Strausberg — Polizei durchsucht private Räume mit unzulänglichem Vorwand, betritt und filmt Räume des Vereins ohne wirksamen Durchsuchungsbeschluss
Am Vormittag des 10. März 2015 durchsuchten etwa 30 Beamte der Polizei das private Zimmer eines Vereinsmitglieds in den Räumlichkeiten des Alternativen Jugendprojekts 1260 e.V.
Etwa 15 Beamte, sowohl uniformiert als auch in zivil, begannen nach Öffnung der Haustür sofort in alle Räume auszuschwärmen und die Räumlichkeiten zu filmen. Beim Betreten der Wohngemeinschaft wurde keine Rücksicht auf die Räume der anderen Bewohner_innen genommen. Die Polizist_innen konnten erst durch energisches Drängen davon abgehalten werden, nicht andere Privaträume zu betreten und filmten währenddessen Küche, Bad und WC.
Zur Begründung durch die Polizei ist dem richterlichen Durchsuchungsbeschluss aus dem August des letzten Jahres zu entnehmen, dass nach Beweismitteln für die Begehung eines Landfriedensbruchs nach § 125 StGB gesucht werde. Es sollte sogenanntes „Bildmaterial“, welches am „Tattag“ vom Beschuldigten angefertigt worden sei, sowie nicht näher definierte „Tatkleidung“ aufgefunden werden. Dem Beschluss ist zusätzlich zu entnehmen, dass der Tatverdächtige am 24.November 2013 „Mitdemonstrierende“ zum „gewaltsamen Durchbrechen“ einer Polizeikette aufgefordert haben soll.
Wie genau das sogenannte „Bildmaterial“, welches nicht näher beschrieben ist, mit dem Tatvorwurf in Verbindung steht, bleibt unbegründet. Nach diesem Beschluss bleibt zu vermuten, dass sich die beschuldigte Person selber beim Begehen der vorgeworfenen Straftat gefilmt oder fotografiert haben soll.
Ebenso wenig wird genauer beschrieben, worum es sich bei der „Tatkleidung“ genau handeln soll, nach der nach 16 Monaten trotz unzulänglicher Beschreibung, gesucht wurde. Der schon aufgrund der nicht näher beschriebenen Beweismittel wohl kaum haltbare Durchsuchungsbeschluss, hatte zwischenzeitlich auch seine Wirksamkeit verloren. Laut einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) aus dem Jahre 1997 ist eine richterliche Durchsuchungsanordnung keine Beantragung auf Vorrat. Nach dem Ablauf von sechs Monaten entfaltet eine Durchsuchungsanordnung keine Wirkung mehr. Eine über sechs Monate nach Ergehen der Anordnung erfolgende Durchsuchung ist unzulässig. Den Polizeibeamten, für die die Vollziehung von Durchsuchungsbeschlüssen zum täglich Geschäft gehört, hätte dieser Umstand bei einem Blick auf das Datum (12.08.2014) sofort bewusst werden müssen.
Die ungenügende Beschreibung der „Tatkleidung“ und des „Bildmaterials“ sowie die Vollziehung eines nicht mehr wirksamen Durchsuchungsbeschlusses unter Mißachtung der Vorgaben des BVerfG lassen Zweifel an einer sauberen polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlung wachsen. Vielmehr ergibt sich daraus nun die Vermutung, dass es andere Beweggründe für diese Durchsuchung gegeben haben könnte.
Wir als AJP1260 e.V. verurteilen das undemokratische Vorgehen der Polizei und das unsaubere Arbeiten von Staatsanwaltschaft und Gericht scharf. Der Verein wird rechtliche Schritte gegenüber den Ermittlungsbehörden prüfen, da während der Durchsuchung Räume des Vereins AJP 1260 e.V. betreten und durchsucht worden sind, obwohl diese vom ohnehin unwirksamen richterlichen Beschluss nicht umfasst waren, und zudem begründete Bedenken bestehen, ob das Gericht seiner Pflicht, den Antrag auf Durchsuchung gewissenhaft zu prüfen, nachgekommen ist.
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