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Rechtsextreme bauen Strukturen aus

Der Wahler­folg der recht­sex­tremen Nation­aldemokrakischen Partei
Deutsch­lands (NPD) in Sach­sen und der Deutschen Volk­sunion (DVU) in
Bran­den­burg sorgt für Verun­sicherung. Bun­destagspräsi­dent Wolfgang
Thierse (SPD) warnt davor, darin nur eine Protest­wahl zu sehen. Eine
aktuelle Analyse des Ver­fas­sungss­chutzes in Bran­den­burg stützt diese
Auf­fas­sung. Säch­sis­che Ver­fas­sungss­chützer gehen von einem ver stärkten
Aus­bau der NPD-Struk­turen im Freis­taat in den kom­menden Wochen und
Monat­en aus. 

Unab­hängig von aktuellpoli­tis­chen Debat­ten wie der umstrittenen
Arbeits­mark­tre­form kön­nen recht­sex-trem­istis­che Parteien in Brandenburg
seit Jahren stets mit min­destens 20 000 Wäh­lern rech­nen. Zu dieser
Ein­schätzung kommt eine Analyse märkisch­er Ver­fas­sungss­chützer, die
recht­sex­tremes Wahlver­hal­ten in den ver­gan­genen Jahren unter­sucht haben.
Das Ergeb­nis der Land­tagswahl am vorigen Son­ntag unter­stre­iche, dass der
Recht­sex­trem­is­mus in Bran­den­burg eine feste poli­tis­che Größe sei, so
ihre Ein­schätzung. “Die Wahlbeteili­gung und wie gut es gelingt, kurz vor
dem Urnen­gang auf sich aufmerk­sam zu machen, das entschei­det dann, wie
weit ober­halb dieses sta­bilen Wäh­ler­poten­zials die Rechtsextremisten
abschnei­den” , sagt Hel­mut Müller-Enbergs, der zusam­men mit Jonas
Grutz­palk die Analyse geschrieben hat. 

Rund 75 000 Stim­men erzielte die Deutsche Volk­sunion (DVU) bei der
Land­tagswahl in Bran­den­burg, das sind 6,1 Prozent der abgegebenen
Stim­men. Dass eine Bran­den­burg­er NPD-Absplit­terung unter dem Namen “Ja
zu Bran­den­burg” eben­falls antrat, tat dem DVU-Erfolg keinen Abbruch.
Doch über­raschend kam der Stim­men­zuwachs der DVU, die seit 1999 im
Pots­damer Land­tag sitzt, für die Ver­fas­sungss­chützer nicht. Seit Jahren
beobacht­en sie ein leicht­es Ansteigen des rechtsextremen
Wäh­ler­poten­zials. Schon bei der Bun­destagswahl 1998 kamen die
Repub­likan­er (REP), die NPD und die DVU, die mit getren­nten Listen
antrat­en, zusam­men auf rund 79 000 Stimmen. 

Län­derüber­greifende Jugendszene 

Eine feste regionale Ver­wurzelung recht­sex­trem­istis­ch­er Parteien wie in
der säch­sis­chen Schweiz, ein­er NPD-Hochburg, sehen die
Ver­fas­sungss­chützer in Bran­den­burg jedoch nicht. Seit Ende der
90er-Jahre sei die DVU aber in den Kreisen Elbe-Elster, Ober­spree wald-
Lausitz und Spree-Neiße stark. Auch am ver­gan­genen Son­ntag erzielt die
DVU dort mit durch­schnit­tlich acht bis zehn Prozent je Wahlkreis die
besten Ergeb­nisse. Jen­seits der Lan­des­gren­ze set­zt sich der braune Trend
fort. Das säch­sis­che Gren­zge­bi­et zu Polen und Tschechien gehörte am
Son­ntag zu den NPD-Hochbur­gen im Freistaat. 

Die Wäh­ler­schaft von NPD und DVU sei nicht in jedem Fall deckungsgleich,
so die Analyse des Bran­den­burg­er Ver­fas­sungss­chutzes. Bei­de wer­ben vor
allem um jugendlichen Nach­wuchs, doch die Struk­tur und Organ­i­sa­tion der
NPD sei geschmei­di­ger und flex­i­bler auf den Umgang mit
recht­sex­trem­istis­chen Jugendlichen eingestellt, eine mögliche Erklärung
für das deut­lich bessere Ergeb­nis der NPD gegenüber der DVU. Insgesamt
erhielt die NPD in Sach­sen 9,2 Prozent der Stimmen. 

