Interview
Rechtspopulisten in Europa auf dem Vormarsch: Nichts zu tun für deutsche Antifa-Bewegung?
jW sprach mit Graeme Atkinson, Mitherausgeber des internationalen antifaschistischen Magazins Search LightF: Anders als in vielen west€päischen Ländern haben braune Stimmenfänger in Deutschland zur Zeit keine Konjunktur. Welche Ursachen sehen Sie dafür? Die rechtsradikalen Parteien haben überhaupt kein Programm, das die Menschen befriedigen könnte, sie sind vollkommen inkompetent. Der eigentliche Kandidat der Rechten war deshalb Stoiber, auch wenn er selbst nicht so aufgetreten ist. F: Woher der Unterschied zwischen Deutschland und dem Rest der EU? In den anderen Ländern haben die Rechtsparteien kein Auschwitz, das ihnen auf den Schultern lastet. Diese Situation wird so lange bleiben, so lange die Erinnerung an Auschwitz lebendig bleibt. Das ist der entscheidende Faktor, der darüber bestimmt, inwieweit sich die Deutschen rechtsextremen Parteien anschließen werden. Die Menschen in Deutschland wissen sehr wohl, daß Parteien wie die DVU, die Reps oder die NPD ihre Wurzeln im historischen Nationalsozialismus haben. Ich glaube auch nicht, daß rechtspopulistische Parteien in Deutschland Fuß fassen können. Auch wenn Rechtspopulisten wie Schills PRO keine Neofaschisten sind und bei manchen Themen eine liberalere Haltung einnehmen, werden sie von der deutschen Öffentlichkeit doch als neofaschistisch identifiziert. Doch die Rechtspopulisten sind schwer zu bekämpfen, denn ihre Programme bestehen zum großen Teil aus zusammengestückelten Forderungen, die gerade in Mode sind. Insofern sind sie ein Ziel, das sich ständig bewegt. Politische Macht werden sie in Deutschland in absehbarer Zeit jedoch ebensowenig bekommen wie die Neofaschisten. F: Wird die antifaschistische Bewegung also arbeitslos? Nein. Die große Gefahr dieser Gruppierungen besteht in ihrer politischen Wirkung auf die etablierten Parteien: Sie verschieben die politische Achse nach rechts. Das macht sie so ungemein gefährlich. Die deutsche Antifa-Bewegung hat viel zu tun, um die neofaschistische Parteien und Gruppierungen zu bekämpfen. Die Neonazis haben zwar in Deutschland keine Chance auf parlamentarische Macht, doch sie schaffen ein großes Gewaltpotential. Für diese Organisationen darf kein Platz sein in einer demokratischen Gesellschaft, sie müssen verboten werden. Kampf gegen den Faschismus bedeutet aber auch Kampf für eine Welt des Friedens und der Gerechtigkeit. Es ist zu wenig, sich auf den Kampf gegen Neonazis zu beschränken. Antifaschistische Arbeit bedeutet auch die Verteidigung demokratischer und sozialer Rechte, bedeutet konsequente politische Arbeit an der Basis, in den Gemeinden, an den Arbeitsplätzen, und an den Orten der populären Kultur, um das Terrain zurückzuerobern, daß an die Neofaschisten und Rechtspopulisten verlorengegangen ist.
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