(MAZ, 09.07.) HERZBERG Im Streit um Rassismus-Vorwürfe und den kritischen “Denkzettel”-Preis will der Landkreis Elbe-Elster nicht weiter gegen den Flüchtlingsrat Brandenburg gerichtlich vorgehen. “Wir werden die Sache nicht weiter verfolgen”, teilte Ordnungsdezernent Erhard Haase gestern in Herzberg mit.
Der Flüchtlingsrat hatte bei der Vergabe des “Denkzettels” im März Haase und einen Mitarbeiter der Ausländerbehörde wegen der überraschenden Abschiebung einer kurdischen Familie scharf kritisiert und ihnen Unmenschlichkeit
vorgeworfen. Der “Denkzettel” wird jedes Jahr vom Flüchtlingsrat als kritische Auszeichnung an Behörden und Politiker verliehen.
Der Kreis hatte bereits Anfang Juni vor dem Potsdamer Amtsgericht eine Niederlage im Rechtsstreit um den “Denkzettel” erlitten. Der Vorwurf des Flüchtlingsrates Brandenburg, die plötzliche Abschiebung der kurdischen
Familie Filiz im Januar trotz Suizidgefahr sei ein “Akt der
Unmenschlichkeit”, ist damit laut Amtsgericht Potsdam durch Grundgesetz und Meinungsfreiheit geschützt. Eine einstweilige Verfügung gegen den Flüchtlingsrat mit Androhung von 250 000 Euro Ordnungsgeld hatte das Gericht
aufgehoben.
Die Initiative darf damit die Behördenmitarbeiter weiterhin für “systeminternen und strukturellen Rassismus” öffentlich kritisieren. Die beiden Kreis-Mitarbeiter seien in einem Bereich tätig, der die Öffentlichkeit interessiere, hieß es zur Begründung des Gerichts. Sie müssten deshalb auch akzeptieren, dass ihre Arbeit von der Öffentlichkeit
kritisiert und missbilligt werde.
Entgegen Absprachen mit der Rechtsanwältin der fünfköpfigen Familie und der evangelischen Kirche hatte der Landkreis die Kurden am 20. Januar mit einer für rund 55 000 Euro gecharterten Maschine überraschend über Bremen in die
Türkei abschieben lassen. Die Familie Filiz lebte seit 1997 in Hohenleipisch, alle drei Kinder sind in Deutschland geboren.
2003 hatte die Familie bereits acht Wochen im Kirchenasyl in Tröbitz Abschiebeschutz erhalten. Der Fall hatte bereits damals großes Aufsehen erregt, weil die Polizei entgegen Vereinbarungen zwischen Kirche und Land das Kirchenasyl gebrochen hatte.