Nach Ansicht der märkischen Ver­fas­sungss­chützer hat die DVU bei der
Land­tagswahl ziel­gerichtet ver­sucht, den Unmut gegen die Sozial- und
Arbeits­mark­tre­form in Stim­men für die eigene Partei umzumünzen. In
Sen­ften­berg rief sie zur Teil­nahme an Mon­tags­demons tra­tio­nen auf. Auf
ihrer Inter­net­seite gab sie bun­desweit entsprechende Ter­mine bekannt.
Ins­ge­samt, so die Analyse von Hel­mut Müller-Enbergs und Jonas Grutzpalk,
zielte die Wahlstrate­gie der DVU und die Instru­men­tal­isierung der Themen
Zuwan­derung und Reform­poli­tik auf eine Dele­git­imierung des gesamten
poli­tis­chen Sys­tems. Alle Volksvertreter seien unter­schied­s­los für
Missstände ver­ant­wortlich gemacht wor­den. Diese Tak­tik der DVU sei
aufgegangen. 

Dass ger­ade der Südrand Bran­den­burgs zu ein­er Hochburg für Rechtsextreme
bei Wahlen wer­den kön­nte, deutete sich in den ver­gan­genen Jahren an. In
vie­len Bran­den­burg­er Orten nahe der säch­sis­chen Gren­ze gibt es eine
län­derüber­greifende recht­sex­treme Jugend­szene. Vor sechs Jahren fand in
Hirschfeld im Elbe-Elster-Kreis, wo die DVU jet­zt 25 Prozent der Stimmen
bekam, ein recht­es Skin­head­konz­ert statt. Auch Grünewald im
Ober­spree­wald-Lausitz-Kreis, eine weit­ere DVU-Wahlhochburg, wird im
Ver­fas­sungss­chutzbericht 2003 als Ver­anstal­tung­sort eines solchen
Konz­ertes genan­nt. Mit Merz­dorf und Plessa im Elbe-Elster-Kreis sowie
Lauch­ham­mer liegen weit­ere Orte, an denen im vorigen Jahr rechte
Skinkonz­erte stat­tfan­den oder aufgelöst wur­den, in dieser Region. In
Hohen­boc­ka, wenige Kilo­me­ter nördlich von Grünewald, reg­istri­erte der
bran­den­burg­er Ver­fas­sungss­chutz im vorigen Jahr das größte
Recht­sradikalen-Konz­ert im Lan d, zu dem Besuch­er aus der ganzen
Bun­desre­pub­lik anreisten. 

Wahlab­sprachen zwis­chen Rechten 

Im äußer­sten Süden Bran­den­burgs taucht­en laut Verfassungsschutzbericht
im vorigen Jahr immer wieder Per­so­n­en aus dem Umfeld der verbotenen
Gruppe “Skin­heads Säch­sis­che Schweiz” auf. Auch das spricht für eine
Ver­net­zung der recht­sex­tremen Jugend­szene an der
säch­sisch-bran­den­bur­gis­chen Landesgrenze. 

Die NPD prof­i­tierte nach Mei­n­ung des säch­sis­chen Ver­fas­sungss­chutzes bei
der Land­tagswahl von ihrer bere­its vorhan­de­nen Ver­ankerung in
Kom­mu­nalvertre­tun­gen. Der Wahler­folg bei den Kom­mu­nal- und Europawahlen
im Juni habe außer­dem einen Moti­va­tion­ss­chub in den Rei­hen der
NPD-Stammwäh­ler­schaft aus­gelöst. Der säch­sis­che Ver­fas­sungss­chutz geht
deshalb von ein­er kon­tinuier­lichen Stim­ma­b­gabe, zumin­d­est bei einem Teil
der NPD-Wäh­ler­schaft aus. 

Wie gefährlich die kom­mu­nalpoli­tis­che Ver­ankerung der Rechtsextremisten
ist, die sich um Bürg­ernähe bemühen, zeigen die Wahlergeb­nisse. Dort, wo
Funk­tionäre aktiv sind, die aus der Mitte der Gesellschaft stammen,
holte die NPD die meis­ten Stim­men. Das bestätigt der Verfassungsschutz.
Der beobachtet inzwis­chen eine Verän­derung der NPD in Sach­sen. Bereits
während der Vor­bere­itung auf die Kom­mu­nal­wahl im Juni sei es der Partei
gelun­gen, mit Hil­fe von NPD-Aktivis­ten aus anderen Bundesländern
brach­liegende Kreisver­bände zu mobil­isieren. Diese Ten­denz habe sich im
Land­tagswahlkampf ver stärkt und werde ver­mut­lich fortgesetzt. 

Dabei kann sich die NPD auf die ihr nach dem Wahler­folg zustehende
staatliche Finanzhil­fe freuen. Der säch­sis­che Ver­fas­sungss­chutz geht
davon aus, dass die NPD alles daran set­zen wird, ihren Wahler­folg in
anderen Bun­deslän­dern, zum Beispiel bei der kom­menden Land­tagswahl in
Nor­drhein-West­falen zu wieder­holen. Fach­leute rech­nen damit, dass es
auch in Zukun­ft Absprachen wie zwis­chen NPD und DVU in Sach­sen und
Bran­den­burg geben wird, um sich nicht gegen­seit­ig Wäh­ler­stim­men aus dem
recht­en Lager abzu­ja­gen. In Bran­den­burg trat nur die DVU an, in Sachsen
nur die NPD. Bei­de waren mit dieser Strate­gie erfolgreich.

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