(LR, 9.7.) Bildungsminister Steffen Reiche (SPD) hat für das neue Schuljahr eine Kampagne “Schulhöfe machen gegen Rechtsextremisten mobil” angekündigt. Hintergrund ist ein von Rechtsextremisten geplantes “Projekt Schulhof”. Nach
Angaben von Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) soll in Brandenburg und anderen Bundesländern eine Musik-CD mit dem Titel “Anpassung ist Feigheit — Lieder aus dem Untergrund” kostenlos verteilt werden.
Die Musik-CD ist bereits in einer Auflage von 50 000 Exemplaren produziert worden, offenbar im Ausland. “Es geht darum, Jugendliche mit der Einstiegsdroge Musik dauerhaft für die rechtsextremistische Szene zu ködern”, erklärte Schönbohm, der gestern schriftlich Bildungsminister
Steffen Reiche (SPD) informierte. Reiche erklärte, er werde Brandenburgs Schulleiter auf einem Treffen Anfang August über die von rechtsextremen geplante Aktion informieren. In der ersten Schulwoche, die ganz im Zeichen
von Olympia 2004 stehen sollte, werde man die Schüler zum Widerstand gegen
die rechtsextremistische Musik-Offensive aufrufen.
Auf der CD sind in der rechtsextremistischen Szene populäre Skinhead-Bands vertreten, darunter auch die Gruppe “Frontalkraft” aus Cottbus/Spremberg. Auf der als Multimedia-CD angelegten Scheibe wird offen
rechtsextremistisches Gedankengut verbreitet. Es heißt unter anderem: “Wir stehen gegen den unerträglichen hohen Zuzug von Fremden in unser Land. Wir stehen gegen Multikulti, das nicht funktionieren kann und nur weitere
Gefahren und Probleme in sich birgt. Wir stehen gegen die antideutsche Geschichtsschreibung, die an allen Schulen gelehrt wird und nur Deutsche als Täter sieht.”
Unter der Überschrift “Kontakt zu Gruppen in Deiner Region” finden sich Dateien mit einschlägigen Adressen und Internetzugängen in verschiedenen Bundesländern sowie Österreich und der Schweiz. Bildungsminister Reiche
betonte, man werde die Lehrer mit Handreichungen vorbereiten.
Hintergrund Strafrechtliche Relevanz
Zur strafrechtlichen Relevanz der Inhalte der CDs erklärte Innenminister Jörg Schönbohm, dass hier gezielt nur Titel für die CD ausgewählt worden seien, die hart an der Grenze zur Strafbarkeit liegen würden. “Damit sollen die dahinter stehenden verfassungsfeindlichen Bestrebungen verdeckt werden.” Der Sprecher des Innenministeriums Heiko Homburg versicherte, dass der brandenburgische Verfassungsschutz weiter ein Auge drauf haben werde. Wenn auch die CD strafrechtlich wohl nur schwer zu ahnden sei, so stelle das
Betreten von Schulhöfen durch Unbefugte aus Sicht der Schule ja durchaus Hausfriedensbruch dar.
Tonträger als Köder
Neonazis wollen CDs an Schulen verteilen
(MAZ, 9.7., Sandra Schipp) SCHIPP POTSDAM Das Innenministerium warnt vor neuen rechtsextremen Propaganda-Aktionen an
Brandenburger Schulen. Jugendliche sollten durch ein “Projekt Schulhof” über
Musik an rechtsextremistisches Gedankengut herangeführt werden, sagte
Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) gestern in Potsdam. Nach Erkenntnissen
des Verfassungsschutzes wollten die Rechtsextremen kostenlos CDs mit dem
Titel “Anpassung ist Feigheit — Lieder aus dem Untergrund” anbieten. Die CDs
sollten auf Schulhöfen und vor Schulen, aber auch an Bushaltestellen und
Jugendtreffpunkten verteilt werden.
Jugendliche sollten mit der “Einstiegsdroge Musik” für die
rechtsextremistische Szene geködert werden, warnte Schönbohm. Über diese
Musik würden menschenverachtende Anschauungen transportiert.
Hart an der Grenze zur Strafbarkeit
Vermutlich seien gezielt nur Titel für die CD ausgewählt worden, die hart an
der Grenze zur Strafbarkeit liegen, um die dahinter stehenden
verfassungsfeindlichen Bestrebungen zu verdecken. Inzwischen sei auch
Bildungsminister Steffen Reiche (SPD) über die geplante Propagandaaktion
informiert worden.
Ein Sprecher des Bildungsministeriums sagte, zu Beginn des neuen Schuljahres
sollten an den Schulen Flyer verteilt werden, die über die CD aufklären.
Dazu erarbeite das Mobile Beratungsteam Brandenburg derzeit ein Flugblatt.
Alle Schulen würden in den nächsten Wochen mit dem Material versorgt.
Zudem werde Reiche in der Vorbereitungswoche Anfang August auf einer
Schulleitertagung über die geplanten Propagandaaktionen berichten.
Propagandaaktion mit 50 000 Tonträgern
Auch Schüler- und Elternvertreter sollten darüber aufgeklärt werden, und die
Lehrer würden im Unterricht über die CDs informieren. Ziel sei es, solche
rechtsextremistischen Aktionen sofort unterbinden zu können.
Die CD vereint Interpreten und Musikstücke, die in der Szene populär sind.
Darunter ist auch die aus Brandenburg kommende Gruppe “Frontalkraft”.
Daneben enthält die als Multimedia-CD angelegte Scheibe rechtsextremes
Propagandamaterial sowie einschlägige Adressen und Internetzugänge
rechtsextremer Gruppierungen in verschiedenen Bundesländern, Österreich und
der Schweiz. Nach bisherigen Erkenntnissen wurden 50 000 Exemplare
hergestellt.
Hinter der Produktion verbergen sich in- und ausländische Produzenten sowie
Vertreiber rechtsextremistischer Tonträger. Die CDs sollen nach derzeitigen
Erkenntnissen von Angehörigen der rechtsextremen Skinhead- und Neonazi-Szene
verteilt werden.