POTSDAM Die verbotenen Runen sind verschwunden, die Marke ist geblieben: Jugendliche mit “Thor Steinar”-Shirts oder dem Aufnäher “Division Thor Steinar” auf der Armee-Tarnkleidung füllten gestern die Gänge des Potsdamer Landgerichts. Da auch Vertreter linker Gruppen den Prozess vor der Jugendstrafkammer verfolgen wollten, musste die Polizei mit einem Großaufgebot befürchtete Ausschreitungen verhindern. Nach dem Prozess begleiteten die Beamten die rivalisierenden Gruppen sogar noch bis zum Hauptbahnhof.
Angeklagt waren die 22 Jahre alten Sebastian D. und Jeaninne P. Ihnen wird vorgeworfen, am 14. Juli 2001 an einem Brandanschlag in Königs Wusterhausen beteiligt gewesen zu sein. In jener Nacht flogen Molotow-Cocktails auf eine Bühne, auf der am Folgetag ein antirassistisches Openair-Festival stattfand. Nur 14 Tage später, in der Nacht zum 30. Juli 2001 sollen sich die Angeklagten an einem Brandanschlag auf ein Lager von Sinti und Roma bei Wildau beteiligt haben. In beiden Fällen war es nur dem beherzten, schnellen Eingreifen der potentiellen Opfer zu verdanken, dass kein größerer Schaden entstand.
Im ersten Anklagepunkt sind beide zumindest teilweise geständig. Allerdings betont Sebastian D., dass er nicht gewusst habe, dass auf der Bühne Menschen schliefen, und Jeaninne P. will nur den Tatwagen gefahren haben. Bei einer polizeilichen Vernehmung hatte sie noch eine Beteiligung an dem Anschlag in Wildau zugegeben. Vor Gericht verweigerten beide dazu die Aussage.
Ein Tankstellenbesitzer erinnerte sich als Zeuge an eine junge Frau, die der Angeklagten ähnlich sah. Sie habe bei ihm einen Benzinkanister und Bierflaschen gekauft, solche, wie sie später zu Molotow-Cocktails umfunktioniert wurden.
Ihre rechtsextreme Gesinnung erklären die Angeklagten heute als Jugendsünden. Inzwischen hätten beide Familie und kümmerten sich nicht mehr um Politik. Ihre Freunde scheinen das anders zu sehen: Auf einer Internetseite wurde extra zum Besuch des Potsdamer Prozesses aufgerufen. Dem “angeklagten Kameraden” müsse gezeigt werden, wie viele hinter ihm stünden.
Am Ende des dritten Verhandlungstages erging an beide der richterliche Hinweis, dass sie auch wegen gemeinschaftlichen versuchten Mordes, versuchten Totschlags und Brandstiftung verurteilt werden könnten. Der Prozess wird fortgesetzt.