirkung zum 01. Januar 2004 die
Beratungsstelle für Opfer rechtsextremer Gewalt an der Uni Potsdam
eingestellt. Die Beratungsstelle wurde von einem erfahrenen
Diplom-Psychologen ausgefüllt, welcher zu einem Bruchteil des üblichen
Gehaltes einer Fachkraft auf diesem Gebiet Opfer rechter Gewalt beraten
hatte. „Die Stelle befand sich noch im Aufbau und konnte erste Erfolge
verzeichnen“, so Tamás Blénessy, Sprecher der Arbeitgemeinschaft
Antifaschismus (ag_antifa). Die ag_antifa hatte die Stelle im letzten AStA
beantragt und bewilligt bekommen. Dem AStA entstand ein Aufwand von zirka
120 Euro im Monat, für die ein engagierter Psychologe, welcher schon beim
Verein „Opferperspektive e.V.“ tätig war, mehr als acht Stunden im Monat
Opfer rechter Gewalt beraten hatte.
Die Beratungsstelle und die Arbeitsgemeinschaft veranstalteten bereits
Informationsabende zum Verhalten nach rechtsextremen Übergriffen mit
Rechtsanwälten und anderen Vereinen. Zum kommenden Semester sollte es nach
Planungen der ag_antifa eine breite Kampagne zum Thema geben, welche die
Beratungsstelle bekannter machen sollte. Des Weiteren war die Kooperation
mit anderen universitären und hochschulexternen Vereinen bzw. Initiativen
geplant, um präventiv an Brennpunkten rechter Gewalt tätig zu werden.
Doch auch dies wurde erfolgreich vom sechsten AStA, welcher überwiegend von
der Grün-Alternativen-Liste und der Juso-Hochschulgruppe gestellt wird,
verhindert. Schon kurz nach der Amtsübergabe entzog der AStA der
Arbeitsgemeinschaft Antirassismus ihre Räumlichkeiten im Park Babelsberg.
Selbst eine Information der betroffenen Initiative über diese Entscheidung
wurde nicht als notwendig erachtet – es wurde einfach ein neues Schloss in
die Tür des Raumes eingebaut. Kurze Zeit später erklärte der
AStA-Vorsitzende Martin Bär, dass die Räume einer Fachschaft zur Verfügung
gestellt werden sollen. Die jahrelange Arbeit der AG Antirassismus wurde
schlichtweg ignoriert. Die AG nutzte seit 1998 den vorher leer stehenden
Raum; dem AStA entstanden keinerlei Kosten durch die Raumnutzung.
Damit nicht genug: Als die ag_antifa, welche sich immer noch als Teil der
Studierendenvertretung verstand, die Vorfälle um den Raum im Park Babelsberg
auf mehreren Sitzungen des AStA thematisierte, hieß es vom AStA nur lapidar:
„Es gibt keine AG Antifa im AStA“. Dies bedeutete die faktische Auflösung
der Arbeitsgemeinschaft, inzwischen ist diese als Arbeitsgemeinschaft an der
Universität neu gegründet worden.
Noch im letzten Jahr engagierte sich der AStA ständig gegen neonazistische
Umtriebe. Im Herbst/Winter des letzten Jahres waren die AG Antirassismus,
die ag_antifa und der AStA gemeinsam gegen die drei Neonazi-Aufmärsche in
Potsdam aktiv. In großen Bündnissen mit antifaschistischen
Jugendinitiativen, der Landeshauptstadt Potsdam und sogar mit dem
Ministerpräsidenten des Landes Brandenburg arbeiteten die
StudierendenvertreterInnen zusammen, um dem ewig gestrigen Mob Einhalt zu
gebieten. Damals herrschte im von der offenenlinkenliste [oll] dominierten
AStA noch die Auffassung, dass ein solches Engagement in Potsdam
selbstverständlich zu sein hat – der aktuelle AStA sieht dies offensichtlich
anders. Potsdam hat innerhalb Brandenburgs eine Spitzenstellung inne, was
die Zahl Opfer rechter Gewalt angeht. Diese Opfer, unter denen sich auch
Studierende befinden, werden nun bewusst im Stich gelassen.
Da sich der AStA wohl offenbar von niemandem überzeugen lässt, fordern wir
die StudierendenvertreterInnen hiermit öffentlich auf, die
Arbeitsmöglichkeiten der Gruppen umgehend wiederherzustellen und die
Kündigung die Opferberatungsstelle zurückzunehmen.
»> arbeitsgemeinschaft antifaschismus
»> an der universität potsdam
»> lindenstraße 47 > d‑14467 potsdam
»> telefon 017 83 2222 38