Potsdam — Am Nachmittag des 1. Mai kam es in der Potsdamer Innenstadt auf der gut besuchten
Brandenburger Straße zu einem rassistischen Übergriff, der seinesgleichen sucht.
Eine Gruppe von 30–50 jungen Männern griff den Dönerimbiss XXL2 an. Zunächst wurde
ein Werbeschild umgestoßen und die draußen sitzenden Gäste des Bistros tätlich
angegriffen und beschimpft. So wurden sie etwa gefragt, warum sie denn “bei Türken”
essen gehen würden. Als daraufhin ein Angestellter die Gruppe zur Rede stellen
wollte, griffen die einheitlich gekleideten Männer die Mitarbeiter_innen des Imbiss
an. Mehrere Zeugenaussagen bestätigen die Schilderungen der Inhaber_innen, wonach
bei diesem Angriff rassistische Parolen wie z.B. “Ausländer raus” und “Deutschland
den Deutschen” gerufen wurden. Erschreckenderweise stieß dies bei einigen
Passant_innen auf Zustimmung.
Im weiteren Verlauf des Übergriffs wurden mindestens 4 Angestellte zum Teil schwer
verletzt und mussten im Krankenhaus behandelt werden. Die Polizei traf nach
Eigenangaben 9 Minuten, nach Aussage der hilfesuchenden Person allerdings erst 20
Min nach dem ersten Anruf mit 2 Streifenwagen, 10 Minuten später erst mit
ausreichend Einsatzkräften ein. Bis zum Eintreffen der Polizei wurde der Angriff
fortgesetzt.
In den ersten Verlautbarungen der Lokalpresse wurden die Schilderungen der
Betroffenen dieses rassistischen Angriffs nicht ernst genommen. Nach wie vor hält
sich die Auffassung, die Inhaber_innen des Imbiss hätten den Angriff provoziert. So
ist die Rede von einer “Massenschlägerei”, die vor dem Imbiss stattgefunden habe.
Dieses, wie auch andere häufig verwendete Worte, suggerieren, beide “Seiten” hätten
die Eskalation in gleichem Maße zu verantworten.
Ein Journalist der Potsdamer Neuesten Nachrichten verstieg sich gar zu der
rhetorischen Frage: “Doch wie glaubwürdig ist die Version der seit 1992 in Potsdam
lebenden Kurden?”. Fragwürdig ist auch die Äußerung des Oberbürgermeisters Jann
Jakobs nicht einmal 24 Stunden nach dem Übergriff, er gehe nicht von einer
fremdenfeindlichen Motivation aus.
Bei der geschilderten Tat handelt es sich nicht um den einzigen rechten Übergriff
dieser Tage in Potsdam. Am gleichen Tag griff eine 60-köpfige Gruppe in Potsdam
Pirschheide eine Gruppe alternativer Jugendlicher mit Teleskopschlagstöcken, sowie
mit Quarz verstärkten Handschuhen und abgebrochenen Flaschenhälsen an. Nur dem
engagierten Eingreifen eines Anwohners ist es zu verdanken, dass sich der größte
Teil der Gruppe auf ein naheliegendes Grundstück retten konnte und es nicht zu
weiteren Verletzungen kam.
In der Nacht zum ersten Mai wiederum wurde ein Kongolese im Stadtteil Schlaatz vor
seiner Haustür angegriffen, rassistisch beleidigt und körperlich attackiert Auch
hier konnte durch das Eingreifen eines Anwohners Schlimmeres verhindert werden.
Am Abend des 3. Mai kam es aus Anlass dieser erschreckenden Übergriffe und der
verharmlosenden Berichterstattung der Lokalpresse bezüglich des Angriffs auf den
Dönerimbiss zu einer Demonstration von ca. 200 Antifaschist_innen in der Potsdamer
Innenstadt. Dabei wurde auch auf der Brandenburger Straße eine Zwischenkundgebung
abgehalten. Die Redebeiträge lösten Beifall bei Passant_innen und Betreiber_innen
der umliegenden Cafes und Restaurants aus.
Auf der Abschlusskundgebung auf dem Platz der Einheit bedankte sich einer der
Imbissbetreiber für die Unterstützung.
Zu dem öffentlichen Umgang mit diesen Vorfällen sagte die Pressesprecherin des
ak_antifa_potsdam: “Es ist ganz offensichtlich, dass Potsdams Politiker und die
Polizei, einen Imageschaden abwenden wollen. Das Bild des toleranten, weltoffenen
Potsdams soll unter keinen Umständen beschädigt werden. Erschreckenderweise steht
die Presse dieser Strategie der Verharmlosung auch noch völlig unkritisch
gegenüber.”