Auf Grund der entsetzlichen Ereignisse haben wir versucht, unsere Erkenntnisse über rechtsextreme Aktivitäten in dieser Region zusammenzufassen.
Die zu beschreibende Region reicht von Gerswalde im Westen über Flieth und Suckow, dann in Richtung Norden über den Ober- Uckersee und Potzlowsee mit Warnitz, natürlich den Orten Potzlow, Strehlow und Pinnow bis nach Sternhagen, Lindenhagen.
Die gesamte Region ist uns aus den konkreten Recherchen der Jahre 2000 und 2001 ziemlich gut bekannt. Aus der jüngeren Vergangenheit haben wir vor allem die rechtsextremen Straftaten registriert.
Aus unserer Sicht gibt es in der Region schon lange eine sehr aktive und jugendkulturell recht dominante rechtsextreme Szene. Sie fiel auch vor diesem Mord durch sehr militante und gewalttätige Aktionen auf. Genannt seien in diesem Zusammenhang der Mord an einem 45- jährigen Mann 1997 in Potzlow, die Angriffe auf die Räume der jungen Gemeinde in Sternhagen und Lindenhagen 1997/98, den Angriff auf linke Jugendliche im Sommer 2001 in Suckow und die Angriffe auf polnische Jugendliche und Polizisten in Warnitz im Sommer und Herbst 2001. Die möglichen Angriffsziele, dass zeigen schon die Beispiele waren sehr variabel: Andersdenkende Jugendliche, Ausländer, Polizisten oder auch Fremde. In Pinnow waren zum Beispiel lange Zeit zugezogene Berliner das Ziel von Angriffen (Schmierereien, Drohungen, Überfälle 1999). Wenn eine Zeitlang weniger passierte, so waren sich unsere Interviewpartner sicher, so lag das meist daran, das einige besonders gewalttätige Aktivisten gerade wieder im Knast saßen. Ganz deutlich ist aber immer wieder geworden , dass sie dann „aktiv“ worden, wenn ihre jugendkulturelle Hegemonie in Gefahr war.
Auch die möglichen Treffpunkte der Szene sind meist bekannt: Jugendräume in den Dörfern wie in Suckow und Pinnow, alte Anlagen der LPGen, Kneipen und in der warmen Jahreszeit die zahlreichen Seen der Region. Immer wieder stand selbst in der Zeitung davon, das die Polizei mal ein Lagerfeuer am Potzlowsee oder am ein Zeltlager am Sabinensee oder am Uckersee aufgelöst hat wie 2000 und 2001. Auch in den Diskotheken der Region wie in Milmersdorf, Prenzlau oder Kaakstedt sind sie regelmäßig zu treffen. Eine besondere Position nimmt das Jugendzentrum in Strehlow ein. Dort wird sich schon länger an akzeptierender Jugendarbeit versucht. Jugendliche Rechtsextremisten der gesamten Region treffen sich dort, eine rechter Aktivist wurde auch schon mal als Sozialarbeiter eingestellt.
Rechtsextrem orientierte Jugendliche der Region haben immer wieder ihre Gesinnung öffentlich gezeigt. Zu erinnern wäre zum Beispiel an das judenfeindliche Plakat, das Schüler der Schule Gerswalde bei der Klassenfahrt aus dem Bus zeigten (2001), oder das erst vor einem Jahr der Bürgermeister von Potzlow persönlich bekannt gab, er habe 6 Jugendliche dabei ertappt, als sie ein großes Hakenkreuz an die Bushaltestelle malten. Auch in den Wahlkämpfen war die regionale Szene aktiv und klebte Plakate und Aufkleber der NPD. Dorffeste der Region sind eigentlich „No go areas“ für alle, die nicht in das beschriebene Bild passen. In Pinnow wird dann später auch schon mal indizierte rechtsextreme Musik eingelegt, das Dorffest in Potzlow war nicht erst in diesem Jahr, als der Junge aus Gerswalde Opfer wurde, eine Anziehungspunkt für die Szene aus der ganzen Region.
Verbindungen gibt es vor allem nach Prenzlau. So ist es kein Zufall, dass der Haupttäter kurz nach dem Mord Beteiligter bei dem Angriff auf einen Asylbewerber in der Stadt war. Aber auch nach Gollmitz und in Richtung Milmersdorf und Templin gibt es Beziehungen, vor allem informeller Art.
Öffentliche Formen der Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus in der Region sind uns nicht bekannt.
Pfeffer und Salz Rechercheteam